Religiöse Feiertage privatisieren!

Die Auferstehung Jesu Christi

Die Auferstehung Jesu Christi

Mit freundlicher Genehmigung vom „Blog der Freisinnigen Zeitung“

Religiöse Feiertage privatisieren!

Wir gönnen es jedem, die Tage zu begehen, die ihm in seinem Glauben heilig erscheinen, sei er Christ, Jude, Moslem, Buddhist oder Hindu. Mit Lessing halten wir alle in Ehren, die sich als anständige Menschen benehmen, ganz gleich, was sie auch glauben mögen. Und das gilt auch für Sozialisten.

Aber warum müssen alle anderen mitmachen? Warum müssen die Tanzschuhe am Karfreitag im Schrank bleiben, weil es gewissen Christen nicht behagt, daß getanzt wird? Und zurecht wird es als Übergriff empfunden, wenn Islamisten ihre Vorgaben anderen aufoktroyieren möchten. Doch warum darf niemand einkaufen, Handel treiben oder arbeiten, wenn Sozialisten sich in rote Tücher wickeln wollen? Reicht die Ironie etwa nicht aus, daß der 1. Mai ausgerechnet von den Nationalsozialisten den Deutschen aufgepreßt wurde?

Wir hingegen sind der Meinung, daß Feiertage privat sein sollten und nicht Sache des Staates als Zwangsgewalt. “Oje”, hören wir schon rufen: “Ihr wollt doch nur den Arbeitgebern ein paar mehr Arbeitstage zuschanzen!”

Mitnichten! Eine Privatisierung der Feiertage würde schließlich den Sinn bestehender Verträge nicht berühren. Was an verordneten Urlaubstagen – und nichts weiter sind staatliche Feiertage – entfällt, das ist dann eben freier Urlaub, den jeder auf die Tage legen kann, die ihm wichtig erscheinen. Bei neuen Verträgen kann der einzelne aushandeln, was ihm frommt. Und selbstredend kann ein jeder, der sich gerne eine rote Mülltüte überstülpen, Flaggen wedeln und langweilige Reden seiner Bonzen anhören will, weiterhin den 1. Mai freinehmen.

Freiheit ist auch die Freiheit, das zu tun, worüber andere lachen.

(erschienen am 1. Mai 2012)

52 Antworten to “Religiöse Feiertage privatisieren!”

  1. Olaf Says:

    Wir sind nun mal ein christliches Land mit einer eben solchen Tradition, deshalb Füße stillhalten am Karfreitag, ihr vergnügungssüchtigen Narren.

    • arprin Says:

      Es ist nicht die Aufgabe des Staates, Traditionen zu schützen. Ich tanze nie, aber ich würde niemals anderen das Tanzen verbieten. Wir sind doch nicht in Saudi-Arabien, ihr Tugendfanatiker.

      • Olaf Says:

        Man kann in diesem Lande 364 Tage im Jahr, schlechte Musik aufdrehen und wackeln und zappeln wie Jon Drawolta für Arme, das ist aus kulturästhetischen Gründen eine Zumutung, aber erlaubt.
        Ein Tag Ruhe, wird doch wohl für die halbtauben Berufsjugendlichen auszuhalten sein.

      • arprin Says:

        Ein Tag Ruhe, wird doch wohl für die halbtauben Berufsjugendlichen auszuhalten sein.

        Es wird für die Christen wohl auszuhalten sein, wenn die Jugendlichen tanzen.

      • Alfons Says:

        Ein Tag Ruhe, wird doch wohl für die halbtauben Berufsjugendlichen auszuhalten sein.

        Es ist wohl auszuhalten, aber warum eigentlich? Worin liegt nun genau der Lustgewinn der Christen, wenn die Ungläubigen an jenem Tag nicht ms goldene Kalb tanzen? Oder geht dem lieben Gott einer ab, wenn er die verlorenen Kinder wenigstens an einem Tag unter der Knute hat?
        Mir sieht es eher so aus, das diejenigen die für diese Tanzverbote einstehen, sich alleine an der Macht erfreuen, die anderen zu Verhalten zwingen zu können, welches sie von sich heraus nicht tun würden.

  2. Andreas D. Says:

    Jeder wird sich die Ruhe gönnen, die braucht. Wann er will. Es muss doch nicht einer ganzen Bevölkerung gleichzeitig Ruhe verordnet werden. Wenn ein Staat das tut, missbraucht er sein Gewaltmonopol, um einem Partikularinteresse Geltung zu verschaffen.

    Und ich möchte auch gerne zum Beispiel Lebensmittel einkaufen, wenn ich sie benötige und nicht wenn eine religiöse (Noch-)Mehrheit es mir gnädigerweise gestattet.

  3. Andreas D. Says:

    Im Übrigen sind wir kein „christliches Land“. Wir sind eine Gesellschaft, in der unter anderem auch Christen leben. Die christliche Tradition mag für die Christen von Bedeutung sein. Für andere ist sie es nicht.

  4. Alfons Says:

    Auch wenn ich mit den mesiten Feiertagen recht wenig anfangen kann, ist die Argumentation so nicht ganz korrekt.

    Mitnichten! Eine Privatisierung der Feiertage würde schließlich den Sinn bestehender Verträge nicht berühren. Was an verordneten Urlaubstagen – und nichts weiter sind staatliche Feiertage – entfällt, das ist dann eben freier Urlaub, den jeder auf die Tage legen kann, die ihm wichtig erscheinen.

    Ein Zwang nicht zu arbeiten impliziert einen Rechtsanspruch nicht zu arbeiten, der nicht mehr vorhanden ist, wenn die Feiertage in Urlaubstage umgewandelt werden.
    Wenn man sich erstmal in der liberalen Utopie befindet, in der Verträge stets frei im vollständigen gegenseitigen Einvernehmen geschlossen werden, mag das ja funktionieren.
    Bei den bestehenden Verträgen ergibt sich allerdings doch eine potentielle Verschlechterung für den Arbeitnehmer.

  5. Andreas D. Says:

    Ich habe das Thema auch – vielleicht noch ein klein wenig umfassender – bearbeitet. Und ich habe mir erlaubt, auf diesen Artikel hier zu verlinken. Danke für die Anregung!

    http://fdp-nienburg.de/2013/03/31/feiertage-privatisieren/

    • Alfons Says:

      Leider ist nicht das FAZ-Zitat

      Denn jede Form formaler Gleichbehandlung von nach Herkunft und Inhalt Ungleichem ist politisch korrekter als die nach Herkunft und Inhalt gut begründete Ungleichbehandlung von formal Gleichem

      der größte Unsinn, sondern vielmehr die Replik

      Die formale Gleichbehandlung von Ungleichem ist nämlich nicht nur Anliegen politischer Korrektheit, in deren Namen tatsächlich viele Albernheiten gerechtfertigt werden. Die Gleichheit vor dem Gesetz, also die Nichtdiskriminierung durch den Staat, ist essentieller Bestandteil unserer freiheitlichen Grundordnung.

      Die Gleicheit vor dem Gesetz bezieht sich eben nicht darauf das ungleiche Dinge gleich behandelt werden sollen, sondern darauf das der Sache nach gleiche Dinge gleich behandelt werden müssen. Sachlich Ungleiche Dinge können selbstverständlich ungleich behandelt werden. Es wäre nicht gerade amüsant wenn Gerichte ohne Berücksichtigung der Sachlage in Verfahren immer gleich entscheiden müssen.

      Die Frage ist vielmehr wie die inhaltliche/sachliche Ungleichheit aussieht und inwieweit, sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen kann.

      • Andreas D. Says:

        Grundgesetz, Art 3:

        (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

        (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. (…)

        (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

        Frage an Sie: Sind Menschen gleiche Dinge?

      • Andreas D. Says:

        Das meint also auch – um die Ebene zu bedienen, die Sie angesprochen haben – dass Straftäter vor Gericht für die gleiche Straftat („gleiches Ding“) gleich behandelt werden, obwohl sie als Menschen ungleich sind (ungleich bezüglich Geschlecht, Vermögen, Herkunft, Religion etc.).

      • Alfons Says:

        Frage an Sie: Sind Menschen gleiche Dinge?

        Natürlich nicht. Aber die Frage verstehe ich entweder nicht oder sie ist rein rhetorischer Natur.Die Gleicheit besteht eben nur in Fällen sachlicher Gleichheit.

        Manche Menschen können rechtskräftige Verträge abschliessen, andere können dies nicht. Manche dürfen wählen, andere nicht. Manche bekommen eine Baugenehmigung, andere nicht. Wie man nun aus der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz ableiten will, dass dies alles verfassungswidrig ist, ist mir schleierhaft obwohl hier – wenn auf die Eigenschaft Mensch reduziert wird – eine offensichtliche Ungleichbehandlung vorliegt.

      • Alfons Says:

        Das meint also auch – um die Ebene zu bedienen, die Sie angesprochen haben – dass Straftäter vor Gericht für die gleiche Straftat (“gleiches Ding”) gleich behandelt werden, obwohl sie als Menschen ungleich sind (ungleich bezüglich Geschlecht, Vermögen, Herkunft, Religion etc.).

