Sri Lankas Killing Fields

Das von den Tamil Tigers beanspruchte „Tamil Eelam“

Der vergessene Genozid an den Tamilen

Sri Lankas Killing Fields– so heißt die britische Dokumentation, die die brutalen und systematischen Kriegsverbrechen der sri-lankischen Armee im Kampf gegen die terroristische Vereinigung LTTE, auch „Tamil Tigers“ genannt, ans Tageslicht bringt. Vom Januar bis Mai 2009 kämpfte die Armee den erfolgreichen „Endkampf“ gegen die LTTE. Während dieser letzten Phase des Bürgerkriegs, der seit 1983 andauerte, wurde die Zivilbevölkerung von der Armee nicht verschont. In der Weltöffentlichkeit wurde das kaum wahrgenommen, da ausländische Journalisten und Beobachter nicht zugelassen wurden.

Die Regierung behauptet bis heute, dass während des gesamten Krieges von 2008/2009 „kein einziger Zivilist“ getötet wurde. „Es gab keine Menschenrechtsverletzungen. Es gab keine zivilen Opfer“ – so Präsident Rajapaksa gegenüber dem Time Magazine. Die UNO dagegen sprach von 7.000 zivilen Opfern, freilich ohne die sri-lankische Regierung dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Ein neuer UN-Bericht vom Mai 2011 schließlich schätzte die Opferzahlen in der Endphase des Krieges auf 40.000, das sind 5-mal so viel wie in Srebrenica und 80-mal so viel wie in My Lai. Diese Zahl war schon zuvor genannt worden (s.hier, hier).

Singhalesen und Tamilen

Die Insel Sri Lanka trug bis 1972 den Namen Ceylon. Die Einwohner der 20 Millionen Einwohner zählenden Insel sind mehrheitlich Singhalesen, die vor etwa 2500 Jahren von Südindien aus in die Insel eingewandert sind und ab dem 3.Jahrhundert v.Chr. von buddhistischen Missionaren aus dem damals buddhistischen Indien bekehrt wurden. Außerdem gibt es eine Minderheit von hinduistischen Tamilen, die ab dem 2.Jahrhundert v.Chr., ebenfalls aus Indien, in die Insel eingewandert sind. Trotz dieser religiösen Spaltung lebten die Singhalesen und Tamilen weitgehend friedlich miteinander, obwohl es auch zu Kriegen zwischen den einzelnen Königreichen kam.

Die Ureinwohner der Insel sind die Vedda, die genetisch mit den Aborigenes verwandt sind und heute nur noch 600 Mitglieder zählen. Dazu gibt es noch Minderheiten von Nachkommen arabischer Händler (Moors) und europäischen Kolonisten (Burghers). Die große Mehrheit der Tamilen lebt nicht in Sri Lanka, sondern im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu (Land der Tamilen), das 72 Millionen Einwohner hat, 90% davon Tamilen. Die Stadt Chennai (bis 1996: Madras) mit fast 9 Millionen Einwohnern gilt als Hauptstadt der tamilischen Kultur. Viele Tamilen leben außerdem in Malaysia, Burma, Singapur, Südafrika, Mauritius, Kanada, der Karibik, Ozeanien und Europa. In Indien, Sri Lanka und Singapur gehört Tamilisch zu den Amtssprachen.

Ceylon wurde ab dem 16.Jahrhundert schrittweise von den Portugiesen, Niederländern und Briten kolonisiert. Ab 1796 hatten die Briten die vollständige Herrschaft über die Insel, die bis zum Jahre 1948 andauern sollte. Während der Kolonialzeit kam es zur Einwanderung von südindischen Tamilen, die als Arbeitskräfte angeheuert wurden. Heute unterscheidet man zwischen den „Sri Lanka-Tamilen“ und den „Indien-Tamilen“.

Der Bürgerkrieg

1948 wurde Ceylon von Großbritannien unabhängig. Da die Tamilen eine höhere Bildung genossen und höhere Positionen innerhalb der Kolonialverwaltung innehatten, wurden sie von der mehrheitlich singhalesischen Regierung als eine Bedrohung angesehen. Sie versuchten, die Tamilen zu marginalisieren. So wurde im Jahre 1956 Sinhala zur einzigen Amtssprache erklärt, 1972 folgte die Umbenennung in Sri Lanka (Das glänzende/prächtige Land). Weitere Maßnahmen zur staatlichen Diskriminierung nahmen zu. Als Reaktion auf diesen singhalesisch-buddhistischen Nationalismus entstanden militante tamilische Gruppen, darunter die „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE), die einen tamilischen Staat im Norden und Osten Sri Lankas anstrebte. Sie bekämpften nicht nur die Singhalesen, sondern auch die moderaten Tamilen.

