Der Sudan war bis zum heutigen Tag der größte Staat im afrikanischen Kontinent. Wie die meisten anderen Staaten in Afrika entstanden die Grenzen des Landes nicht nach kulturellen oder ethnischen Prinzipien, sondern nach den geopolitischen Interessen der europäischen Kolonialmächte. Das hat sich nun geändert- der Süden hat heute seine Unabhängigkeit erklärt.
Im Januar 2011 stimmten 99% der Einwohner im Südsudan für die Unabhängigkeit vom Norden. Seit 1955 hatten Milizen des Südens für Autonomie gekämpft, ab 1983 unter Anführung der Sudan People’s Liberation Army (SPLA). Millionen sind durch die Folgen des Krieges umgekommen oder vertrieben worden. Der Friedensvertrag von Naivasha 2005 sah ein Referendum vor, indem die Einwohner über die Unabhängigkeit des Südens entscheiden sollten. Außerdem wurde die Autonomie der Region festgelegt und eine Entmilitarisierung beschlossen.
Doch vieles, was im Vertrag beschlossen wurde, wurde nicht gründlich genug umgesetzt. In der Region Abyei sollte ebenfalls ein Referendum durchgeführt werden, um über die Zugehörigkeit zum Norden oder Süden zu entscheiden, doch es fand keines statt. Auch die Entmilitarisierung wurde nicht gründlich genug umgesetzt, so dass es immer wieder zu Kämpfen zwischen der nordsudanesischen Armee (SPAF) und verschiedenen Rebellengruppen kam.
Am 19.Mai brachen durch eine Provokation der südsudanesischen Armee (SPLA) neue Kämpfe aus, diesmal in Abyei. Schon 2008 hatte es dort wieder Gefechte gegeben. Am 5.Juni brachen auch in Südkordofan neue Kämpfe zwischen der SPAF und der SPLA aus, da in dieser Provinz, die keine Unabhängigkeit vom Norden anstrebt, SPLA-Kämpfer vermutet wurden. Hunderte Zivilisten sind bei den Luftangriffen und Artilleriefeuer ums Leben gekommen. Laut Amnesty international steuert Südkordofan auf eine humanitäre Katastrophe zu. Die Zahl der Flüchtlinge wird mittlerweile auf über 100.000 geschätzt.
In keinem anderen afrikanischem Land haben sich die Folgen der willkürlichen Grenzziehung so deutlich bemerkbar gemacht wie im Sudan. Noch bevor das Land im Jahre 1956 die Unabhängigkeit entlassen wurde, brach der erste Bürgerkrieg zwischen dem Süden und dem Norden aus.
Die historischen Hintergründe
Der Sudan hat eine sehr lange Vergangenheit: Schon vor fast 4000 Jahren gab es Königreiche in dem Norden des heutigen Sudans (das man damals noch Nubien nannte), die rege Kontakte mit den Ägyptern hatten. Das Königreich Kerma gilt als der erste schwarzafrikanische Staat, den es je gab, lange vor dem ersten weißen, europäischen Staat. Das Reich Kusch bestand bis zum dritten Jahrhundert. Teilweise herrschten nubische Könige auch über Ägypten. Die Beziehungen zwischen dem Sudan und Ägypten sind vielleicht die ältesten zwischenstaatlichen Beziehungen in der Geschichte.
Später wurde der Norden und der Osten des heutigen Sudans vom koptischen Ägypten aus christianisiert, es entstanden die christlichen Königreiche Alwa, Nobata und Makuria. Sie standen auch im Kontakt mit dem christlichen und teilweise jüdischen Staaten im heutigen Äthiopien. Nachdem Ägypten im 7.Jahrhundert von den Arabern erobert wurde, versuchten diese auch Nubien einzunehmen, doch die christlichen Reiche konnten sich erfolgreich verteidigen. Erst im 14.Jahrhundert begann schließlich, erneut von Ägypten aus, die Islamisierung des nördlichen Sudans. Die Sultanate von Sanaar und Darfur im Osten trugen zu einer weiteren Islamisierung des Nordens bei, nur kleine Gebiete blieben christlich. Neben dem Islam kam auch die arabische Kultur in den Sudan. Viele der schwarzafrikanischen Ureinwohner wurden „arabisiert“, sie übernahmen die arabische Sprache. Aber es gab auch viele, die ihre eigene Kultur behielten, obwohl sie zum Islam konvertierten, wie z.B. in Darfur.