        Sie werden eben nicht gleich behandelt. Der eine wandert in den Knast, der andere wird freigesprochen. Dies ist eine offensichtliche Ungleichbehandlung. Die Ungleichbehandlung ist hier durch inhaltliche Gründe (der eine ist – von Justizfehlern abstrahierend – ein Mörder, der andere nicht) vollkommen gerechtfertigt.

        Ob eine Ungleichbehandlung ungerechtfertigt ist, lässt sich eben erst durch analysieren der Sachlage klären. Liegen rechtmäßige inhaltliche Gründe vor, kann eine Ungleichbehandlung auch rechtmäßig sein.

      • Andreas D. Says:

        Alfons: „Sie werden eben nicht gleich behandelt. Der eine wandert in den Knast, der andere wird freigesprochen. Dies ist eine offensichtliche Ungleichbehandlung. Die Ungleichbehandlung ist hier durch inhaltliche Gründe (der eine ist – von Justizfehlern abstrahierend – ein Mörder, der andere nicht) vollkommen gerechtfertigt.“

        Bitte lesen Sie meine Beiträge sorgfältiger. Ich sprach von der gleichen Straftat. Um beim Beispiel zu bleiben: Beide sind Mörder.

        Und Justizfehler sind verständlich (die Beteiligten sind Menschen), aber nicht gerechtfertigt. Werden Justizfehler erkannt, werden sie korrigiert.

      • Alfons Says:

        Bitte lesen Sie meine Beiträge sorgfältiger. Ich sprach von der gleichen Straftat. Um beim Beispiel zu bleiben: Beide sind Mörder.

        In der Tat, da habe ich nicht sorgfältig gelesen. IN diesem Fall liegt auch kein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung vor, sie werden also gleich behandelt.

  6. Andreas D. Says:

    Sie argumentieren, dass Gleichbehandlung nur in Fällen sachlicher Gleichheit bestünde. Um nun beim Thema zu bleiben, frage ich Sie: Ist es dann in Ihren Augen gerechtfertigt, den Christen weiterhin gesetzliche Feiertage zuzugestehen, den Muslimen aber nicht, weil Weihnachten und Ramadan sachlich und inhaltlich zwei völlig verschiedene Dinge sind? Wenn Sie das so sehen, wie begründen Sie dann den gesetzlichen Feiertag am 1. Mai? Der 1. Mai unterscheidet sich grundlegend von zum Beispiel Ostern. Pfingsten und der Tag der deutschen Einheit lassen sich auf einer sachlichen Ebene auch nicht vergleichen. Trotzdem sind beides gesetzliche Feiertage.

  7. Alfons Says:

    Für mich gibt es keinen sachlichen Grund für die Aufrechterhaltung der Feiertage (juristisch wird das möglicherweise anders aussehen). Die fehlende Schlüssigkeit eines Arguments beweist ja auch nicht das die Schlussfolgerung falsch ist. Ich habe ja auch geschrieben, dass meiner Meinung nach das FAZ-Zitat Unsinn ist, zwar nicht aus grundsätzlichen Gründen aber bezogen auf den Fall, denn dort ist die inhaltlich gut begründete Unterschiedlichhkeit einfach nicht vorhanden.

  8. Areopagitos Says:

    Es geht hier einzig nur um eine Sache: Um die kulturelle Identität eines Volkes, das sich zu einer staatlichen Gemeinschaft zusammengefunden hat.

    Für das Zusammenleben eines Volkes und Gemeinschaften insgesamt sind Traditionen und ihre Pflege unumgänglich. Wird sie vernachlässigt, verliert das gemeinsame kulturelle Band an Bedeutung und hört irgendwann ganz auf zu existieren. Dann besteht aber auch kein Anlaß um weiter Teil dieser Gemeinschaft zu sein. Reine materialistische bzw. ökonomische Gründe sind unzureichende Garanten für eine Nation.

    Deshalb sind Feiertage einer nationalen Gemeinschaft ebenso schützenswert, wie z.B. die soziale Ordnung der Familie als kleinste Zelle der Nation.

    • Andreas D. Says:

      Also meine Familie ist jedenfalls keine nationale Zelle. Ihre vielleicht, aber das ist Ihre Sache.

      • Areopagitos Says:

        Die Familie als kleinste Einheit der Gesellschaft! Sie wissen ganz genau, was ich damit meine! Machen sie das bitte nicht verächtlich, schließlich gehen die Abschaffung der Familie und die wachsende Abschaffung des Staates in der Globalisierung Hand in Hand. Was eine unglaublich menschenfeindliche und bisher nur in sozialistischen Staaten vorhandene Entwurzelung zur Folge hat!

      • Andreas D. Says:

        Ich weiß sehr genau, was Sie damit meinen. Und es steht Ihnen frei, das zu meinen. Sie können gerne sich und Ihrer Familie in einem kollektivistischen (nationalen) Rahmen eine übergeordnete Bedeutung beimessen, wenn Sie sich damit besser fühlen.

        Meine Familie ist aber eine private Angelegenheit, die den Staat nichts angeht. Sie ist weder eine Zelle noch eine Einheit von irgendwas. Sie ist weder für die Nation da, noch für den Staat oder die Gesellschaft – sondern ausschließlich für sich selbst.

        Und die „wachsende Abschaffung des Staates“ soll Ihrer Ansicht nach eine „bisher nur in sozialistischen Staaten vorhandene Entwurzelung“ zur Folge haben. So so. Hat Ihnen schon mal jemand erzählt, dass in sozialistischen Ländern der Staat nicht nur nicht abgeschafft wird, sondern – ganz im Gegenteil – in einem erdrückenden Übermaß vorhanden ist?

      • Andreas D. Says:

        Ich meine, wenn der starke Staat angeblich zu „Entwurzelung“ führt, wie lässt sich vom Gegenteil die selbe Schlussfolgerung ableiten?

        Fürchten Sie nun den starken (z.B. sozialistischen) Staat oder den liberalen schlanken Staat?

      • Areopagitos Says:

        @Andreas D.
        Das war nicht als Kollektivismus gemeint. Ich wollte bloß klar rational (zu kalt?) auf eine doch so offensichtliche Tatsache der konzentrischen Kreise (Hegel) verweisen.
        Die Errichtung eines festen, unerschütterlichen Heims, in dem Friede und Liebe herrschen ist die höchste Leistung des Menschen, die Quelle seines tiefsten und bleibenden Glücks. Wenn ein Mensch in Geschäften, in der Politik oder anderen Unternehmungen versagt, aber das Reich seines Heims unversehrt erhält, in dem die Bande des Mitgefühls und Verstehens nicht zerissen sind, wird sein Versagen durch einen glücklichen Sieg gemildert. Der Staat ist in der Verantwortung, dass die Gemeinschaft als Volk ihm die HILFE zukommen lässt, dieses Heim zu errichten und das ist jetzt nicht sozialstaatlich gemeint! Es geht um die gesetzlichen und rechtlichen Schutzmechanismen, die dem Einzelnen Hilfe zur Selbsthilfe leisten und gegenläufige Trends des Zeitgeistes (d.h. bestimmte Lobbys) entgegenwirkt.

        Zur meiner staatsrechtlichen Gesinnung:
        Ich halte in unser Zeit, in der wir von einem eigentlich verfassungliberalen Staat mit teilweise ziemlich starken kulturmarxistischen Agenda regiert werden, ihre Einteilung in alternativlose Modelle des kollektivistischen Sozi-Staates auf der einen und einem radikalliberalistischen „Individuenstaat“ (teilweise in US) für unpassend. Wir sind ein Volk mit einer langen und traditionsreichen eigenen Linie in der Staatstheorie und können deshalb, wenn wir den endlich wieder an unsere Identität anknüpfen würden eigene Modelle zu theoretisieren, die unter Umständen unsere beiderseitige Befriedigung zum Ergebnis haben.

        Das mit den Sozialismus war so gemeint, das mit dem soz. Internationalismus auch ein staatliches Gebilde besaß, das sich in einem fast satanischen, weil niemals je vorher dagewesen Maße über jegliche ethnokulturelle Grenze hinwegsetzte und dem Menschen schlußendlich durch allgemeine Entgrenzung entwertete. Im Wahne des „Neuen Menschen“ wurden die Völker, die Stämme, die Familien, die traditionellen Institutionen diffamiert, verfolgt und für aufgelöst erklärt. Der Weg war frei für die Parteierziehung und Rotlichtbestrahlung von der Kindergarten-Wiege an bis zur Bahre. Alles mit den bekannten bolschewistischen Folgen.

        Sie haben ganz recht, der Mensch muss vorm Staat geschützt werden. Aber angesichts solcher Phänomene wie der Globalisierungen, die nun auch mit Tempo die Vermassung und damit die Entwertung des Menschen vorantreibt, muss er auch als Instrument dienen, diese Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Dann dient der auch dem Menschen, als Einzelnen.

