Freiheit für West-Papua!

Die Flagge West-Papuas, genannt "Morgenstern"

Die Flagge West-Papuas, genannt „Morgenstern“

Der 1. Dezember ist der Tag der Hoffnung für die Menschen in West-Papua. Dieses Gebiet gehört zur Insel Neuguinea, nach Grönland die zweitgrößte Insel der Welt. Die meisten Einwohner der Insel waren bis vor der europäischen Kolonisierung Angehörige der Papua-Völker, die eine eigene Sprachfamilie bilden. Der östliche Teil der Insel wurde von den Briten kolonisiert und ist heute als Papua-Neuguinea ein unabhängiger Staat. Der westliche Teil wurde von den Niederländern kolonisiert, diese schlossen das Gebiet, das sie „West-Neuguinea“ nannten, zu der größeren Kolonie Niederländisch-Ostindien an, das heutige Indonesien. Diese Entscheidung ist der Kern des bis heute andauernden Konflikts über die Zugehörigkeit dieses Gebiets.

In Indonesien entwickelte sich in der Zeit vor der Unabhängigkeit ein starker Nationalismus. Dieser stütze sich nicht auf die ethnische Zusammensetzung des Landes. Indonesien ist ein Vielvölkerstaat, in dem die Javaner (42%) und Sundanesen (15%) die größten Ethnien darstellen, und 88% muslimisch sind. Der Gründer des Landes, Sukarno, schuf ein eigenes ideologisches System, genannt „Pancasila„, der Indonesier aller Ethnien und Religionen einen sollte. Während der japanischen Besatzung riefen die Nationalisten die Unabhängigkeit aus, mussten aber später gegen die Japaner und die rückkehrenden Niederländer jahrelang um die Unabhängigkeit kämpfen. Im Jahr 1949 akzeptierten die Niederländer schließlich die Unabhängigkeit an, behielten aber West-Neuguinea.

Der junge Staat war damit aber nicht zufrieden. Sukarno beanspruchte in imperialistischer Manier auch West-Neuguinea sowie Portugiesisch-Timor (das heutige Osttimor) und bis 1966 die Föderation Malaya (heute Malaysia und Singapur). Die Niederländer jedoch wollten West-Neuguinea in die Unabhängigkeit entlassen. Im Jahr 1961 wurde in einem Kongress die Unabhängigkeit von „West-Papua“ beschlossen. Um dies zu verhindern, besetzte Indonesien ein Jahr später West-Papua. Der Konflikt wurde 1963 durch das „New Yorker Abkommen“ beigelegt: Indonesien übernahm die Kontrolle über West-Papua, sollte aber 1969 ein Referendum über die Zugehörigkeit des Gebiets abhalten. Dieser wurde zu einer Farce und entfachte eine Welle blutiger Gewalt.

Das indonesische Militär begann noch 1963 mit einer Militäroperation gegen die Papua. Bis 1969 wurden etwa 30.000 Menschen getötet, die Bevölkerung litt unter massiver Repression, was natürlich die Sympathie für die Indonesier nicht stärkte. Als im Juli 1969 das Referendum begann, nahmen nur 1.025 der damals 800.000 Einwohner als „Wahlmänner“ daran teil. Sie waren bestochen oder mit Folter bedroht worden. Die Indonesier nannten diese Wahl „Act of Free Choice„, während die Papua sie „Act of No Choice“ nannten. Trotzdem segnete die UNO die Wahl ab, West-Papua wurde Teil Indonesiens (dass das Gebiet „Irian Jaya“ nennt). Während der folgenden Jahrzehnte setzte sich die brutale Repression fort und hat bis heute nicht aufgehört.