Sklaverei und Sklavenhandel ist im Sudan seit Jahrhunderten verbreitet. Schon zu Zeiten der Ägypter gab es sie, die Muslime setzten sie weiter fort. Der Süden blieb bis zum 20.Jahrhundert weitgehend animistisch, bis europäische Missionare in die Region kamen.
Die britisch-ägyptische Zeit
Im Jahre 1821 eroberte der ägyptische Vizekönig Muhammad Ali das Sultanat Sanaar. Obwohl Ägypten zum Osmanischen Reich gehörte, erlangte Ali eine weitgehende Unabhängigkeit von den Osmanen. Die Ägypter nahmen rege Beziehungen zu den europäischen Kolonialmächten auf, allen voran Großbritannien und Frankreich. Mit ihrer Hilfe wurde im Jahre 1869 der Suezkanal eröffnet, der die Ägypter jedoch massiv verschuldete. Bis zum Jahre 1885 gehörte der gesamte Sudan zu Ägypten. Im Jahre 1871 wurde der äußerste Süden des heutigen Sudan (Äquatoria) von den Ägyptern erobert, 1874 das Königreich Darfur im Westen. In dieser Zeit wurde die 1820 von ägyptischen Soldaten gegründete Stadt Khartum zur Hauptstadt ausgebaut.
Dann brach im Jahre 1881 der „Mahdi-Aufstand“ aus. Die Briten hatten ab 1882 die eigentliche Macht in Ägypten, als sie einen Aufstand, der von der „Urabi-Bewegung“ ausging und sich gegen die Verschuldung des Landes richtete, niederschlugen und das Land besetzten, obwohl Ägypten noch bis 1914 offiziell zum Osmanischen Reich gehörte. Ägypten wurde zu einer Art „Protektorat“ von Großbritannien. Ein britisch-ägyptisches Konglomerat bekämpfte die „Mahdisten“, die in der Schlacht von Omdurman endgültig besiegt wurden. Im Jahre 1898 kam es zur französich-britischen „Faschodakrise“, als sich die Truppen der beiden Länder im südsudanesischen Faschoda begegneten. Beide Länder wollten ihre imperialen Interessen wahren, Großbritannien mit seiner „Kairo-Kapstadt-Politik“ und Frankreich mit seinem „Ost-West-Gürtel“ von Senegal bis Dschibuti.
Im Jahre 1899 wurde der Sudan schließlich zum „Anglo-Ägyptischen“ Kondominium (gemeinsame Herrschaft zweier oder mehrere Parteien über ein Gebiet) umgewandelt, wobei die Briten auch hier die eigentliche Macht ausübten. Britische Missionare bekehrten in dieser Zeit viele Angehörige der südsudanesischen Völker zum Christentum. Dazu zählten z.B. die Dinka, Nuer, Schilluk, Bari und Zande. Auch im Norden des Sudan wurden Angehörige der verschiedenen Nuba-Völker bekehrt. Die ethnisch-religiösen Gegensätze verschärften sich dadurch noch mehr. Im Sudan entstand ein Völkergemisch, dass sogar um einiges explosiver war als in Jugoslawien.
Die Erfindung des Sudans
Fatal für die zukünftige Entwicklung des Landes wurde die Dschuba-Konferenz im Jahre 1947. Ägypten, dass 1922 seine Unabhängigkeit wiederbekommen hatte und 1952 zur Republik wurde, in der jedoch das Militär- bis heute- die eigentliche Regierungsgewalt innehatte, hatte seine Ansprüche auf den Sudan 1953 aufgegeben. Ursprünglich war vorgesehen, dass das riesige Gebiet in einen nördlichen und einen südlichen Teil geteilt werden sollte, wobei auch ein „Anschluss“ des wenig entwickelten Südens an Britisch-Ostafrika (die heutigen Staaten Uganda und Kenia) zur Debatte stand.