    • arprin Says:

      Es geht hier einzig nur um eine Sache: Um die kulturelle Identität eines Volkes, das sich zu einer staatlichen Gemeinschaft zusammengefunden hat.

      Es ist nicht die Aufgabe des Staates, die kulturelle Identität des Volkes zu schützen.

      • Areopagitos Says:

        Ich denke schon, dass der Staat, als die Kulturnation, die er ist, seine Voraussetzungen in der Existenz halten sollte.

      • Olaf Says:

        Natürlich ist es die Aufgabe des Staates und der Politik die Kultur des Volkes zu bewahren.
        Unsere Politiker sind zwar Verräter, aber normalerweise läuft das so.

      • Areopagitos Says:

        Olaf besitzt da meine Zustimmung. Kultur in Form von Sittengesetz, Presse, Kunst und Wissenschaft, Sprache, Forschung und Lehre, Ehe und Familie, Schulwesen, Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel etc.pp. bilden zusammen die Identität eines Volkes. Sie sind das „Material“ mit dem der Staat erst arbeitet (oder es unterlässt).
        Nur weil das heute anders ist, bzw. heute eine komische Kaste an Politikern es lieber ist auf mehr Parlamentarismus zu zuarbeiten bis hin zu immer mehr Zuständigkeitsverlagerung nach Brüssel etc. und damit das „normalerweise“(Olaf) nicht mehr gegeben ist, macht es nicht zu einem richtigen Weg. Alles in allem bleibe ich überzeugter Demokrat (als Gläubiger der „wahren Demokratie“, die die Massendemokratie verwirft) und „in Einzelnem ereignet sich Volk“.

  9. Andreas D. Says:

    Areopagitos sagt:

    „Der Staat ist in der Verantwortung, dass die Gemeinschaft als Volk ihm die HILFE zukommen lässt, dieses Heim zu errichten und das ist jetzt nicht sozialstaatlich gemeint!“

    Wenn die Hilfe in der Form besteht, dass der Staat mir für dieses private Vorhaben keine Steine in den Weg legt und mir die dafür nötige Freiheit lässt, dann könnten wir uns annähern.

    „Wir sind ein Volk mit einer langen und traditionsreichen eigenen Linie in der Staatstheorie und können deshalb, wenn wir den endlich wieder an unsere Identität anknüpfen würden eigene Modelle zu theoretisieren, die unter Umständen unsere beiderseitige Befriedigung zum Ergebnis haben.“

    Das erinnert ein wenig an Zhuangzis Brunnenfrosch. Es gibt viele traditionsreiche Linien. Sich in der deutschen Philosophie einzuigeln, würde bedeutet, die philosophischen Schätze der restlichen Welt zu ignorieren.

    „Das mit den Sozialismus war so gemeint, das mit dem soz. Internationalismus auch ein staatliches Gebilde besaß, das sich in einem fast satanischen, weil niemals je vorher dagewesen Maße über jegliche ethnokulturelle Grenze hinwegsetzte und dem Menschen schlußendlich durch allgemeine Entgrenzung entwertete.“

    „Aber angesichts solcher Phänomene wie der Globalisierungen, die nun auch mit Tempo die Vermassung und damit die Entwertung des Menschen vorantreibt (…)“

    Vom Sozialismus jetzt mal abgesehen (ich habe ihn als Kind in der DDR noch kennenlernen dürfen)… Die „allgemeine Entgrenzung“ und „Entwertung des Menschen“ ist in Ihren Augen also Folge der Überwindung „ethnokultureller Grenzen“ wahlweise durch Sozialismus und Globalisierung.

    Darf ich die „Entwertung des Menschen“ jetzt persönlich nehmen, wenn die Überwindung kultureller Grenzen im Zuge der Globalisierung meine Familie ermöglicht? „Keimzelle“ welcher Nation ist eine solche Familie, deren Mitglieder sich in zwei Kulturen zu Hause fühlen? Erfasst das Denkmodell der konzentrischen Kreise noch die Tatsachen des 21. Jahrhunderts?

    • Andreas D. Says:

      Die ausbleibende Antwort ist auch eine Antwort.

      Wer ein geübter Eisläufer ist, weiß die Stellen dünnen Eises geschickt zu umlaufen. Eine ehrliche Reaktion auf meinen letzten Absatz – ehrlich im Sinne der von Areopagitos hier dargelegten Ideologie der sogenannten identitären Bewegung (so ja auch sein Avatar-Symbol) – wäre gleichbedeutend mit einem Einbruch ins eiskalte Wasser. Man müsste ja zugeben, dass binationale Partnerschaften ein Werk des Teufels sind.

      Der neurechte Ethnopluralismus steht für die Aufrechterhaltung ethnisch-kultureller Grenzen, geschützt durch den starken Nationalstaat. Was hier als Bewahrung der Identität ethnisch und kulturell definierter Kollektive (Volksgemeinschaften) verkauft wird, erinnert nicht nur vage an die alten Konzepte Rassismus und Nationalismus. Aber das will man freilich nicht zugeben.

      • Areopagitos Says:

        Zu deinem ersten Punkt: Ja, er der Staat sollte dir meiner Meinung nach dabei helfen. Aber ohne Regeln geht es nicht. Jedes konkrete Zusammenleben von Menschen benötigt strikte Regeln. Diese Regeln wiederum variieren von Staat zu Staat und können mitunter sehr unterschiedlich sein. Konkret sind sie auf eine bestimmbare besondere rechtliche Traditionslinie zurückzuführen.

        Sie können gerne tun und lassen, was sie wollen. Ich will sie darin nicht behindern. Ich finde das Konzept des Ethnopluralismus in dem Sinne aber so überzeugend (und raten sie mal, ich habe darüber Bücher gelesen und nicht linksgeartet Wikipediaeinträge konsumiert), dass es unabhängig von ihren oder meinen Entscheidungen die Identität der Regionen, dann der Nationen und dann der Kontinente erstmal behauptet (in unserer Zeit des Kulturmarxismus und der Alt-68er schon mal eine Leistung) und sie auch für erhaltenswert postuliert. Das finde ich auch. Für mich besteht der Reichtum der Welt in der Existenz der tausend und abertausenden Kulturen und Völker. Die eigene Identität zu finden und zu leben, also „am angeborenen Platz“(Schiller) zu sein, das macht sehr glücklich. Es ist ja auch ein ständiger Kampf um Identität. Was das alles sehr Dynamisch und aufregend macht.

        Es ist ihnen frei gestellt so zu leben. Wenn sie es nicht tun, ist das ihr Recht. Sie müssen aber anderen zugestehen es eben zu tun. Und da sind wir am Problem angelangt, dass das für bestimmte Völkerschaften nicht mehr wirklich möglich ist. Beispielsweise wächst in der Bundesrepublik der Anteil an orientalischen (meistens islamischen) Einwanderungsgruppen rapide. Während das autochthone Volk der Deutschen immer mehr schwindet (Vergreisung, Demographische Entwicklung etc). Das Benennen von Ideengebäuden, die eine solche Entwicklung fördern, zum Beispiel die alltägliche Realität der „Multikulturellen Gesellschaft“ ist mir ein Anliegen, da man dadurch auch auf die damit verbundenen wirtschaftlichen, kulturpolitischen, medienpolitischen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen schließen kann.

        Ihr angedeutetes Argument des „Nicht-mehr-den-Tatsachen“ entsprechend und deswegen nicht richtig, lehne ich ab. Erstens weil ich das nur für einen vorschnellen Eindruck von der kulturellen Gesamtlage halte und zweitens, weilaktuelle gesellschaftliche Trends für einen Beweis für oder gegen eine Idee taugen. Trends können nunmal radikal ins Gegenteil umschlagen.

      • Andreas D. Says:

        Jeder philosophische Ansatz, der nicht das menschliche Individuum, sondern ein Kollektiv (Klasse, Rasse, Nation, Ethnie, Volksgemeinschaft, Religionsgemeinschaft, Geschlecht etc.) als Dreh- und Angelpunkt betrachtet, führt in der praktischen Umsetzung immer dazu, individuelle Interessen, Bedürfnisse und Freiheiten zu ignorieren bzw. zu beschneiden.

        Kein kollektivistisches Konzept (und da unterscheiden sie sich nur noch im Vorzeichen) kann die individuellen Bedürfnisse aller Menschen einer nichthomogenen Gesellschaft erfassen. Und eine homogene Gesellschaft ist in der Gegenwart nicht existent, wenn es sie denn jemals überhaupt gegeben hat.

        Einen solchen Zustand bewahren oder wieder herstellen zu wollen, gleicht dem sprichwörtlichen Kampf gegen Windmühlen. Und das Ansinnen ist letztlich nur zu realisieren, indem massive staatliche Gewalt jedes von der willkürlich definierten ethnisch-kulturellen Norm abweichende Individuum verbannt oder liquidiert.

