Während des Wahlkampfs vor zwei Jahren hielt Barack Obama eine beachtliche Rede, von der am Ende vor allem ein Satz übrig blieb: „You didn’t build that“. Der Satz fiel in diesem Kontext: “Wenn du erfolgreich gewesen bist, bist du nicht allein so weit gekommen. Jemand hat geholfen dieses unglaubliche amerikanische System zu erschaffen, dass es dir erlaubt zu erblühen. Jemand hat in Straßen und Brücken investiert. Wenn du ein Unternehmen hast – du hast es nicht aufgebaut („you didn’t build that“). Jemand anders hat es geschehen lassen. Der Punkt ist, dass, wenn wir erfolgreich sind, wir aufgrund unserer individuellen Initiative Erfolg haben, aber auch weil wir Dinge gemeinsam tun.”
Es gab harte Kritik an der Rede. Und das zurecht. Denn Obama sagte ja nicht nur, dass erfolgreiche Menschen nur mit Kooperation und der Hilfe von Anderen Erfolg haben, sondern dass daraus zu schlussfolgern sei, sie müssten höhere Steuern zahlen. Darum ging es in der Rede: Weil Unternehmen nur durch Kooperation und Hilfe von Anderen erfolgreich wurden, schulden sie dem Staat mehr Steuern. Hinter dieser Logik steht ein Denkfehler, den viele Kritiker des Liberalismus begehen: Sie setzen Liberalismus mit Egoismus und den Staat mit Kooperation und Solidarität gleich. Ein polemischer Satz, mit dem Liberale spöttisch bezeichnet werden, bringt es auf den Punkt: „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“ (so bezeichnete z.B. Sigmar Gabriel die FDP-Politik).
In der New York Times erschien gestern ein Artikel, der schlussfolgerte, die Evolution hätte den Liberalismus widerlegt, weil der Mensch ein soziales Wesen ist:
Contrary to libertarian and Tea Party rhetoric, evolution has made us a powerfully social species, so much so that the essential precondition of human survival is and always has been the individual plus his or her relationships with others.
Günther Schabowski meinte in einem Interview zum Jahrestag des Falls der Berliner Mauer, der Sozialismus sei gescheitert, weil der Mensch zu egoistisch ist:
Ich bin der Meinung, dass wir alles falsch gemacht haben. Weil der Versuch, ein sozialistisches Gesellschaftskonstrukt zu schaffen, von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Der Mensch ist nicht in der Lage, seine Egoismen auszuschalten, und deshalb ist Sozialismus immer ein falscher Versuch.
Diese Ansicht, wonach Liberalismus bzw. Kapitalismus nichts weiter als Egoismus ist, ist schon länger verbreitet, schon Martin Luther King will gewusst haben:
Historisch gesehen übersah der Kapitalismus die Wahrheit gemeinschaftlicher Unternehmen und der Marxismus erkannte nicht die Wahrheit individueller Unternehmen. Der Kapitalismus des 19. Jahrhunderts beachtete die sozialen Aspekte des Lebens nicht und der Marxismus übersah und übersieht, dass das Leben individuell und persönlich ist.
Es gibt sogar Leute, die Liberalismus mit Autismus, was ja allgemein für „asoziale Menschen, die keine Freunde haben“ (*) steht, vergleichen. Steven Sailer meint, Liberalismus sei „angewandter Autismus„. Eine amerikanische Studie von 2012 legte nahe, dass Liberalismus in extremen Fällen zu Autismus führen könne:
Libertarians have the narrowest moral sense … they score lower than both conservatives and liberals on measures of care for others and protecting others from harm. What libertarians do care about, almost to the exclusion of all else, is individual rights … Mr. Iyer and his colleagues found that the most prominent feature of libertarians is “self-direction” — or independence.
“They are less groupish, less likely to coalesce and subject themselves to party discipline,” Mr. Haidt says. Libertarians also tend to be less social than most. The libertarian reliance on liberty and self, however, comes at a social cost. According to the study, libertarians showed lower than other groups on levels of loving feelings toward their families, friends, romantic partners and generic others …
The libertarian style of thinking can even verge, in extreme cases, on autism.
Neben dem Vorwurf, „Sie wollen die Armen sterben lassen“ und „Sie betreiben Klientelpolitik für Reiche“ ist der Vorwurf, Liberale seien radikale Egoisten, die nur an sich denken, wohl das größte Vorurteil über Liberale. Warum glauben die Anti-Liberalen aber, Liberalismus bedeute nur Egoismus? Liberale betonen immer wieder, wie wichtig Individualismus ist. Jeder Mensch sollte individuell entscheiden dürfen, wie er lebt, ohne von anderen bevormundet zu werden. In Kollektiven denken Liberale praktisch nie. Der Staat, die Nation oder die Gesellschaft sind in seinen Augen gar keine handelnden Entitäten. „There is no such thing as society“, sagte Margaret Thatcher. Nur Individuen handeln.