Das Land, das man als Sudan bezeichnete, war ja weder politisch noch kulturell je eine Einheit gewesen, sondern lediglich durch militärische Eroberungen zusammengefügt worden. Doch in Dschuba kam es zur völligen Kehrtwendung: Der Staat Sudan sollte nun auch die drei südlichen Provinzen einschließen. Gleichzeitig wurde die Aufhebung aller bisherigen Einschränkungen für den Verkehr zwischen Nord und Süd beschlossen und Arabisch auch im Süden als Amtssprache eingeführt, obwohl diese Sprache im Südsudan kaum verbreitet war.
Die Briten fürchteten wahrscheinlich eine Erstarkung der Rebellen in Ostafrika, die in den 1950ern die britische Herrschaft ins Wanken bringen sollten (Mau-Mau-Krieg). Die Protokolle der Konferenz von Dschuba machen das Überlegenheitsgefühl der Vertreter des Nordens gegenüber den wenigen Vertretern des Südens deutlich. An Verwaltung und Regierung des zukünftigen Staates Sudan waren Südsudanesen kaum beteiligt. Die animistisch-christlichen Völker des Südsudans wurden der Herrschaft durch den islamischen Norden ausgeliefert- ein fataler Fehler, der ganze Generationen das Leben kosten sollte und erst 58 Jahre später korrigiert wurde.
Die sudanesische Regierung hat seit ihrer Existenz ununterbrochen mit etlichen Aufständen in Provinzen zu kämpfen, in denen ethnische oder religiöse Minderheiten beheimatet sind, die in ihrer Intensität weltweit beispiellos ist. Ihre Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Aufstände waren immer dieselben: Sie bewaffneten arabische Stämme, die die Aufständischen oft als „Untermenschen“ ansahen und versuchten, die verschiedenen Volksgruppen, die sich erhoben, zu spalten („Divida et impera“). Diese Methode war nicht selten von Erfolg gekrönt. Sie mündete in drei Genoziden mit 3 bis 4 Millionen Toten.
Fünfzig Jahre Krieg, Völkermord und Vertreibung im Sudan
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) resümiert: Fünfzig Jahre Völkermord und Krieg im Sudan
Der Sudan ist nach Auffassung der GfbV ein Paradebeispiel für die fehlgeleitete staatliche Entwicklung in vielen Teilen Schwarzafrikas. Die britische Kolonialmacht fügte den Sudan willkürlich aus schwarzafrikanischen und arabischsprachigen Teilen zusammen, ohne das Mitspracherecht der schwarzafrikanischen Mehrheit zu berücksichtigen. Westliche Demokratien wie kommunistische Diktaturen unterstützten jahrzehntelang die wechselnden arabisch-islamischen parlamentarischen oder von Militärs geführten Zentralregierungen in Khartum, lieferten Waffen und stellten Militärberater.
Der Sezessionskrieg von 1955 bis 1972 war nach einer Meuterei in der Armee im Süden ausgebrochen. Auslöser der Meuterei waren ein Prozess gegen ein Mitglied der Nationalversammlung aus dem Süden und ein mutmaßlich gefälschtes Telegramm, in dem Verwaltungsangestellte aus dem Norden angewiesen wurden, Leute aus dem Süden zu unterdrücken. Der Krieg, der hauptsächlich von der Rebellengruppe Anya Nya geführt wurde, dauerte 17 Jahre und kostete etwa 500-700.000 Menschen das Leben. Im Februar 1972 wurde in Äthiopien ein Friedensvertrag geschlossen, der dem Süden die Autonomie gewährte. Doch der Frieden währte nur 11 Jahre.
Nachdem Mitte der 1970er Jahre im Süden Öl gefunden wurde, entschied der Norden, dass die Gewinne aus den Geschäften ihnen vorbehalten werden sollten. Diese Politik führte dazu, dass in Khartum Hochhäuser und Glanz einzogen, während der Süden (sowie auch der Osten und der Westen) weiterhin zu den am unterentwickelsten Regionen der Welt zählten. Zu den wirtschaftlichen kamen kulturelle Spannungen, da der Sudan zunehmend islamistischer wurde und im Jahre 1983 das islamische Recht, die Scharia, eingeführt wurde.