        ‚Willkürlich‘ deshalb, weil sich die kulturellen und ethnischen Merkmale jeder Gesellschaft ständig im Fluss befinden. Die Identität, die Sie schützen wollen, ist, seit Menschen in Mitteleuropa leben, zu jedem beliebigen Zeitpunkt eine andere. Schon immer hat es durch Migration, Handel und kulturellen Austausch einen Identitäts- bzw. Identitätenwandel gegeben. Die Globalisierung der Gegenwart ist nur die Fortsetzung dessen, was es immer schon gegeben hat. Und heute ist jede Gesellschaft auf dem Globus heterogener und pluraler als jemals zuvor.

        Einen beliebigen Zeitpunkt der Geschichte herauszupicken und zu konservieren, hieße die betreffende Gesellschaft einzumauern und mit restriktiven staatlichen Maßnahmen vor fremden Einflüssen abzuschotten: Einschränkung der Reisefreiheit, der Informationsfreiheit, der Meinungsfreiheit usw. – In letzter Konsequenz führt Ihr Weltbild geradewegs in die Diktatur. Ihr ethnisch und kulturell reines Volk ist ein Volk von Gefängnisinsassen, deren Strafvollzug mit der Geburt beginnt, mit dem Tod endet und auf die Nachkommen vererbt wird.

        Und zur Familie sagen Sie: „Zu deinem ersten Punkt: Ja, er der Staat sollte dir meiner Meinung nach dabei helfen.“

        Ich meine hingegen: Nein. Und da nähern wir uns offenbar doch nicht an. Ich benötige keine Hilfe vom Staat, um meine privaten Dinge zu regeln. Wenn er mich nicht behindert, bin ich schon zufrieden.

        Sie meinen: „Aber ohne Regeln geht es nicht. Jedes konkrete Zusammenleben von Menschen benötigt strikte Regeln.“

        Und das ist das Problem des kollektivistischen Denkens, gleich ob es sich links oder rechts verortet. Es werden Regeln aufgestellt, die für „jedes konkrete Zusammenleben von Menschen“ gelten. Und das unabhängig davon, ob die konkreten Menschen diese Gängelung benötigen oder befürworten. Was für einige Menschen wichtig ist, muss für andere nicht ebenfalls wichtig sein.

        Wenn Sie persönlich für Ihre konkreten Lebenssituationen strikte Regeln vorgegeben haben möchten, dann mag das so sein. Es sagt aber auch sehr viel über Sie aus. Freiheit ist eben mit Eigenverantwortung verbunden, mit dem Bemühen, sein Leben selbst zu gestalten, ohne vom Staat an die Hand genommen zu werden. Wenn aber Einzelne mit Freiheit überfordert sind, kann man nicht schlussfolgern, dass Alle an die Hand genommen werden müssen.

        Wenn Sie nach staatlicher Hilfe und klaren Regeln sämtlicher Lebensbereiche rufen, offenbaren Sie damit nur eine bemitleidenswerte Charakterschwäche, die man mit ein wenig mehr Arsch in der Hose aber durchaus überwinden kann.

      • Andreas D. Says:

        Ach ja, eins noch. Sie meinen: „Ich finde das Konzept des Ethnopluralismus in dem Sinne aber so überzeugend (und raten sie mal, ich habe darüber Bücher gelesen und nicht linksgeartet Wikipediaeinträge konsumiert), (…)“

        Ich habe auch viele Bücher gelesen. Ich habe sogar an einer echten Universität studiert! Für Angelegenheiten geringer Relevanz genügt es aber durchaus, die Wikipedia zu konsultieren. In Anbetracht dessen habe ich jetzt auch genug mit Ihnen korrespondiert.

      • Areopagitos Says:

        Ich entschuldige mich, wenn ich beleidigend auf sie gewirkt haben sollte. Wenn ja, dann war das keine Absicht.
        Also erstmal: Finde ich Lehre vom Multikulturalismus lächerlich, ich bitte sie, Multikulti ist doch kein Naturgesetz.

        Ihr ausführlich als Gegensatz zu meinem dargestellten Menschenbild besitzt einen grundlegenden Fehler:
        Sie übersehen, dass ihre individualistische Emanzipation von heute ein privatisierter politischer Begriff ist, so wie alle prägnanten Begriffe des modernen Individualismus privatitisierte politische Begriffe sind. Das gilt für Freiheit, für Recht, für Bewußtsein, sie gilt vor allem für Identität. Die Privatisierung der Begriffe, die sie bereitwillig übernehmen, entzieht ihnen ihre politische Brisanz. Und sie sind der lebendige Beweis: Die politischen Voraussetzungen für die Existenz des Einzelnen können sowohl historisch von der Gesellschaft wie individuell vom Einzelnen vergessen, übersehen oder vernachlässigt werden. Dies ändert aber nichts daran, dass jedes wirkliche, jedes identifizierbare Ich ,ein konkretes Wir voraussetzt. Die unausweichliche Objektivität des Befundes begründet erst Identität. Aber wie jeder theoretisch unausweichliche oder notwendige Befund kann auch dieser vom Einzelnen wie von ganzen Gesellschaften verfehlt werden, er kann vergessen, übersehen, vernachlässigt, geleugnet werden. Diese Verfehlbarkeit macht Identität macht Identität erst dynamisch (und nicht ihre verquastetes-naives „heute die und morgen der“). Es ist wirklich als ein Kampf um Identität (sowie auch von Iherings berümte Prägung Recht als „Kampf um Recht“, Freiheit als „Kampf um Freiheit“ oder auch Glauben als „Kampf um Glauben“) Das Heroisch-Romantische,das im Ausdruck des Kampfes mitschwingen kann, darf uns nicht irritieren. Es ist ein Kampf (den sie offenbar schon längst aufgegeben haben). Gerade heute ist es wichtig, die Strenge und Ernsthaftigkeit des Kampfes um Identität, um Freiheit, um Recht oder um Glauben in einer Zeit zu betonen, in der Glauben, Freiheit und Recht nur als Diskurs über Glauben, Freiheit und Recht erscheinen und zugelassen werden. Wir erhalten so einen diskursiven Brei von Herrschaftsfreiheit, demgegenüber Schärfe und Strenge des Begriffes Identität nur im Herausstellen von deren politischer Substanz geltend gemacht werden kann. (Ihre politischen Horrorszenarien sind seltsamer Unfug, aber mit einer wahren Komponente mehr dazu unten)

        Jede neuzeitliche Erkenntnis geht vom Ich aus, im Ich ereignet sich so Denken, wie Glauben, wie Bewußtsein, wie Freiheit. Bewußtsein ist als Selbstbewußtsein wirklich. Aber ebenso wie wir in der Alltagserfahrung dem „krassen Egoisten“ diesen seinen Egoismus mit Recht vorwerfen und ihm bedeuten, man müsse auch an andere denken, ebenso geht es im Denken darum, nicht bei dem unvermeidlichen Ausgang vom Ich stehenzubleiben, was Sie tun, sondern von bloßer Reflexion zur Objektivität im Sinne dessen vorzudringen, was das Ich begründet, das vorausgesetzte „Wir“ im „Ich“ zu erkennen. Wirkliches Erkennen ist politisches Erkennen, ist konkretes Erkennen, also unterscheidendes Erkennen. Will das Denken an der Wirklichkeit bleiben, so muss es politisch werden, muss das Wir als Wirkliches einholen. Der Einzelne, so wie Sie es tun, hat immer die Möglichkeit, sein Wir als das abstrakteste zu reflektieren, oder es ganz zu vergessen, das heißt, wie sie es tun, auf „Menschheit“ oder auch bloß auf sich selbst zu beziehen. Aber wer Menschheit sagt, will betrügen, will desertieren, kündigt Wirklichkeiten auf, der Zusammenhang von Menschenrechten und Revolutionen macht dies deutlich! Aufgekündigte Wirklichkeit muss dann mindestens neu begründet werden, und auch hier ist individuelles Verhalten im Kern politisch. Menschheit ist keine unmittelbare Erfahrung: Schon Rousseau sagte : „Hütet euch vor den Kosmopoliten, die vorgeben die Menschheit zu lieben, um aus der Pflicht konkreter Solidarität zu desertieren.“

        Die Erfahrung des konkreten Wir ist historisch modifiziert. Die Reflexionsentwicklung des neuzeitlichen, sich durch Freiheit bestimmenden Individuums entspricht die politische Entwicklung der Idee der Nation. Identität also als politische nationale Identität. Die Nation ist, wie alles politisch Konkrete, objektiv identifizierbardurch ihre politische Lage, die von globalen Mächtekonstellationen ebenso bestimmt wird wie von ihrer eigenen kokreten Geschichte. Die Deutschen objektiv identifiziert durch ihre Geschichte in all ihren Dimensionen und durch ihre Lage in der Konstellation der politischen Mächte. Unsere Identität ist objektiv die der Deutschen als Deutsche. Man kann natürlich nachdenken, was dies Deutsche für den Deutschen ist, aber das ist eine andere Geschichte, für die hier kein Platz ist. Von Tacitus über Walther von der Vogelweide und Machiavelli bis André Siegfried und Arnold Gehlen ist da manches über das deutsche Wesen zusammengetragen.