Das heißt jedoch nicht, dass Liberale alle Gemeinschaften auflösen wollen. Sie fordern lediglich eine Bedingung: Jeder soll freiwillig entscheiden, welcher Gemeinschaft er angehört. Niemand soll z.B. mit Gewalt gezwungen werden, Teil einer Religionsgemeinschaft zu sein. Wenn er sich entscheidet, einer anderen Religion anzuhängen oder Atheist zu werden, sollte das seine freie Entscheidung sein. Dasselbe gilt dann eben für alle anderen Gemeinschaften, auch für die moderne „Solidargemeinschaft“. Keinesfalls wollen Liberale alle Sportvereine, Kirchen, Lebensmittelläden und Discos verbieten, so dass jeder allein Fußball spielen, seinen Gott anbeten, Essen anbauen oder tanzen soll.
Liberale sind also nicht gegen Kooperation oder Solidarität, sondern nur dafür, dass diese auf freiwilliger Basis stattfindet. Die freie Marktwirtschaft ist gelebte Kooperation. Es gibt das bekannte Beispiel mit dem Stift von Leonard Read. So gut wie kein Mensch kann allein ein Stift herstellen. Dafür braucht es den Aufwand von Millionen Menschen – Holzfäller, Bergarbeiter, Lastwagenfahrer usw. – und am Ende steht dieses kleine Produkt. Es gibt Tausende andere Beispiele dafür: Ein Auto, ein Handy, ein Computer, alles entsteht durch Kooperation von Millionen Individuen. Ohne Kooperation könnten wir gar nicht überleben (außer auf Steinzeit-Niveau, wie Robinson Crusoe). Welcher Mensch ist gleichzeitig Handwerker, Koch, Lehrer, Pilot und Arzt?
Wenn wir uns im Gegenzug mal anschauen, was der Staat macht, sehen wir schnell: Er tut fast nichts anderes, als freiwillige Kooperation zu zerstören. Wenn zwei Menschen ein Arbeitsverhältnis vereinbaren, der nicht mit dem vom Staat festgelegten Regeln übereinstimmt, kommt der Staat und zerstört diese Kooperation. Egal, ob es sich um einen „illegalen“ Taxi-Dienst handelt, einen „illegalen“ Limonadenstand oder eine „illegale“ Lohnhöhe. Der Staat sorgt nicht erst für Kooperation, er schreibt seinen Bürgern vor, welche Kooperation stattfinden darf und welche nicht. In sehr vielen Fällen zwingt er den Menschen unter Androhung von Strafen Kooperation auf. Nicht verwunderlich, dass diese Kooperation meist teurer und ineffizienter ist.
Zur Verdeutlichung:
Wenn ich Äpfel in meinem Garten sehe, sie aufsammle und ein Apfelstand aufmache – das ist Liberalismus.
Wenn ein Beamter kommt und den Stand wegen fehlender Lizenz schließt – das ist der Staat.
Damit kommen wir zurück zu Obama. Er meint, Unternehmen müssten mehr Steuern zahlen, weil sie nur mit der Hilfe von Anderen erfolgreich wurden. Warum? Erstens zahlen Unternehmer schon heute für die öffentlichen Dienste, zweitens nimmt sich der Staat nicht selten das Monopol für diese Dienste und drittens, was am wichtigsten ist, hat der Großteil der Unternehmergewinne nichts mit dem Staat zu tun. Was genau nochmal hat der Staat für die Gewinne von Amazon, Google oder Facebook beigetragen? Es waren die Unternehmer und die Arbeiter, die diese Unternehmen groß gemacht haben, indem sie die Wünsche der Kunden befriedigten. Sie schulden niemandem etwas, schon gar nicht dem Staat.
Natürlich gibt es in zu diesem Thema noch viel mehr zu sagen. Die Anti-Liberalen sagen sicher: „In einem unregulierten Markt ist freie Kooperation unmöglich, deswegen muss der Staat die Arbeiter schützen“ (in dem er den Eintritt in den Arbeitsmarkt erschwert und den Arbeitern die Hälfte des Einkommens nimmt) oder „Wir zahlen Steuern nicht nur für öffentliche Dienste, sondern auch für die Unterstützung von Arbeitslosen“ (also an einem Sozialstaat, dessen Budget zum Großteil bei einer gigantischen Bürokratie landet und nicht bei Arbeitslosen). Das sind aber eine vollkommen andere Debatten. Es ging ja um den Vorwurf des Egoismus. Und da können wir sagen: Die Behauptung, Liberale seien radikale Egoisten, die alles alleine machen wollen, ist grundfalsch.