Im Mai 1983 begann nach der Weigerung von Armeemitgliedern aus dem Süden, in den Norden zu gehen, der zweite Sezessionskrieg. Die SPLA wurde als militärischer Arm der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung gegründet. Ihr Anführer war John Garang, der einen Verbleib des Südens im sudanesischen Staat befürwortete. Er regierte die SPLA diktatorisch.
Während des Krieges kam es zu etlichen Massakern, ethnischen Säuberungen, Vertreibungen, Massenvergewaltigungen und dem Einsatz von Kindersoldaten. Der Norden setzte auch Hunger als politische Waffe ein, es gab die sogenannte „Nahrungsmittel-für-Religionsübertritt“-Politik. Nach der Machtübernahme von Omar al-Bashir im Jahre 1989 wurde die Versorgung der Bevölkerung im Süden wieder eingeschränkt. Im Jahre 1998 wütete eine von den Kriegsparteien instrumentalisierte Hungersnot.
Eine weitere Folge des Krieges war die zunehmende Sklaverei im Sudan. Zehntausende Angehörige der Dinka und Nuba, vor allem Frauen und Kinder, wurden gefangen genommen und versklavt. Christliche Organisationen aus dem Westen versuchten, Sklaven aus dem Süden „freizukaufen“. Kindersklaven aus Südsudan wurden teilweise bereits ab 15 US-Dollar verkauft, ein Rückkauf kostete 50 bis 100 US-Dollar.
In dem Krieg mischten auch ausländische Kräfte mit. Die ugandische Rebellenorganisation Lord’s Resistance Army (LRA) unterstütze den Norden beim Kampf gegen die SPLA, während die SPLA jahrelang von Äthiopien unterstützt wurde. Ab den 1990ern begannen Friedensverhandlungen zwischen dem Norden und der SPLA. Während des Krieges kam es auch zu Konflikten innerhalb der SPLA, die Anfang der 1990er Jahre mehr Leben gekostet hatten als der Krieg gegen den Norden. Im Jahr 2005 wurde das Abkommen von Naivasha geschlossen, der den Weg für die Unabhängigkeit des Südens bereitete. Der Krieg hatte 2 Millionen Menschen das Leben genommen.
„Dschihad“ und Völkermord gegen die Nuba
Auch die Nuba-Völker in der an den Südsudan angrenzenden Nuba-Region Kordofan wurden von 1987 bis 2002 Opfer von Genozid. Ein Teil der Nuba-Völker hatte sich in den 1980ern mit dem Kampf der SPLA im Süden solidarisiert. Die sudanesische Regierung rüstete daraufhin arabische Stämme auf, die mit äußerster Brutalität gegen die Nuba vorgingen. Die Kämpfe hatten schon 1985 angefangen und eskalierten zwei Jahre später. Das Ziel war es, die Nuba aus den Nuba-Bergen zu vertreiben.
Masenvergewaltigungen, Zerstümmelungen, Zerstörung von Dörfern und das „Verschwindenlassen“ von Personen gehörten zur Kriegsführung der arabischen Milizen. Die Regierung in Khartum, die in dieser Zeit auch einen gewissen Osama bin Laden Asyl gewährte, rief in einer Fatwa 1992 zum „Dschihad“ gegen die Nuba auf, um die Massaker zu rechtfertigen. Staatschef Omar al-Bashir, der 1989 in einem unblutigen Militärputsch an die Macht gekommen war, ernannte sich selbst zum „Imam-al-Dschihad“. Das Ziel, die Nuba komplett umzusiedeln, wurde jedoch durch den Widerstand der SPLA nicht erreicht.
Etwa 200.000 Menschen wurden in den 1990ern Opfer dieses Genozids in den 1990ern (s.auch: Averting genocide in the Nuba Mountains, Sudan). Im Jahre 2000 berichtete die GfbV, dass „die etwa zwei Millionen Nuba… im Schatten der Hungerkatastrophe am Horn von Afrika jetzt endgültig vernichtet werden.“ Im Januar 2002 unterzeichneten die sudanesische Regierung und die SPLA ein Waffenstillstandsabkommen, der die Kämpfe in den Nuba-Bergen beenden sollte (Bürgenstock-Abkommen). Doch die Kämpfe sind immer wieder aufgeflammt.