        Ihr Schreckgespinst, das sie da an die Wand malen, ist für mich derartig unlogisch-NS-auspackend, das es geradezu hysterisch wirkt. Ich halte diese Hysterie für ein weiteres Zeichen von Leuten, die das Scheitern des Multikulturalismus und das Anziehen der verleugnende Propaganda täglich miterleben und sich in ihrer Panik, wie es denn sein kann, dass die fremdländischen Besucher, meistens nicht den Hauch eines Anzeichens machen, ihre eigene ethnokulturelle Identität zu Gunsten des Propagierten liberalen-kulturrelativistischen „Mischmasch“ aufzugeben. Doch die Option eines bösen Endes steht tatsächlich offen:

        Sollte der von der europäischen Politik der Selbstabschaffung herbeigeführte strukturelle, wirtschaftliche und demographische Kollaps der Nationalstaaten in absehbarer Zeit tatsächlich erfolgen, dann werden die Linken und Liberalen haargenu das ernsten, was sie durch systematische Verleugnung der Realität bekämpfen wollten: Der fahrlässig angemischte multikulturelle Kochtopf wird in einem Exzeß von multiplem Rassenhaß explodieren, Gruppenegoismen und das Gesetz des Stärkeren werden anstelle der sozialen Solidarität treten. Der Pendelrückschlag könnte so entsetzlich werden, daß auch die Rechten und Konservativen dieser Entwicklung nur mehr mit Furcht und Zittern entgegensähen. Das könnte passieren.

      • arprin Says:

        Sie haben zwar nicht mich angesprochen, aber ich antworte Ihnen einfach mal trotzdem.

        Also erstmal: Finde ich Lehre vom Multikulturalismus lächerlich, ich bitte sie, Multikulti ist doch kein Naturgesetz.

        Ich finde die Lehre vom Multikulturalismus auch lächerlich. Aber nicht weniger lächerlich finde ich ihren Kulturalismus.

        Dies ändert aber nichts daran, dass jedes wirkliche, jedes identifizierbare Ich ,ein konkretes Wir voraussetzt.

        Sie setzen ihr kollektivistisches Denken voraus, um das Individuum zu beschreiben. Versuchen Sie doch mal, den Einzelnen getrennt vom „Wir“ wahrzunehmen. Ein „Ich“ setzt kein „Wir“ voraus. Ich fühle mich zwar als Liberaler, als Deutscher, als Atheist, als Bayern-Fan usw., aber ich weiß auch, dass nicht alle Liberalen Deutsche, nicht alle Deutschen Atheisten und nicht alle Bayern-Fans liberal sind. Und ich würde niemals auf die Idee kommen, meine Identität anderen aufzuzwingen, so wie Sie es wollen.

        Die unausweichliche Objektivität des Befundes begründet erst Identität. Aber wie jeder theoretisch unausweichliche oder notwendige Befund kann auch dieser vom Einzelnen wie von ganzen Gesellschaften verfehlt werden, er kann vergessen, übersehen, vernachlässigt, geleugnet werden. Diese Verfehlbarkeit macht Identität macht Identität erst dynamisch (und nicht ihre verquastetes-naives “heute die und morgen der”).

        Sie haben einerseits recht: Identität ist dynamisch. Die Deutschen waren vor 500 Jahren anders als heute und werden in 500 Jahren sicher auch anders sein als heute. Aber der Grund für diese Identitätswandel ist doch nicht das Leugnen oder Vergessen der Identität, sondern einfach die Tatsache, dass die Menschen, die Teil einer Identität sind, sich während der Zeit ändern – ohne dabei zwangsläufig ihre Identität zu leugnen oder vergessen.

        Die Nation ist, wie alles politisch Konkrete, objektiv identifizierbardurch ihre politische Lage, die von globalen Mächtekonstellationen ebenso bestimmt wird wie von ihrer eigenen kokreten Geschichte. Identität also als politische nationale Identität. Die Nation ist, wie alles politisch Konkrete, objektiv identifizierbardurch ihre politische Lage, die von globalen Mächtekonstellationen ebenso bestimmt wird wie von ihrer eigenen kokreten Geschichte. Die Deutschen objektiv identifiziert durch ihre Geschichte in all ihren Dimensionen und durch ihre Lage in der Konstellation der politischen Mächte.

        Es existiert ein Land namens Deutschland, in der die meisten Menschen Deutsch sprechen. Niemand bestreitet das. Aber nicht alle Deutschen teilen dieselben Werte. Es gibt liberale deutsche, sozialdemokratische Deutsche, sozialistische deutsche, nationalistische Deutsche, katholische Deutsche, protestantische Deutsche, jüdische Deutsche, atheistische Deutsche … Der Liberalismus tritt dafür ein, dass alle frei nach ihren Facons leben können, ohne sie anderen aufzuzwingen. Also ohne Tanz- oder Blasphemieverbot.

        Ihr Schreckgespinst, das sie da an die Wand malen, ist für mich derartig unlogisch-NS-auspackend, das es geradezu hysterisch wirkt. Ich halte diese Hysterie für ein weiteres Zeichen von Leuten, die das Scheitern des Multikulturalismus und das Anziehen der verleugnende Propaganda täglich miterleben und sich in ihrer Panik, wie es denn sein kann, dass die fremdländischen Besucher, meistens nicht den Hauch eines Anzeichens machen, ihre eigene ethnokulturelle Identität zu Gunsten des Propagierten liberalen-kulturrelativistischen “Mischmasch” aufzugeben.

        Sie fordern, dass wir unsere liberalen Werte aufgeben, um anti-liberale Ideologien aufzuhalten. Ich will, dass wir unsere liberalen Werte verteidigen.

        Der fahrlässig angemischte multikulturelle Kochtopf wird in einem Exzeß von multiplem Rassenhaß explodieren, Gruppenegoismen und das Gesetz des Stärkeren werden anstelle der sozialen Solidarität treten. Der Pendelrückschlag könnte so entsetzlich werden, daß auch die Rechten und Konservativen dieser Entwicklung nur mehr mit Furcht und Zittern entgegensähen. Das könnte passieren.

        Das ist das, was die Islamisten und die Identitäten herbeiführen wollen.

      • Areopagitos Says:

        Wenn sie tatsächlich auf der Uni nur Unbrauchbares lernen, was sie dazu verleitet Wikipedia zu benutzen, muss ich mir das ja nochmal überlegen nach dem Abi zu studieren…

      • Alfons Says:

        @arprin

        Ich finde die Lehre vom Multikulturalismus auch lächerlich.

        Aber was ist der praktische Unterschied zum hier propagierten Liberalismus. Die grundsätzliche Konsequent des Multikulturalismus ist, dass niemand zur Assimilation gezwungen werden soll. Das Familie Privatsache ist und der Staat hierbei keine Steine in den Weg legen sol, hat doch genau dasselbe als Konsequenz. Philosophisch mögen sie zwar weit auseinanderliegen, die praktischen Auswirkungen sind dann aber doch ähnlich.
        Dass die „Familie“ reine Privatsache ist, mag ja solange stimmen, wie an der Familie erwachsene Menschen freiwillig teilnehmen (und Dritten keinen Schaden zufügen).
        Wenn aber zum Beispiel Kinder ins Spiel kommen, sieht die Sache anders aus. Wer trägt die grundsätzliche Verantwortung durch die Kinder und wie darf man sie erziehen? Die Antwort auf diese Fragen ist auch hauptsächlich kulturell bedingt, mir fällt aber niemand anders als der Staat ein, der auf legitime Weise versuchen kann, dies sicherzustellen.

      • Andreas D. Says:

        Wenn Multikulturalität politisch angestrebt und gefördert wird, dann ist das prinzipiell die gleiche Bevormundung und der gleiche Gestaltungswahn wie die versuchte staatliche Einhegung einer Monokultur. Der Grad an Heterogenität einer Gesellschaft kann nicht staatlich gesteuert werden. Er ergibt sich von selbst, wenn Menschen individuelle Entscheidungen über ihr jeweils eigenes Leben treffen, also ein-/auswandern, binational heiraten, religiös konvertieren, Kulturgüter im-/exportieren, Wertvorstellungen ändern usw. usf.. Jeder Grad an Heterogenität in einer liberalen Gesellschaft ist legitim, solange er Ergebnis frei gewählter Lebensentwürfe freier Menschen ist.

  10. Olaf Says:

    Andreas D., laufen sie nächtens doch mal durch Kirchweyhe, vielleicht treffen sie eine Gruppe Individuen.

    • arprin Says:

      Ach Olaf, was willst du denn damit wieder sagen? Denkst du, dass die, die den „Schutz der kulturellen Identität des Volkes“ durch den Staat ablehnen und stattdessen für die Freiheit des Individuums plädieren, eine Mitschuld für Taten wie die in Kirchweyhe tragen?