Die Liste der Verbrechen des indonesischen Militärs ist lang: Dörfer wurden bombardiert, Menschen entführt und gefoltert, sogar das Hissen der „Morgensternflagge“ von West-Papua wurde drakonisch bestraft. Etwa 100.000 Menschen starben seit 1969. Das Gebiet ist bis heute militarisiert, ausländischen Journalisten ist der Zutritt zu West-Papua untersagt. Außerdem sind Hunderttausende Indonesier eingewandert, dies war Teil der „Transmigrasi“-Politik, die auch zu Umsiedlungen innerhalb Indonesiens führte. Heute machen Papua und Indonesier beide etwa 50% der 2,4 Millionen Einwohner West-Papuas aus. Eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht. Noch immer kommt es zu grausamen Massakern an Unabhängigkeits-Aktivisten.

Die Indonesier halten vor allem aus nationalistischen Gründen an ihrem Anspruch fest, sie wollen einen Staat „von Sabang bis Merauke“, was vom äußersten Nordwesten Indonesiens bis zum äußersten Südosten West-Papuas reicht. Wirtschaftliche Gründe spielen auch eine Rolle, in West-Papua befinden sich wertvolle Rohstoffe wie Flüssigerdgas und Holz. Das Militär erzielte einen Großteil seiner Einnahmen durch solche Geschäfte. Ein großes Problem ist die Abholzung des Regenwaldes, um dort Palmölplantagen zu errichten (u.a. für Biosprit), da er den Lebensraum vieler Papua-Stämme zerstört. Dies führte zu gewalttätigen Aktionen und Proteste, die ebenfalls mit Gewalt beantwortet wurden.

Die internationale Unterstützung für West-Papua hält sich in Grenzen: Kein Staat erkennt die 1971 ausgerufene „Republik West-Papua“ an. Die USA und Australien unterstützen die indonesische Position. Immerhin: Das zweite lange Zeit umkämpfte Gebiet, das ehemals portugiesische Osttimor, erlangte 2002 nach 27-jähriger indonesischer Besatzung die Unabhängigkeit. Zuvor waren über 100.000 Menschen während der Besatzung getötet worden, ein weiteres äußerst blutige Kapitel der Geschichte Indonesiens (das blutigste Kapitel waren die Massaker an verdächtigten Kommunisten von 1965 bis 1967, denen unter Kommando des Generals Suharto bis zu 1 Million Menschen zum Opfer fielen). Osttimor hatte jedoch nicht dasselbe Prestige und wirtschaftliche Bedeutung wie West-Papua.

Die einzige Lösung für den Konflikt ist, den Menschen in West-Papua ihr Selbstbestimmungsrecht zuzugestehen. Das Referendum von 1969 entsprach in keinster Weise einer freien Wahl. Die indonesische Besatzung mit all ihren Verbrechen ist zu verurteilen. Der Westen sollte seine Position zu diesem Konflikt überdenken, anstatt bei den Massakern zuzusehen (sowie bei den anti-kommunistischen Massakern in den 1960ern). Ein unabhängiger Staat West-Papua müsste sich natürlich an denselben Maßstäben messen lassen wie jeder andere Staat. Es bleibt abzuwarten, ob die OPM und WPLO, die beiden größten Organisationen, die für die Unabhängigkeit West-Papuas kämpfen, auch an einer Demokratie interessiert sind.

Indonesien wird oft als ein Land bezeichnet, dass beweist, dass der Islam mit Demokratie vereinbar ist. Nach dem im Jahr 1998 der Diktator Suharto, der das Land 31 Jahre regierte, gestürzt wurde, gibt es zwar tatsächlich regelmäßig freie Wahlen. Aber die Bürgerrechte sind noch immer massiven Einschränkungen ausgesetzt. Dies beweist nicht nur die deprimierende Lage in West-Papua, sondern auch die Einsperrung vieler Regime- und Islamkritiker und die Diskriminierung von Frauen und Minderheiten. So ist es immer noch verboten, die Morgensternflagge zu hissen. Am 1. Dezember, dem Tag, an dem die Flagge im Jahr 1961 zum ersten Mal gehisst wurde, tun es trotzdem regelmäßig viele.

2 Antworten to “Freiheit für West-Papua!”

  1. Martin Says:

    Der nördliche Teil im Osten der Insel wurde übrigens auch von den Deutschen kolonisiert Stichwort Kaiser-Wilhelms-Land.

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