Erinnern sie sich noch an Terry Jones? Wahrscheinlich schon, denn im Internet-Zeitalter gibt es wohl keinen leichteren Weg, auf schnellstem Wege Berühmtheit zu erlangen, als öffentlich anzukündigen, den Islam zu beleidigen (Beispiele: Salman Rushdie, Kurt Westergaard, Geert Wilders). Das wusste auch Jones, ein Pastor aus Florida, der im Jahr 2010 angekündigt hatte, am Jahrestag des 11.September öffentlich einen Koran zu verbrennen.
Es funktionierte: Plötzlich war er weltberühmt, und zwar so sehr, dass Puppen von ihm verbrannt wurden und 19 Menschen bei „Unruhen“ getötet wurden, die, so hieß es dann, von ihm höchst persönlich ausgelöst worden waren. Genauso wie ein Zoowärter ein Massaker auslöst, wenn er einen Tiger von seinem Käfig befreit, gingen die Reaktionen der Weltöffentlichkeit in die Richtung, nicht die schuldig zu sprechen, die eigenhändig 19 Menschen umgebracht hatten, sondern dem Pastor, der den Tiger- die leicht zu erregenden radikalen Muslime- losgelassen hatte.
Noch Schlimmeres geschah dann am 20.März dieses Jahres, als Jones seine Ankündigung in die Tat umsetzte und im Geheimen einen Koran verbrannte. Der Vorfall wurde zwei Tage später bekannt- dieses Mal starben 24 Menschen. Und wieder wurde die moralische Verantwortung dafür Terry Jones zugeschoben. Dass er selbst niemanden umgebracht hatte und auch nicht dazu aufgerufen, war jedem klar, aber es spielte keine große Rolle. Der Grund dafür ist das andere Toleranzverständnis, der in der „Islam-Debatte“ vorherrscht.
Man hat sich stillschweigend darauf geeinigt, dass Kritik am Islam aufgrund des „zivilisatorischen Rückstands“ der muslimischen Welt erstens „auf eigene Gefahr“ und zweitens im Gegensatz zur Kritik am Christentum, wenn sie „bösartig“ (aber legal) ist, ein Beispiel für Intoleranz ist. Kurz zusammengefasst: Wenn ein Muslim oder ein Christ die christliche Religion auf „bösartige“, aber legale Weise kritisiert (z.B.: Jesus beleidigen, eine Bibel verbrennen) würde niemand auf die Idee kommen, ihm die Hauptschuld für den Tod von 20 Menschen zu geben und die eigentlichen Täter außen vor zu lassen. Umgekehrt ist es aber so.
Ist aber ein Buch heiliger als ein Mensch? Nur, weil es für viele Muslime so ist, müssen wir uns alle daran halten? Ein Buch ist nur ein Buch, egal um welches es sich handelt, genauso wie alle anderen religiösen Symbole. Bestimmte Personen wie ich halten den Inhalt des Korans vorsichtig ausgedrückt für „nicht glaubwürdig“. Wenn das Buch nur ein Beispiel für arabische Literatur des 7.Jahrhunderts wäre, gut, aber als ein Buch, dass bis heute den Anspruch hat, die „einzige Wahrheit“ zu enthalten, halte ich es für ein falsches und überhaupt nicht heiliges Buch.
Und ob ihr’s glaubt oder nicht, für Islamisten gilt dasselbe, denn der Koran ist nur dann heiliger als der Rest der Menschheit, wenn es sich um die eigene Ausgabe hält. Hier einige Beispiele:
Beispiele für den Umgang von Islamisten mit heiligen Schriften
1. Im Irak haben sunnitische Terroristen den Koran als Bombenablage benutzt, um Schiiten zu töten.
2. Eine palästinensische Terroristin hat einen Koran in Fetzen gerissen, um es den Israelis in die Schuhe zu schieben.
3. Bei Protesten gegen Koranschändungen in Guantanamo haben afghanische Demonstranten eine Bibliothek in Jakabad niedergebrannt, die 200 Koranausgaben enthielt (bei weiteren Protesten wurden mindestens 17 Menschen getötet).
4. Im Iran werden Koranausgaben, die in Ägypten und Saudi-Arabien hergestellt wurden, konfisziert und verboten. In Ägypten und Saudi-Arabien werden Koranausgaben, die im Iran hergestellt wurden, konfisziert und verboten.
5. Iranische Revolutionsgarden haben am 8.Februar 300 Bibeln öffentlich verbrannt, weil sie in persischer Sprache verfasst wurden. Auch im Jahr 2010 sind hunderte Bibeln verbrannt worden. In Saudi-Arabien sind Bibeln und Kirchenbau grundsätzlich untersagt.
Na gut, das Islamisten Arschlöcher mit Doppelmoral sind, wissen wohl inzwischen alle außer Jürgen Todenhöfer. Aber dieser Fall von Doppelmoral sticht schon hervor!
Wenn religiöse Toleranz soweit geht, dass an Morden von religiösen Fanatikern die vermeintlichen Provokateure verantwortlich gemacht werden, dann wäre es wirklich an der Zeit, eine Grundsatzdiskussion zum Thema zu starten: „Was ist heiliger? Ein Mensch oder seine Religion?“ Nicht, dass Ayatollah Khomeini mit seinem Satz „Für euch ist Religion teil eures Lebens, für uns ist das Leben Teil unserer Religion“ auch bei uns populär wird.
Siehe auch diesen älteren Artikel, der sich mit einem ähnlichen Thema beschäftigt: Gedanken zur Religionsfreiheit.
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