      • Areopagitos Says:

        Nein, er zeigt auf, wie toll doch diese deutschen Individuen sind, die im Bus hocken bleiben, während einer der ihren vor der Bustür von einer Gruppe Türken totgeschlagen wird.

      • arprin Says:

        Nein, er zeigt auf, wie toll doch diese deutschen Individuen sind die im Bus hocken bleiben während einer der ihren vor der Bustür von einer Gruppe Türken totgeschlagen wird.

        Also glauben Sie, dass Liberale dafür plädieren, Gewalt von Migranten zu tolerieren? Das war ja meine Frage an Olaf.

        einer der ihren

        Och nö, ich würde auch versuchen, Nicht-Deutschen zu helfen, wenn Sie zusammengeschlagen werden, auch wenn Sie nicht dieselben Gene haben wie ich. Zivilcourage ist für mich unabhängig von der Ethnie. 😀

      • Andreas D. Says:

        Arprin, das ist generell kein politisches Problem, sondern ein psychologisches. Aber es ist prinzipiell lösbar:

        —————– Zitat ———————-

        „Eines scheint gewiss, und das klingt paradox: Wenn sich jemand in Not befindet, unfallbedingt oder als Opfer einer Straftat, verringert sich seine Chance, Hilfe zu erhalten, mit der Zahl der anwesenden Zeugen. […] Eine genauere Analyse der paradoxen Situation offenbart ein vielstelliges Selbstblockierungssyndrom:

        (1) Es herrscht zwischen den Zeugen eine verbale und nonverbale Schweigekommunikation. Nicht nur, dass die untereinander Fremden nicht miteinander reden, man sieht auch aneinander vorbei und macht sich für Blickkontakte unzugänglich. Das Symbol des Affen-Fatalismus wird in diesem Zusammenhang gern zitiert: Das Bild der nichts hörenden, nichts sehenden, nichts sagenden drei Affen. Es steht für die Einbunkerung eines jeden einzelnen in seine eigene Angst, Phantasiearmut und Hilflosigkeit – und für die Blockierung eines möglichen hilfreichen Kollektivs unter den anwesenden Zeugen.

        (2) Es herrscht eine pluralistische Ignoranz vor, eine „Zuschauergleichgültigkeit“: da keiner eingreift, werden die Anwesenden sich gegenseitig zum Vorbild für passives Verhalten. Dadurch, dass niemand reagiert, verharmlost sich überdies für die Bystander der Notfall: „Es wird schon nicht so schlimm sein, wenn keiner der anderen etwas tut.“

        (3) Eine Diffusion von Verantwortung findet statt, das heißt: das Abschieben von Verantwortung auf andere. „Warum sollte ausgerechnet ich aktiv werden und mich exponieren, warum nicht mein Nachbar?“

        (4) Bewertungsangst: Die Anwesenheit der anderen Zuschauer löst Beklommenheit aus, da sie Beobachter einer potentiellen Intervention wären. Die Angst, vor den Augen anderer etwas falsch zu machen, zu versagen, lähmt den einzelnen, überhaupt etwas zu tun.“

        —————– Zitat Ende ——————

        Quelle: Hansen, Klaus (2004): Zivilcourage als riskante Sozialkompetenz. In: Gesellschaft-Wirtschaft-Politik. Sozialwissenschaften für politische Bildung. Heft 1, S. 9-20.

        Aktives Handeln, um das Opfer zu schützen, erfordert ein Training in Zivilcourage. Im Unterricht mache ich dazu Rollenspiele.

        Man muss um diese Blockade wissen, dann kann man sie auch gemeinsam überwinden: Befindet man sich in einer solchen Situation, muss man das Schweigen brechen und Kommunikation unter den Anwesenden herstellen, der Verharmlosung und Gleichgültigkeit mit eindeutiger Drastifizierung entgegenwirken und konkrete Verantwortungen festlegen.

  11. Andreas D. Says:

    Und bevor jetzt jemand das glorreiche Kollektiv rühmt. Der zitierte Autor hat dabei kein politisches Konzept im Sinn, sondern die schlichte Tatsache, dass einzelne Menschen freiwillig miteinander kooperieren, um gemeinsam ein bestimmtes Ziel zu erreichen – im konkreten Fall: um dem Opfer zu helfen. Die beschriebenen Hürden haben mit einer liberalen Gesinnung nichts zu tun; Angst zu haben ist menschlich. Und oft auch hilfreich.

  12. Deutschrusse Says:

    Ob jede menschliche Kooperation freiwillig (im vollen Sinne des Wortes) ist, weiß ich nicht. Ich halte es für zu einseitig und dahinter stecken wieder ideologische, also indivudalistische Sichtweisen. Natürlich verkehren Menschen aus Freiwilligkeit miteinander, aber es gibt auch zahlreiche schicksalsmäßige Faktoren des Seins. All diese Faktoren (eigener Wille und Schicksal im weitesten Sinne) machen dann den Charakter des Menschen. Sicher ist, egal welchen Charakter er auch hat, jeder Mensch braucht das Gefühl des „eingebettet seins“ um Lebensqualität entwickeln zu können. Auch Einzelgänger, die den Kontakt mit Menschen vermeiden, sehen sich im Kontext anderer Dinge. Vom Einsiedler, der die Pflanzen und Tiere als seinen Kosmos annimmt, bis hin zum Online-Gamer, der virtuell mit Phantasie-Charakteren verkehrt, ergibt sich da das gleiche Muster. – Und überall wo mehrere Faktoren aufeinandertreffen ergeben sich Abhängigkeiten! Diesen absoluten Individualismus gibt es nicht, denn der Mensch ist abhängig von seiner Umwelt, in jeglicher Hinsicht. Auch Dinge, die er für Freiwilligkeiten hält, können schon Abhängigkeiten sein.

    Insofern stellt sich mir die Frage gar nicht, ob man die Welt „kollektivistisch“ sehen kann oder nicht – sie ist es einfach, zweifellos. Menschen bilden erst Charakter durch kollektive Erfahrungen. Neugeborene verkümmern und sterben, wenn man ihnen keine soziale Aufmerksamkeit widmet, selbst wenn ihre Grundbedürfnisse gestillt werden. Auch du hast deine kollektiven Abhängigkeiten, genauso wie wir alle. Kollektives Denken ist evolutionär in unseren Gehirnen verankert. Es ist ein Hauch von Dekadenz in der Luft, wenn behauptet wird, man sei nicht grundsätzlich „Teil“ eines Kollektivs. Du hast, wie wir alle, laufend von unserer Kultur, Zivilisation und auch von unseren Traditionen profitiert. Ältere Generationen noch sehr viel mehr als wir. Jetzt willst du alles zur „Privatsache“ machen. Und ich verstehe auch die Intention dahinter. Es ist nicht viel, was uns am Ende unterscheidet. Für mich ist die „Privatsache“ aber nicht automatisch gut. Der Fahnenflüchtige macht auch seine „Privatsache“, wenn er seine Leute im Stich lässt. Der Mörder macht seine Privatsache, wenn er mordet. Der Feigling macht seine Privatsache, wenn er Hilfe unterlässt.

    Der Schläger macht seine Privatsache, wenn er dich zusammenschlägt.

    Auch im kulturellen Sinne machen alle ihre Privatsache. Es scheinen sich nur recht sonderbare Ähnlichkeiten in den verschiedenen kulturellen Zonen zu ergeben, sodaß sich die Privatsache des Thailänders auffällig mit denen des Letten unterscheidet. Übrigens ist denen da hinten dein Individualismus absolut fremd. Die wissen gar nicht, was du willst. Die zeigen dir den Vogel. In Deutschland hingegen redet man wie du schon seit einigen hundert Jahren, neu ist diese Art des Denkens nicht. Der Atheismus wie der Individualismus, alles Denkarten, mit denen Deutsche immer schon vertraut waren. Damals aber konnten die Freigeister immerhin noch Deutschland als ihr Vaterland, im Sinne von Heimat und grundsätzlich prägendes Gebilde durch Landschaft, Sitten und Menschen (Kollektiv), anerkennen, heute glauben sich die deutschen Freigeister im Schoß von Mutter Erde geborgen zu fühlen.

    Ich würde behaupten, daß diese Deutschen nicht etwa zu wenig deutsche und europäische Kultur genießen, sondern im Gegenteil, davon überfressen und übersoffen sind. Wenn man hohe Qualität erstmal zur Selbstverständlichkeit nimmt, dann beginnt sich Überheblichkeit breit zu machen.

    Abschließend: Es gibt in regelmäßigen Abständen immer wieder kollektive Massenereignisse. Sie können unterschiedlichster Natur sein. Vom Krieg bis zum Sport ist alles dabei. Auch die Tiefgründigkeit der Zusammenkunft kann stark unterscheiden (Harlemshake vs Debattierclub). Wie kann man es also abstreiten, daß der Mensch ein Wesen ist, das in Kollektiven aufgeht? Es gibt zahlreiche Kollektive nur des Kollektivs willen! Es gibt einige Naturen unter den Menschen, die das Erlebnis in der Masse geradezu orgasmisch finden. Es ist nicht abzustreiten, daß das Bedürfnis das Kollektiven in der Natur des Menschen verankert ist.

