Die stille Rückkehr eines alten Imperiums

Das Endziel der Linkspartei: Eine neue UdSSR?

Die neue Flagge der Sowjetunion?

Der russische Regierungschef Wladimir Putin hält einen Zusammenschluss seines Landes mit dem westlichen Nachbarn Weißrussland 20 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion für möglich. Die Rückkehr zu einer Einheit nach sowjetischem Vorbild sei wünschenswert, sagte Putin bei einem Ferienlager kremltreuer Jugendlicher… Ein Beitritt hänge aber „gänzlich vom Willen des weißrussischen Volkes ab“, sagte Putin.

Diese Nachricht erschien am 2. August in der ZEIT. Weißrusslands diktatorischer Regierungschef Lukashenko hatte in den 1990er Jahren zwar einen Anschluss an die Russische Föderation angestrebt, mittlerweile bezeichnet er aber die Unabhängigkeit Weißrusslands als heilige Sache. Oppositionspolitiker Rygor Kazusew kommentierte Putins Aussage mit deutlichen Worten: „Putin träumt davon, Weißrussland an Russland anzubinden, und hat es nun offen ausgesprochen“.

Der Wunsch nach einer Einheit nach sowjetischem Vorbild passt zum neuen russischen Selbstverständnis. Seit dem letzten Jahr gibt es bereits eine Zollunion mit Weißrussland und Kasachstan, die Ukraine könnte bald folgen. Im Mai verkündete Putin, dass eine gemeinsame Zollunion „die geopolitischen Umrisse des gesamten eurasischen Raums grundsätzlich ändern“ würde. Mit dem russischen Erdgaskonzern Gazprom in der Hinterhand werden Staaten geradezu erpresst und in einen halbkolonialen Status versetzt, wenn sie sich den russischen Forderungen widersetzen. Plant Putin eine neue Sowjetunion als Gegenstück zur EU?

Putins Sowjetnostalgie

Der Zusammenbruch der Sowjetunion, der übrigens nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte und von Putin als die „größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet wurde, hinterließ im neuen russischen Staatsgebilde die ungeklärte Frage, welche strategische Rolle dieser neue Staat spielen würde. Nicht wenige prophezeiten einen Zerfall Russlands in mehrere Einzelstaaten, während Osteuropa ein integraler Bestandteil des amerikanisch-westeuropäischen Bündnisses werden würde.

Tatsächlich sind mehrere ehemalige Ostblockstaaten in die NATO und die EU aufgenommen worden. Russland schien seinen Großmachtanspruch vollständig verloren zu haben. Gab es überhaupt einen Grund, um die Russische Föderation als Großmacht zu bezeichnen? Wenn es um Wirtschaftskraft geht, dann könnten sich die Niederlande oder Südkorea als solche bezeichnen. Wenn es um die territoriale Ausdehnung geht, dann könnten Australien oder Kanada Weltmachtansprüche stellen. Wenn es um die Bevölkerungsgröße geht, dann könnten Pakistan, Indonesien oder Nigeria höhere Ansprüche als Russland stellen. Nur die Tausenden im Land verbliebenen Atombomben gaben Russland den Anspruch, eine Großmacht zu sein.

Seit Putin die Macht übernommen hat, hat sich Russland wieder auf die Wiederherstellung seiner Einflusszone konzentriert. Die EU, der aufkeimende islamische Süden und nicht zuletzt China hatten Russlands Einfluss eingeengt, doch mit der Errichtung einer Zollunion würde Russland dem endgültig ein Ende setzen. Neben Weißrussland, Kasachstan und der Ukraine sollen auch Tadschikistan und Kirgisien in diese „Eurasische Union“ eingebunden werden. Der Zeitung Iswestija sagte er, dass diese Union bereits im Jahr 2015 Realität sein könnte. Mit Ausnahme der baltischen Staaten komme jede ehemalige Sowjetrepublik als Beitrittskandidat in Gespräch.

Eine explosive Nachbarschaft

Die beiden blutigen Kriege im kleinen Tschetschenien zeigten, wie stark der Separatismus im Kaukasus ist. Momentan herrscht Frieden, aber die Ruhe trügt. In Dagestan und Inguschetien formiert sich ein islamistischer Widerstand gegen Russland, der wahrscheinlich von al-Qaida unterstützt wird. Seit dem Jahr 2004 werden dabei Selbstmordattentate als Waffe benutzt. Für Russlands Sicherheit spielt auch der aufkeimende Islamismus in den zentralasiatischen Staaten eine gefährliche Rolle. In diesem Jahr kam es in Kasachstan zum ersten Mal zu einem Selbstmordattentat. Wahrscheinlich liegt es deshalb wohl auch in Russlands Interesse, dass die westlichen Truppen die Taliban in Afghanistan und Pakistan weiter im Schach halten. Zwar lehnt man selbst ein militärisches Engagement ab (wohl auch aus historischen Erfahrungen), aber man arbeitet eng mit der NATO und den USA zusammen, so z.B. bei der Bekämpfung des afghanischen Drogenhandels.

Der Krieg gegen Georgien entflammte, weil sich Russland als Schutzmacht der völkerrechtlich nicht anerkannten Staaten Abchasien und Südossetien sieht. Ein georgischer Angriff auf russische Blauhelme führte zum Krieg, den Georgiens Präsident Saakaschwili wohl auch aus Imagegründen angezettelt hatte. Mittlerweile kam es zu gewalttätigen Protesten gegen seine Herrschaft. Weitere potenzielle Konflikte lauern in Moldawien und Armenien. Russland sieht sich als Schutzmacht der abtrünnigen Republik Transnistrien, genauso wie bei Abchasien und Südossetien. An der Grenze patrouillieren russische Friedenstruppen- eine ähnliche Situation wie vor dem Krieg in Südossetien. Der armenisch-aserbaidschanische Konflikt um Berg-Karabach hat ebenfalls höchstes Gefahrenpotenzial. Zu guter letzt sorgt der Aufenthalt von Russlands Schwarzmeerflotte in Sewastopol, die bis zum Jahr 2042 auf der Krim gepachtet ist, für Spannungen zwischen Ukrainern, Russen und islamischen Krimtataren. Im ukrainischen Parlament kam es bei der Sitzung, in der das russische Mandat verlängert wurde, zu Schlägereien, Oppositionspolitiker warfen mit Rauchbomben.

Russlands Generalstabschef Nikolai Makarov sagte vor einer Woche unverblümt, dass Russland an Konflikten beteiligt ist, die „atomar eskalieren könnten“ (außerdem beklagte er eine Rekrutenmangel und schlechte Ausrüstung). Dem Kaukasus könnte also dieselbe Rolle spielen wie der Balkan vor dem Ersten Weltkrieg.

Eine Antwort to “Die stille Rückkehr eines alten Imperiums”

  1. Yadgar Says:

    Ich könnte mir auf der Fahne eher ein orthodoxes Kreuz vor einem stilisierten Stalin-Porträt vorstellen…

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