(*) PS: „Autisten“ sind in den meisten Fällen nicht geistig gestört, sondern nur anders als die Mehrheit. Aus diesem Grund werden sie ausgegrenzt, gemobbt und zur „Behandlung“ geschickt, so wie früher bei Homosexuellen. Siehe auch: Autistophobie und Autistic Pride.
Dezember 3, 2014 um 10:46 |
„Was genau nochmal hat der Staat für die Gewinne von Amazon, Google oder Facebook beigetragen?“
Da fallen mir doch auf Anhieb ein paar Sachen ein: Wie wäre es z.B. mit innerer und äußerer Sicherheit, (ein mehr oder weniger) unabhängiges Justiz- und Rechtswesen und damit Rechtssicherheit ohne die es wohl kaum möglich ist längerfristig zu kalkulieren, staatliches Bildungswesen, auch wenn man behaupten könnte, dass dieses dem privaten unterlegen ist, ist es immer noch besser als gar keins, Normierungen wie Sicherheits- und Produktionsstandards und natürlich auch Subventionen, staatliche Aufträge sowie vieles mehr.
Ned Flanders hat es bei den Simpsons mal so schön auf den Punkt gebracht: „Why do we pay taxes?“ https://www.youtube.com/watch?v=L2qMFpbiwmw
Und zum Schluss noch ein kleiner Seitenhieb, denn der Vorwurf, dass Liberale die Armen sterben lassen wollen, stimmt natürlich nicht, da, zynisch gesagt in der Logik der Liberalen, diese das ja ohnehin „freiwillig“ tun, denn es kann sich ja schließlich jeder selbst aussuchen, ob er reich oder arm sein will und natürlich auch in welche Familie er geboren wird.
Dezember 3, 2014 um 14:28 |
1. Wie gesagt: Unternehmen zahlen schon jetzt Steuern. Der Staat hat sowohl in den USA und Deutschland Rekordsteuereinnahmen. Damit haben sie genug Geld für die öffentlichen Dienste. Warum sollten die Steuern erhöht werden?
2. Die meisten dieser öffentlichen Dienste könnten besser von Privaten übernohmen werden, z.B. die von Obama erwähnten „Straßen und Brücken“, oder auch das Bildungswesen.
3. Auch mit all den öffentlichen Diensten hat der Staat nichts zum Erfolg von Amazon, Google oder Facebook beigetragen, denn diese sind durch ihre eigenen Ideen und Entscheidungen groß geworden. Bayern München würde ohne den Staat ja auch nicht schlechter sein.
Ein 10-Sekunden-Video, der kaum etwas aussagt, soll was erklären?
Freiwillig stirbt man nur, wenn man Selbstmord macht oder Sterbehilfe in Anspruch nimmt, und natürlich sucht sich niemand die Familie aus, indem er geboren wird. Die Existenz von Armut ist kein Argument gegen Liberalismus, es gibt unter allen Systemen Armut. Die Frage ist doch, womit man Armut am besten bekämpfen kann. In Singapur und Hongkong hat es besser geklappt als in Nordkorea oder Simbabwe.
Dezember 3, 2014 um 18:56
Starker Artikel und starker Kommentar, Arprin! Seien Sie bedankt.
Dezember 3, 2014 um 20:30
Danke für das Lob!
Dezember 4, 2014 um 02:19 |
Aber wer wird über die Wächter selbst wachen? (Juvenal) Private oder öffentliche aber nichtstaatliche Sicherheitsinfrastruktur?
Dezember 3, 2014 um 20:29 |
„Warum glauben die Anti-Liberalen aber, Liberalismus bedeute nur Egoismus?“
Nunja, vielleicht, weil das gelegentlich auch Liberale behaupten. Ayn Rand, die Ikone gewisser liberaler Zirkel, nannte ihre Position bekanntlich die eines ethischen Egoismus‘. Das wäre vielleicht sogar noch etwas mehr.
Dezember 3, 2014 um 20:38 |
Ayn Rands politische Ansichten sind nicht Egoismus, sondern Individualrechte.
Ihre Ethik ist was anderes. Da hat sie sich in der Tat für Egoismus ausgesprochen, allerdings hat sie sicher was anderes gemeint als das, was man heute allgemein unter Egoismus versteht. Sie verstand darunter rationalen Eigennutz, die meisten verbinden damit jedoch „rücksichtslos nur an sich denken“.