    Ist es nicht das Kollektiv, das jeden Individualismus überhaupt erst möglich macht? Ist es nicht das Kollektiv, das dir Freiräume und Freizeit schafft, das dir Arbeit abnimmt, dir Schutz bietet, dir in Problemen zur Seite steht, Arbeit gibt? Wenn du denkst, daß jeder Mensch, von dem du bisher profitiert hast, „reines Individuum“ aus feien Stücken war, dann verkennst du die unzähligen(!) Abhängigkeiten im zwischenmenschlichen Dasein. Das ist der einzige Grund, warum es kulturelle und zivilsatorische Räume gibt und nicht überall kulturelles Chaos herrscht. Menschliche erfahren durch das Kollektiv und geben ihre Erfahrungen an die Jüngeren weiter, es ist ein großes Ganzes.

    Wenn du mit einer Frau verheiratet bist, die aus einer anderen Kultur kommt, dann ist das kein Problem, warum auch? Schächtet sie denn Schweine auf dem Balkon? Oder zeigt mit ihrem Kopftuch, daß sie sich vor uns scheiß notgeilen Hechten und unseren korrumpierten satanischen Blicken schützen muss? Lässt sie ihren Müll auf den Straßen liegen so wie jetzt momentan in Duisburg? Hat sie schon rassistische Morde an Deutschen begangen? Hat sie 6 Söhne, von denen wiederrum alle 5 Söhne haben, die alle Dönerbuden und Gemüseläden besitzen und jeden zweiten Schein unter der Theke verschwinden lassen und in die Türkei zum Clan schicken? Ist sie Mutter einer Großfamilie mit über 2000 Mitgliedern, die eine Großstadt mit schwerster Kriminalität überziehen? Oder hat sie vielleicht einen langen Bart und verbreitet vor-mittelalterliche Sichtweisen des Islams? Erzieht sie Söhne, die nachts in Berlin alten Männern die Schädel eindreschen?

    Falls nicht, sehe ich da kein Problem. Bei den anderen aber schon. 😉

    • Andreas D. Says:

      Zunächst einmal möchte Sie bitten, mich nicht zu duzen. Ich gehöre nicht zu Ihren Freundeskreis und Sie nicht zu meinem.

      Sie scheinen grundsätzlich nicht verstanden zu haben, worum es dem Liberalismus geht, wenn er fordert, dass jeder Mensch für sein Leben selbst verantwortlich ist. Der Ruf: „Das ist meine private Angelegenheit!“ weist Einmischung und Bevormundung zurück. Mein Leben gehört mir und sonst niemandem.

      Die Bildung und Erziehung meiner Kinder ist im liberalen Idealfall meine Angelegenheit, ab einem gewissen Alter Angelegenheit der Kinder selbst. Das betrifft die Wahl des Bildungsweges (Schule oder nicht, und wenn ja, welche) und auch die Werteerziehung (im Rahmen welcher Religion und Weltanschauung auch immer). Das alles geht einen liberalen Staat solange nichts an, wie Eltern ihren Kindern keinen Schaden zufügen (z.B. Misshandlung, Beschneidung).

      Sie führen hier einige reichlich absurde Beispiele an, die Ihr Unwissen belegen: „Der Fahnenflüchtige macht auch seine “Privatsache”, wenn er seine Leute im Stich lässt. Der Mörder macht seine Privatsache, wenn er mordet. Der Feigling macht seine Privatsache, wenn er Hilfe unterlässt. Der Schläger macht seine Privatsache, wenn er dich zusammenschlägt.“

      Wenn ich weiß, dass ich frei bin, mein Leben selbst zu gestalten, umfasst das natürlich auch das Wissen um die Freiheit der anderen, die ihr Leben ebenfalls in Freiheit selbst gestalten wollen. Meine Freiheit endet dort, wo die der anderen beginnt. Deshalb darf man niemandem gegen seinen Willen Schaden zufügen oder ihn zu etwas zwingen. Deshalb ist jede Kooperation freiwillig.

      Zu Ihren Bespielen: Der Fahnenflüchtige handelt richtig, wenn er zum Waffendienst gezwungen wurde. Er handelt falsch, wenn er als Berufssoldat oder Söldner freien Willens einen Vertrag eingegangen ist und diesen bricht. Und wer einem Ertrinkenden nicht hilft, weil er selbst nicht schwimmen kann, ist kein Feigling, sondern er trifft eine vernünftige Entscheidung. Und wer sich einer Mehrheit von Gewalttätern nicht entgegenstellt, weil er nie Kämpfen gelernt hat, lässt es besser bleiben. Dem Opfer ist dann am besten gedient, wenn er die Polizei ruft.

      Selbstredend haben Sie Recht, wenn Sie sagen, wir alle seien soziale Wesen. Die sozialen Zusammenhänge, die für mich wichtig sind, bin aber selbst in der Lage zu erkennen.

      Sie behaupten: „sodaß sich die Privatsache des Thailänders auffällig mit denen des Letten unterscheidet. Übrigens ist denen da hinten dein Individualismus absolut fremd.“

      Wenn Sie mit „denen da hinten“ die Asiaten meinen, haben Sie Unrecht. Allein schon die Inder unterscheiden sich in ihren Werten grundsätzlich von den Chinesen. Und auch innerhalb dieser Länder findet man verschiedene philosophische Konzepte. Lesen Sie einfach mal Konfuzius (soziale und staatliche Ordnung) und vergleichend dazu Zhuangzi (Freiheit und spontane Selbstorganisation).

      Und wenn in Nordkorea dem Individuum und seinen Eigenheiten ein Wert beigemessen wird, der gegen Null geht, heißt das noch lange nicht, dass die Menschen dieses kollektivistische Zwangskorsett auch mögen. Pauschale Aussagen, die Differenzierungen vermeiden, sind ihrer Tendenz selbst schon kollektivistisch.

      Sie meinen: „Es ist nicht abzustreiten, daß das Bedürfnis das Kollektiven in der Natur des Menschen verankert ist.“

      Ich könnte dem entgegnen, dass nicht abzustreiten ist, dass das Bedürfnis nach Freiheit in der Natur des Menschen verankert ist. Und nun?

      Weiterhin: „Ist es nicht das Kollektiv, das jeden Individualismus überhaupt erst möglich macht?“

      Nein! Kollektive sind potenziell in der Lage, den Individualismus zu ersticken. Im Gegenteil sind es die einzelnen Menschen, die sich aus freien Stücken, zum beiderseitigen Vorteil zu Gemeinschaften zusammenfinden (Familie, Kooperation, Arbeitsteilung, Marktzusammenhänge, eine Religionsgemeinschaft, ein Staat).

      Henry David Thoreau: „Nie wird es einen freien und wirklich aufgeklärten Staat geben, solange sich der Staat nicht bequemt, das Individuum als größere und unabhängige Macht anzuerkennen, von welcher all seine Macht und Gewalt sich ableitet, und solange er den Einzelmenschen nicht entsprechend behandelt.“ (aus: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat, 1849)

      Das liberale Staatsverständnis entspricht nicht dem Anarchismus. Menschen gründen einen Staat mit der Funktion, ihnen ihre Freiheitsrechte zu garantieren.

      Ludwig von Mises: „Nach liberaler Auffassung besteht die Aufgabe des Staatsapparates einzig und allein darin, die Sicherheit des Lebens und der Gesundheit, der Freiheit und des Sondereigentums gegen gewaltsame Angriffe zu gewährleisten. Alles, was darüber hinausgeht, ist von Übel.“ (aus: Liberalismus, 1927)

      Und solange sich alle Menschen daran halten, ihr Leben zu gestalten, ohne anderen dabei zu schaden, spielt es keine Rolle, welche kulturelle Vielfalt sonst in der Gesellschaft herrscht oder in Folge individueller Entscheidungen entsteht.

      Wer von „kulturellem Chaos“ redet, sucht nach Halt an einer imaginären kulturellen Norm und verdeutlicht nur seine eigene Unsicherheit. Die Orientierung an einer Leitkultur sucht nur, wer das nötig hat und keine eigene persönliche Identität zu entwickeln in der Lage ist. Das ist eine persönliche Schwäche, die man aber überwinden kann.

      Wenn es heißt, jeder sei seines Glückes Schmied, dann meint das selbstverständlich auch, dass jeder seiner Identität Schmied ist. Von anderen Schmieden mag ich mich nicht bearbeiten lassen, auch wenn sie es noch so gut meinen. Kollektivismus ist eine menschenverachtende Anmaßung.

    • Andreas D. Says:

      PS: Allein schon Ihr gewähltes Pseudonym beweist diese Schwäche. Statt mit einem individuellen Namen identifizieren Sie sich mit einer Gruppe. Als Mensch treten Sie hier gar nicht in Erscheinung, sondern als Teil eines Kollektives. „Ich bin Seven of Nine, tertiäres Attribut von Unimatrix Zero“, sagte Annika Hanson.