Am 23.Juli 1983 löste ein Attentat der LTTE, bei dem 13 singhalesische Soldaten getötet wurden, den Bürgerkrieg aus, der bis zum 16.Mai 2009 andauerte. Im sogenannten „Schwarzen Juli“ wurden als Racheakt zwischen 400-3.000 Tamilen von singhalesischen Extremisten getötet. In den folgenden Jahren kam es zur massiven Gewaltanwendung auf beiden Seiten. Die LTTE verübte zahlreiche Attentate, Armee und Polizei gingen rücksichtslos gegen die tamilische Zivilbevölkerung vor. Auch Tamil Nadu wurde in den Konflikt hineingezogen, die Region diente als Rückzugsgebiet für LTTE-Kämpfer. Von 1987 bis 1990 war die Indian Peace Keeping Force (IPKF) in Sri Lanka stationiert.

Mit indischer Hilfe wurden den 1987 Tamilen weitgehende Autonomie zugesprochen. Durch den Einsatz von Selbstmordattentaten (Black Tigers), denen u.a. auch der sri-lankische Regierungschef Ranasinghe Premadasa (1993) und der indische Premier Rajiv Gandhi (1991) zum Opfer fielen, verspielte die LTTE jegliche Sympathie und wurde von vielen Staaten, darunter Indien, den USA und der EU, als Terrororganisation eingestuft. Nach Abzug der IPKF eskalierte die Gewalt erneut, bis schließlich im Februar 2002 nach 65.000 Toten ein Waffenstillstand ausgehandelt wurde.

Die Friedensverhandlungen führten zu keinem Erfolg und wurden 2006 abgebrochen. Zwei Jahre später kündigte die Regierung Sri Lankas unter Mahinda Rajapaksa den Waffenstillstand auf und startete einen Vernichtungsfeldzug gegen die LTTE, der im Mai 2009 erfolgreich, aber mit einer ungeheuren Opferzahl zu Ende gebracht wurde. Der Anführer der LTTE, Velupillai Prabakharan, wurde bei der Flucht erschossen.

Die Kriegsverbrechen in der Endphase des Krieges

Der neue UN-Bericht gibt an, dass es wiederholt zu systematischen Angriffen auf Zivilisten kam. Verteidigungsstaatssekretär Gothabaya Rajapakse rechtfertigte in einem Interview mit dem Fernsehsender SkyNews unverblümt die Angriffe auf Zivilisten. Krankenhäuser außerhalb der Sicherheitszone seien „legitime Ziele“, denn außerhalb der Zone dürfe nichts existieren. Noch am selben Tag wurde das Hospital in Puthukkudiyiruppu aus der Luft angegriffen, teilten die Vereinten Nationen mit. In Mullivaikal wurden am 12.Mai 2009 bei der Bombardierung eines Hospitals 49 Menschen getötet.

Weiter habe es zahlreiche Vergewaltigungen durch Regierungssoldaten gegeben, Gefangene seien gefoltert und reihenweise exekutiert worden. Auch die Tamil Tigers machten sich der Kriegsverbrechen schuldig. Sie schossen auf Flüchtlinge und rekrutierten Kindersoldaten, die teilweise 14 Jahre alt waren. Zwei Jahre nach der Vernichtung der LTTE halten viele Tamilen immer noch die Tiger-Flagge hoch und glauben zu 90% daran, dass ihr als Sonnengott verehrter Führer Prabhakaran noch lebt.

Die Situation hat sich übrigens kaum verbessert. Rund 80.000 Tamilen leben immer noch in Flüchtlingslager, 400.000 Vertriebene leben in Gemeinschaften wo Häuser und Infrastruktur zerstört sind. Für Tamilen im Ausland gehören die Erfahrungen, die sie während der staatlichen Diskriminierung und des Bürgerkriegs erlebt haben, wie z.B. den Schwarzen Juli, zum festen Bestandteil ihrer Erinnerungskultur. In Kanada, wo mehr als 400.000 Tamilen leben, oder auch in Großbritannien wird bei Demonstrationen regelmäßig an die Verbrechen der sri-lankischen Armee erinnert. Die internationale Gemeinschaft, allen voran die UNO, hat sich kaum um sie gekümmert. Die Einzigen, die sich mit den Tamilen solidarisch zeigten, waren einige europäische Sozialisten, die die Kampagne „Stop The Slaughter Of Tamils“ starteten.

Obwohl man Terrorismus natürlich verurteilen muss, werden separatistische Gruppierungen von autoritären Staaten immer wieder als Vorwand benutzt, um ethnische Minderheiten zu unterdrücken. Bestes Beispiel sind die Kurden oder die Tschetschenen. Das einzige Land, das human mit einer nach Unabhängigkeit strebenden Bevölkerung umgehen kann, die gleichzeitig Terrororganisationen unterstützt, ist Israel (in der Vergangenheit könnte man Spanien und Großbritannien dazu zählen). Dafür ist es das einzige Land, das ständig wegen seiner Methoden der Terrorbekämpfung kritisiert wird. Und: Man stelle sich vor, Israel wäre in irgendeinerweise in die Verbrechen der sri-lankischen Armee beteiligt gewesen. Fehlt der sogenannten internationalen Gemeinschaft jegliches Gewissen?

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