Sind Boykotte hilfreich?

Chinesen beim Boykott japanischer Produkte

Oft hören wir, dass man Waren aus bestimmten Ländern oder Unternehmen boykottieren sollte, um gegen allerlei Unrecht in der Welt zu protestieren. Palästina-Aktivisten fordern einen Boykott israelischer Waren, um gegen die israelische Besatzung zu protestieren, viele NGOs forderten nach dem Einsturz einer Textilfabrik einen Boykott von in Bangladesch hergestellten Waren, im Netz fordern viele nach der ARD-Reportage „Ausgeliefert“ einen Boykott von Amazon, die LGBT-Community will den Nudelhersteller Barilla boykottieren, weil sich deren Chef homophob geäußert hat, und einige wollen jetzt die WM in Katar boykottieren, um gegen die Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter in Katar zu protestieren.

Natürlich kann jeder freiwillig die Waren boykottieren, die er will. Meinetwegen können die Palästina-Aktivisten die von Israelis erfundene Super-Batterie für Elektrofahrzeuge boykottieren, und wer will, kann auch Kik, Amazon, Barilla und die WM in Katar boykottieren. Das ist der ganz normale Marktalltag: Der Kunde hat seine Präferenzen. Wobei man darauf aufmerksam machen kann, dass ein Boykott von Barilla albern ist. Als ob es für einen Nudelhersteller wichtig ist, ob der Chef homophob ist oder nicht. Genauso albern wäre es, wenn Unternehmen Gesinnungstests für ihre Kunden einführen („Keine Nudeln für Sexisten, Homophobe und Antisemiten“).

Abzulehnen sind staatlich erzwungene Boykottmaßnahmen. Die Kunden können alleine über ihre Präferenzen entscheiden. Es gibt keinen Grund, warum der Staat seinen Bürgern Waren vorenthalten sollte, für die er bereit wäre zu zahlen. Nun mögen einige einwenden, dass man Waren boykottieren sollte, wenn bei ihrer Herstellung Verbrechen begangen werden. In den meisten Fällen beklagen die Boykotteure aber keine realen Verbrechen, sondern freiwillig geschlossene Arbeitsverträge, die sie für ungerecht halten und deshalb verbieten wollen. Das einzige Verbrechen hier wäre das staatlich erzwungene Arbeitsverbot.

In den meisten Fällen helfen diese Boykotte den vermeintlichen Opfern nicht. Es ist für die Amazon-Angestellte hierzulande keineswegs besser, wenn sie arbeitslos werden, statt weiter unter Niedriglöhnen zu arbeiten. In Dritte-Welt-Ländern ist es für die Einwohner meistens die weitaus bessere Alternative, in Sweatshops zu arbeiten statt bei den einheimischen Arbeitgebern, so unverständlich das für einen Europäer klingen mag. Es wäre begrüßenswert, wenn sich die europäischen Arbeitsstandards eines Tages auch in den Ländern der Dritten Welt durchsetzen, aber dies wird nicht über Nacht geschehen und schon gar nicht durch Kaufboykotte der westlichen Kunden.

Es gibt jedoch durchaus einen legitimen Grund, um einen Boykott mit staatlichen Mitteln durchzusetzen: Waffenexporte an diktatorische Staaten wie Iran, Saudi-Arabien und Syrien oder Terrororganisationen wie die Hamas, Hisbollah oder die PKK sollten verboten sein. Wer Waffen an verbrecherische Staaten und Terroristen liefert, macht sich für deren Verbrechen mitschuldig. Dabei sollten Sanktionen nicht zu weit gehen und ihren eigentlichen Sinn verlieren. Das Verbot von kubanischen Zigarren in den USA wäre ein Beispiel für eine völlig sinnlose Sanktion. Die Kubaner werden wohl kaum explodierende Zigarren in die USA hineinschmuggeln.

3 Antworten to “Sind Boykotte hilfreich?”

  1. Silem Says:

    Flaggen verbrennen ist also ein Boykott von Produkten?

  2. Links der Woche | Freisinnige Zeitung Says:

    […] Jorge Arprin bei arprin: Sind Boykotte hilfreich? […]

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