  13. Alfons Says:

    Die Bildung und Erziehung meiner Kinder ist im liberalen Idealfall meine Angelegenheit, ab einem gewissen Alter Angelegenheit der Kinder selbst. Das betrifft die Wahl des Bildungsweges (Schule oder nicht, und wenn ja, welche) und auch die Werteerziehung (im Rahmen welcher Religion und Weltanschauung auch immer).

    Der Idealfall spielt keine Rolle, denn er ist sowieso eine reine Utopie. Auch meiner Meinung hat nach hat der Staat kein Recht ein Idealbild einer Familie festzulegen und durchzusetzen.
    Andererseits frage ich mich frage ich mich woher Sie die Legitimität nehmen über dieses Zwangsmitglied ihres Familienkollektivs nach Gutdünken zu verfügen. ihr Anspruch dies zu tun beruht auch auf nichts weiterem als einem Monate oder Jahre zurückliegenden biologischen Akt. Warum dieser eine so viel größere Bedeutung als das kulturell-ethisch geprägte Begriff des Kindeswohls haben soll, ist mir unklar.

    Das alles geht einen liberalen Staat solange nichts an, wie Eltern ihren Kindern keinen Schaden zufügen (z.B. Misshandlung, Beschneidung).

    Ein einmaliger medizinischer Eingriff ohne großes Risiko ist also ein Schaden für das Kind, wenn Eltern meinen, ihre Töchter bis zum Eintritt in das Erwachsenenalter aus religiösen Gründen im Haus einzusperren, so ist dies in Ordnung.
    Ich weiß nicht worauf Ihr Schadensbegriff hier fußt.

    Zu Ihren Bespielen: Der Fahnenflüchtige handelt richtig, wenn er zum Waffendienst gezwungen wurde. Er handelt falsch, wenn er als Berufssoldat oder Söldner freien Willens einen Vertrag eingegangen ist und diesen bricht.

    Wenn Sie das Verhalten hier an dieser Stelle auf das Prinzip der Vertragsfreiheit zurückführen, stellen sie implizit fest das durch Verträge Menschrechte (hier in der Vorstellung des Fahnenflüchtigen das Recht auf eigenes Leben abgetreten werden können). Verträge sind solange irrelevant, wie sie beide Seiten sowieso freiwillig einhalten. Da der Staat rechtskräftige Verträge mit seinem Gewaltmonopol absichert, fordern sie im Prinzip das der Staat die Menschenrechte seiner Bürger missachten soll, falls diese es zu einem früheren Zeitpunkt vertraglich zugesichert haben. Dies teile ich ganz und gar nicht. Meiner Meinung nach sind die Menschenrechte unveräußerlich und ein solcher Vertrag per se nichtig.
    Das heißt nicht, dass Fahnenflüchtige immer im recht sind. Der Eintritt in Streitkräfte hat meiner Meinung nach ähnlich wie der Eintritt in die Ehe (eine vergangene Diskussion) einen Sonderstatus der nicht mit beliebigen anderen rechtlichen Verträgen vergleichbar ist.

    Das ich hier Ihnen antworte, soll im Übrigen nicht aussagen, dass ich den Vertretern der kulturellen Identität und dergleichen zustimme. Diese Begriffe ( wie auch Volk und Nation) sind mir eindeutig zu schwammig und missverständlich um überhaupt eine Diskussion über mögliche Folgerungen zu führen.

    • Andreas D. Says:

      Alfons: „Der Idealfall spielt keine Rolle, denn er ist sowieso eine reine Utopie.“

      Deshalb rede ich ja vom Idealfall und nicht vom Realfall. Allerdings bedeutet der Umstand, dass der Idealfall bisher noch nicht realisiert wurde, nicht, dass er prinzipiell nicht realisierbar wäre. Und wer sich die Umstände in der Welt einmal genauer ansieht, wird feststellen, dass es Länder gibt, die dem Ideal näher stehen als andere. Die deutsche Schulpflicht beispielsweise – weil ich das Beispiel Bildung ansprach – gibt es in der Form nicht überall. Auch der Privatschulsektor ist andernorts stärker ausgeprägt als bei uns.

      Alfons: „Andererseits frage ich mich frage ich mich woher Sie die Legitimität nehmen über dieses Zwangsmitglied ihres Familienkollektivs nach Gutdünken zu verfügen. ihr Anspruch dies zu tun beruht auch auf nichts weiterem als einem Monate oder Jahre zurückliegenden biologischen Akt. Warum dieser eine so viel größere Bedeutung als das kulturell-ethisch geprägte Begriff des Kindeswohls haben soll, ist mir unklar.“

      Komisch. Diesen Anspruch habe ich gar nicht geltend gemacht. Aber wie wäre es damit:

      Wenn ein Zweijähriger ohne Hilfe eines Erwachsenen selbstständig seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte und in der Lage wäre, weitreichende Entscheidungen für sein Leben zu treffen, müsste man ihm das zugestehen. Da es aber so nicht ist, sind Minderjährige schutz- und versorgungsbedürftig. Und dass Eltern über ihren Nachwuchs nach Gutdünken verfügten, habe ich übrigens nicht geschrieben. Ich schrieb:

      „Das alles geht einen liberalen Staat solange nichts an, wie Eltern ihren Kindern keinen Schaden zufügen (z.B. Misshandlung, Beschneidung).“

      Worauf Sie entgegneten: „Ein einmaliger medizinischer Eingriff ohne großes Risiko ist also ein Schaden für das Kind, wenn Eltern meinen, ihre Töchter bis zum Eintritt in das Erwachsenenalter aus religiösen Gründen im Haus einzusperren, so ist dies in Ordnung. Ich weiß nicht worauf Ihr Schadensbegriff hier fußt.“

      Das wissen sie nicht. Können Sie Gedanken lesen? Ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, und genau das ist eine Beschneidung, ist selbstverständlich ein Schaden für das Kind. Es sei denn, es entschließt sich in einem angemessenen Alter aus freien Stücken dazu. Und ein Kind jahrelang im Haus einzusperren, wäre eine Form der Misshandlung.

      Allerdings wäre es müßig, hier jetzt sämtliche Eventualitäten auszudiskutieren. Das würde wirklich ausufern. (Eigentlich sind wir schon seit gefühlten 30 Kommentaren Off-Topic…)

      Zum Deserteur schreiben Sie: „Wenn Sie das Verhalten hier an dieser Stelle auf das Prinzip der Vertragsfreiheit zurückführen, stellen sie implizit fest das durch Verträge Menschrechte (hier in der Vorstellung des Fahnenflüchtigen das Recht auf eigenes Leben abgetreten werden können).“

      Ja. Aus freien Stücken darf ein jeder über sein eigenes Leben entscheiden. Polizisten und Feuerwehrleute gehen in ihrem Beruf auch Risiken für ihr Leben ein. Aber niemand zwingt sie, diesen Beruf zu wählen. Für einen Berufssoldaten oder Söldner gilt das gleiche.

      Alfons: „Verträge sind solange irrelevant, wie sie beide Seiten sowieso freiwillig einhalten.“

      Diese Aussage ergibt keinen Sinn. Gerade der Umstand, dass die Beteiligten einen Vertrag freiwillig abschließen und ihn einhalten, verleiht dem Vertrag seine Relevanz und seine Legitimation.

      Alfons: „Da der Staat rechtskräftige Verträge mit seinem Gewaltmonopol absichert, fordern sie im Prinzip das der Staat die Menschenrechte seiner Bürger missachten soll, falls diese es zu einem früheren Zeitpunkt vertraglich zugesichert haben. Dies teile ich ganz und gar nicht.“

      Wer wirtschaftlich tätig ist und Verträge abschließt, hat einen Anspruch auf den Gewinn, der sich aus dem Vertrag ergibt. Er haftet allerdings auch für die Risiken, die er damit freiwillig eingeht. Der Feuerwehrmann muss damit rechnen, im Einsatz an einer Rauchvergiftung zu sterben und der Berufssoldat weiß, dass seine Tätigkeit ihn unter Umständen das Leben kostet. Beide sind Souverän über ihr eigenen Leben.

      Ich würde in diesem Sinne auch die aktive Sterbehilfe befürworten. (Aber bitte dazu jetzt kein Fass aufmachen.)

      Alfons: „Das ich hier Ihnen antworte, soll im Übrigen nicht aussagen, dass ich den Vertretern der kulturellen Identität und dergleichen zustimme.“

      Schon klar. Sie dreschen ja auch keine in ominösen Büchern von Berufsideologen vorformulierten Phrasen.

      • Andreas D. Says:

        Der Begriff „Berufsideologe“ ist irreführend. Ich ziehe „Berufs-“ zurück.

  14. Feiertage privatisieren! | Lackbaumgarten Says:

    […] kann der einzelne aushandeln, was ihm frommt.” (Blog der Freisinnigen Zeitung, 01.05.2012, via Arprin, […]

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