Seit dem Juni 2011 hat sich die Kriegsgefahr durch die Kämpfe in Abyei und Südkordofan erhöht. Die GfbV äußerte sich mit der Warnung: „Srebrenica darf sich in den Nuba-Bergen nicht wiederholen„. Gestern berichtete die Deutsche Radiokultur: „Gestank von Leichen liegt in der Luft“- Das Volk der Nuba in der Grenzregion von Nord- und Südsudan kämpft ums Überleben. Die BBC fragte im Mai zu den Vorgängen im Sudan: „Could Nuba mountains be next?“ Drohen nun auch hier neue Massaker?
Die Todesreiter von Darfur
Auch die westsudanesische Provinz Darfur erhob sich gegen die sudanesische Regierung. Die überwiegend muslimischen Schwarzafrikaner, die u.a. zu den Volksgruppen der Fur, Masalit und Zaghawa gehören, forderten mehr politische Mitbestimmung (Autonomie) und eine bessere Verteilung der wirtschaftlichen Gewinne. Ethnische Konflikte spielten anfangs noch keine Rolle, doch nach dem Beginn des Aufstands bewaffnete die sudanesische Regierung die arabischen Stämme (Baggara) und gab dem Konflikt damit eine neue Dimension.
Schon in den 1980ern war es zu ethnischen Unruhen gekommen, so wurden im März 1987 426 Dinka, die vom Süden geflohen waren, von Einheimischen in El Diein getötet. Von 1987 bis 1993 tobte ein international kaum beachteter Bürgerkrieg zwischen den Fur und den Arabern, dem etwa 4000 Fur und 500 Arabern zum Opfer fielen.
Die arabischen Stämme hatten sich in einer Miliz zusammengeschlossen, den berüchtigten Janjaweed (übersetzt: Mann auf einem Pferd mit einer Waffe). Danach wurde eine regelrechte Apartheid in Darfur installiert, die die Schwarzafrikaner benachteiligte. Der Aufstand, der im Februar 2003 von den Rebellengruppen Sudan Liberation Army (SLA) und der islamistischen Justice and Equality Movement (JEM) initiiert wurde, ist somit auch als Widerstand gegen die Marginalisierung durch die Araber zu betrachten, die in Darfur zur Minderheit gehörten.
Die Reaktion der sudanesischen Regierung unter ihrem Präsidenten Omar al-Bashir war äußerst blutig und bedeutete eine Katastrophe für die Einwohner von Darfur. Die Janjaweed wurden aufgerüstet und auf die Bevölkerung losgelassen. Darfur wurde abgeriegelt, internationale Beobachter und Journalisten mussten die Region verlassen.
Die Kriegsführung der Sudanesen zielte auf die direkte Bevölkerung der aufständischen Provinzen. Zuerst flog die Armee Luftangriffe, dann wurden die Überlebenden von den Reitermilizen abgeschlachtet. Frauen und Kinder wurden nicht verschont. Ganze Dörfer wurden komplett niedergebrannt. Darfur entwickelte sich somit zur größten humanitären Katastrophe der Welt. Internationale Hilfsorganisationen konnten daran so gut wie ändern, auch die UNO und die Afrikanische Union konnten dem Treiben der arabischen Milizen kaum Einhalt gebieten.
Erst ein Jahr später wurde die Abriegelung aufgehoben, als Menschenrechtsorganisationen auf das Leid der Bevölkerung aufmerksam machten. Da waren schon Zehntausende Menschenleben von den Janjaweed ausgelöscht worden. Schätzungen gehen davon aus, dass von 2003 bis 2008 etwa 200-300.000 Menschen durch die Folgen des Krieges getötet (die meisten durch Hunger und Krankheiten) und fast 3 Millionen vertrieben wurden. Die Parole „Nie wieder“ wiederholte sich in Darfur, doch hatte man sie schon nach Ruanda und Srebrenica gehört. Hier und hier sind einige verstörende Zeichnungen von Kindern in den Flüchtlingslagern, die die Gewalt in der Region dokumentieren.
