In einem Artikel bei Pajamas Media hat David P. Goldman dem amerikanischen Präsidenten Obama die Schuld am „ägyptischen Desaster“ gegeben, da er mit seiner islamophilen Politik den Sturz Mubaraks forciert hat. Eine recht ungewöhnliche Sicht der Dinge, denn es war natürlich nicht Obama, der Mubarak auf dem Gewissen hat, sondern das ägyptische Volk. Das jetzt Islamisten an die Macht gekommen sind, hat Obama genauso wenig zu verantworten wie Assads Gemetzel in Syrien.
Wenn man Daniel Goldhagen Vertrauen schenken darf, wünschen sich 70% der Ägypter eine Rechtsordnung, die sich strikt am Koran orientiert, 82% wünschen sich die Steinigung für Ehebrecher, Auspeitschen und Hand abhacken als Strafe für Diebstahl fordern 77% und die Todesstrafe für Apostaten 84% der Ägypter (diese Zahlen nannte Goldhagen in einem Interview mit der WELT). Bei den Demonstrationen wurde Mubarak häufig als Jude beschimpft. Die meisten Ägypter haben sicher andere Wertvorstellungen, das steht außer Frage.
Der Grund, warum ich der Arabische Frühling dennoch etwas Gutes haben kann, ist, dass er im Gegensatz zur Eurorettung oder der Energiewende tatsächlich alternativlos ist. In Ländern, wo die Jugend keine Zukunft hat und die Meinungsfreiheit unterdrückt wird, kann es nicht auf Dauer ruhig bleiben. Mit dem Rücktritt von Mubarak ist außerdem etwas Wichtiges geschehen: Zum ersten Mal in der ägyptischen Geschichte hat sich das Volk gegen die Regierung durchgesetzt. Das ist der erste Weg zur Demokratie, der lang und voller Stolpersteine ist.
Zu den Stolpersteinen zählt auch, dass undemokratische Parteien demokratisch an die Macht kommen. In Ägypten ist genau das passiert. Aber die Demonstranten, die im Tahrir-Platz Mubarak zu Fall brachten, fühlen sich nun von ihrer neuen Regierung verraten. Der Grund könnte sein, dass die Muslimbrüder die Wahlen womöglich nur dank massiver Wahlfälschungen gewonnen haben, die selbst Putin in den Schatten stellen könnten. Der Militärrat hat ein Interesse daran, die Muslimbrüder an die Macht zu bringen, um ihre Herrschaft zu legitimieren. (more…)