Von all den Koreas, die es auf der Welt gibt, ist Nordkorea sicher das, dass in den Medien am präsentesten ist. Trotz der extremen Isolation dringt noch so viel nach außen, dass man vom Hunger, den Konzentrationslagern und den Atombomben weiß. Dazu hören wir ständig Geschichten aus dem Land, die schier unglaublich klingen: Kims Ex hingerichtet, Kims Onkel wurde an 120 Hunde verfüttert, Kims Frisur wird für alle Nordkoreaner verpflichtend – alles Gerüchte, die wahrscheinlich nicht stimmen, die man aber dem nordkoreanischen Regime zutraut.
Das nordkoreanische Regime weiß wohl vom schlechten Image ihres Landes und ist bestrebt, eine PR-Kampagne zu starten. Dafür soll ein eigener Menschenrechtsbericht veröffentlicht werden, indem die westlichen Lügen (Mord, Sklaverei, Folter, Vergewaltigung, erzwungene Abtreibungen usw.) gekontert und die „rosige Zukunft“ des Landes dargestellt werden soll. Außerdem legte Kim Jong-Un Beschwerde bei der UNO ein, weil in der amerikanischen Komödie „The Interview“ seine Ermordung geplant wird.
Tatsächlich gibt es viele wertvolle Informationen aus dem Inneren Nordkoreas, die zumindest ein kleines bisschen Hoffnung aufkeimen lassen. Yeonmi Park floh 2007 aus Nordkorea. Sie sieht sich selbst als Teil der sogenannten „Generation Schwarzmarkt“ (Jangmadang). Nach den katastrophalen Hungersnöten hat sich im Untergrund eine neue Versorgung gebildet, die aus illegalen Märkten besteht. Sie hat die Überzeugung, dass diese Generation einen entscheidenden Wandel in Nordkorea bringen kann.
Wer aus Nordkorea fliehen will, muss sich einen ausgeklügelten Plan ausdenken. Republikflucht wird mit Zwangsarbeit oder Tod für die gesamte Familie bestraft, und die Spitzel des Regimes können überall lauern. Yeonmi Park entschloss sich, mit ihrer Familie zu fliehen, weil die Lebensbedingungen desaströs waren (ständige Stromausfälle, keine Straßen) und ihr Vater nach dem Verkauf von Waren nach China zeitweise in Haft war. Mit der Hilfe von Fremden schafften sie es nach zwei Jahren über den Zwischenweg China und Mongolei nach Südkorea.
Die Generation Schwarzmarkt zeichnet sich durch drei Besonderheiten aus: Sie würden nicht mehr dem Personenkult des Regimes anhängen (Yeonmi Park glaubte noch, Kim Jong-Il sei wie ein Gott und könne ihre Gedanken lesen, sie brauchte drei Jahre, um die Gehirnwäsche zu überwinden), sie hätten – natürlich illegal – Zugang zu Informationen aus dem Ausland (dazu zählen Filme und TV-Shows aus Südkorea, den USA usw.) und sie seien kapitalistisch und individualistisch geprägt.
Aufgrund der extremen Isolation ist es schwer, all diese Angaben zu überprüfen. Ausländische Journalisten dürfen das Land nicht betreten, es gibt kein Internet, und die wenigen Touristen, die es gibt, werden Schritt für Schritt von zwei „Aufpassern“ bewacht. Vielleicht ist Yeonmi Park zu optimistisch. Allerdings ist schon länger bekannt, dass in Nordkorea Schwarzmärkte florieren. Einige schätzen sogar, dass 80% des Einkommens der Nordkoreaner aus illegalen Aktivitäten stammt.
Die meisten Nordkoreaner sollen durch den Zugang zu Informationen aus dem Ausland wissen, dass sogar einfache südkoreanische Arbeiter einen höheren Wohlstand genießen als nordkoreanische Parteibonzen. Durch die Globalisierung und die moderne Technik dürfte eines Tages auch die nordkoreanische Isolation aufgebrochen werden. Das totalitäre, atomar bewaffnete Regime wird jedoch noch lange Zeit an der Macht bleiben. Aber irgendwann wird auch „The Interview“ in Nordkorea legal sein.
August 14, 2014 um 07:51 |
Die Aussagen von Yeonmi Park decken sich sehr gut mit denen von Kang Chol-Hwan, habe „The Aquariums of Pyongyang“ neulich durchgelesen. Die Schwarzmärkte gibt es wohl schon recht lange, Kang Chol-Hwan beschreibt das recht gut im Detail. Kam als Kind mit der gesamten Familie in den Gulag, aufgrund irgendwelcher vermeintlicher Taten des Opas. Nach 10 Jahren Freilassung, konnte dann 1992 über China nach Südkorea fliehen, seine Schwarzmarkttätigkeit hatte da wesentlichen Anteil dran.
August 15, 2014 um 00:07 |
Danke für den Hinweis. Die Berichte nordkoreanischer Flüchtlinge sind wichtig, um zu wissen, was im Inneren des Landes geschieht, und sie zeigen immerhin, dass es durch die Schwarzmärkte ein kleines bisschen Normalität gibt.
August 14, 2014 um 12:50 |
hihi, vom Kommunismus zum Anarchokapitalismus =))
Beim aufbrechen könnte Outernet helfen.
August 15, 2014 um 00:13 |
Es ist halt immer so: Desto mehr Regulierung, desto mehr Schwarzmärkte.