Dezember 3, 2014 um 21:09
Ayn Rand ist schon ziemlich einschlägig. Ich glaube schon, daß viele Anti-Liberale – und das war ja Deine Frage – ihr Plädoyer für den Egoismus so verstehen, wie angedeutet, und sich dann sagen: ja wenn die Liberalen es schon von sich selbst sagen … etc.pp.
Worum es in diesem Egoismus geht, das ist aber auch etwas anderes, nämlich um die Negierung seines Gegenteils als ethischer Qualität: eine Art Anti-Altruismus sozusagen. Und daß Rand gegen den Altruismus zu Felde gezogen ist, wird man kaum bestreiten können. Dabei verwirren sich manchmal die Ebenen von Gesellschaft/Politk und Moral in nachteiliger Weise, was dem Gesamteindruck m.E. nicht wirklich guttut. Aber dies nur am Rand(e).
Dezember 4, 2014 um 02:59
Rational eigennütziger Egoismus ist vielleicht sogar sehr gut mit rationalem Altruismus kompatibel. http://de.wikipedia.org/wiki/Altruismus#Rationaler_Altruismus
Wobei ersterer Vorraussetzung des letzteren ist.
„To say ‚I love you‘, one must first be able to say the ‚I.“
Oder alles falsch, können Babys und Tiere, ohne „Ich“ zu sagen, lieben, oder können Babys und Tiere „Ich“ sagen und deshalb „Ich liebe dich“ sagen?
Dezember 5, 2014 um 23:41
Ich persönlich zweifle daran, dass es sowas wie Altruismus überhaupt gibt. Alles, was wir tun, tun wir für ein selbstbezogenes Ziel. Sogar wenn wir anderen helfen, denn diese Menschen sind uns wichtig, so dass wir uns auch besser fühlen, wenn es ihnen gut geht. Selbst religiöse Asketen verfolgen ein selbstbezogenes Ziel: In den Himmel (oder Nirvana) zu kommen.
Dezember 4, 2014 um 03:13 |
Guter Artikel, danke auch von mir! 🙂
Dezember 6, 2014 um 00:04 |
Gern geschehen. 🙂
Dezember 5, 2014 um 19:15 |
@Arprin
„Es waren die Unternehmer und die Arbeiter, die diese Unternehmen groß gemacht haben,…“
Das stimmt nicht, die Unternehmer waren es. Die Arbeiter taten(tun) nur das, wofür sie bezahlt werden.
2. Die meisten dieser öffentlichen Dienste könnten besser von Privaten übernohmen werden,..
Nicht die meisten, alle dieser Dienste werden von Privatunternehmen besser gemacht und günstiger außerdem!
Es gibt nichts, aber auch gar nichts, was der Staat besser könnte als der Einzelne!
Ansonsten schließe ich mich „Gutartiges Geschwulst“ vollinhaltlich an.
Dezember 6, 2014 um 00:04 |
Ja, stimmt. Aber das wissen die meisten nicht. Deswegen ist es besser, Schritt für Schritt zu privatisieren anstatt alles auf einmal.
Dezember 6, 2014 um 19:24
„Ja, stimmt. Aber das wissen die meisten nicht..“
Ein Grund mehr, diese Wahrheit immer und immer wieder zu propagieren. Vielleicht lernt es ja der Eine oder Andere doch noch.
Und: Nein es ist nicht besser, die Wahrheit in homöopatischen Dosen zu verbreiten! Da können Sie es auch gleich ganz sein lassen.
Oktober 15, 2019 um 13:30 |
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Wir sind die Basis einer Pyramide!
Wir sorgen als Produzenten, Konsumenten, als Kunden und Patienten, als Klienten und als potentielle Delinquenten, für den sich beschleunigenden Strom der Waren, Finanzen und Daten, im Stoffwechsel eines ‚pyramidalen‘ Organismus. Nachdem wir das Ertragsnutzenkalkül eines besinnungslosen Fortschritts im Wachstum verinnerlicht haben, empfinden wir den Raub der Selbstbestimmung und Identität nicht mehr als Verlust. Auf die atomare Einheit der Existenz reduziert, reihen wir uns ein, in die weltweiten Ströme der dynamischen Massen. Dabei steht die Isolation im Nahfeld der Beziehungen, in einem krassen Gegensatz zur Identifikation mit einem globalen Bewußtsein. Über die Instrumentalisierung religiöser Bedürfnisse, werden die Menschen zur Opferung der eigenen Identität gerufen, und zum Dienst für einen allumfassenden Welt-Ethos vorbereitet
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L.G. stern.