Die Friedensverträge zwischen den Rebellengruppen und der sudanesischen Regierung waren brüchig und konnten die Gewalt nicht beenden. Gegen den Völkermörder Omar al-Bashir wurde im Jahre 2008 ein internationaler Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord erhoben. Dies hinderte ihn nicht daran, den Krieg weiter zu führen und bis heute in seinem Amt zu bleiben. Im Juni 2011 empfing auch Chinas Staatsoberhaupt Hu Jintao al-Bashir wie einen Ehrengast.
Bis heute herrscht in Darfur trotz diverser Friedensabkommen kein offizieller Frieden. Die Berichte aus der Region sind immer rarer geworden. Doch die Situation hat sich in letzter Zeit wohl wieder verschlimmert.
Konflikte in anderen Regionen
Im Ostsudan, die von den Volksgruppen der Bedscha und Rashaida bewohnt werden, kam es in den 1990ern zu bewaffneten Konflikten mit der Regierung im Khartum. Die Gründe für dafür waren, dass sich die Einwohner der Region von der Zentralregierung marginalisiert und unterdrückt fühlten. Im Jahre 2006 konnte ein Friedensvertrag mit Khartum geschlossen werden.
Der Sudan ist noch in Grenzstreitigkeiten mit Ägypten und Uganda verwickelt. Das Halaib-Dreieck wird seit dem Jahr 2000 von Ägypten verwaltet, ohne dass ein Grenzvertrag geschlossen werden konnte. Das Ilemi-Dreieckwar vom Sudan schon 1950 geräumt worden, aber durch die Konflikte in der Region konnten keine Grenzverträge mit Kenia und Äthiopien geschlossen werden. Ob der Südsudan ebenfalls Anspruch auf das Gebiet erheben wird, ist noch unklar.
Außerdem wurde der Sudan aufgrund seiner islamistischen Politik von den USA in die Liste der „Schurkenstaaten“ aufgenommen. Nach den Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im Jahre 1998 flogen die Amerikaner einen Luftangriff auf eine mutmaßliche Giftgasfabrik, die sich jedoch als Arzneimittelfabrik entpuppte. Bis zum Jahre 1996 hatte sich Osama bin Laden im Sudan aufgehalten.
Ausblick für den Südsudan
Der neue Staat hat bereits erste Maßnahmen geschaffen: Eine eigene Währung, Briefmarken, eine Nationalhymne, eine passende Internet-Domain und natürlich ein eigenes Fußballteam sind bereits in Planung. Der Südsudan wird wohl ein Einparteienstaat unter Führung der SPLA werden. Ethnische Konflikte gibt es auch zwischen den südsudanesischen Völkern. Laut Al-Jazeera sind bei einem Überfall von Dinka und Nuer auf Dörfer der Murle im Jahre 2009 etwa 700 Mitglieder dieses Volksstammes getötet worden sein. Nach derselben Quelle wurden im Sommer 2010 bei einem Überfall auf das grenznahe Königreich der Schilluk hunderte Menschen von SPLA-Soldaten vergewaltigt und mehr als 10.000 Schilluk vertrieben.
Die humanitäre Lage könnte nicht schlimmer sein. Die BILD berichtet:
-Jedes fünfte Kind bekommt zu wenig zu essen, jedes neunte stirbt noch bevor es fünf Jahre alt ist.
-70 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben noch nie eine Schule gesehen.
-260.000 Bürgerkriegsflüchtlinge leiden unter Hunger und schweren Krankheiten. Ein Koordinator der UN: „Die Vertriebenen sind in einem schrecklichen Zustand. Sie sind völlig erschöpft und traumatisiert.“
-Mehr als die Hälfte der Staatsausgaben gehen laut „Internationalem Konversionszentrum Bonn“ für Armee und Militär drauf. Das Geld fehlt, um Schulen, Straßen und Krankenhäuser zu bauen.
-Der Südsudan hat mehr als 40 Milliarden Euro Schulden.
Ohne ausländische Hilfe wird der Südsudan in Zukunft kaum überlebensfähig sein.
Kommentar verfassen