Archive for Februar 2016

Der Niedergang des Michael Moore

Februar 25, 2016

Michael Moore eilt bei einigen der Ruf nach, ein Dokumentarfilmer zu sein. Seine Filme sind in der Regel sind durchaus unterhaltsam, aber mit „manipulativ“ noch nett umschrieben. Das könnte an Moores politischen Einstellungen liegen. Moore ist ein entschiedener Kapitalismusgegner. Als solcher sucht er gerne nach Alternativen zum Kapitalismus und wird auch fündig, z.B. in Kuba. Beim konservativen Radiomoderator Sean Hannity legte er dar, was er über Meinungsfreiheit in Kuba denkt:

HANNITY: You – if you went to Cuba … Do you think Fidel Castro would allow you to produce a movie and millions of dollars trashing his system?
MOORE: Well, I don’t know, that’s a good question.
HANNITY: You’d be killed.
MOORE: Oh, I don’t think so. Oh, come on. … What about the murder that’s been done in our name in the last decade? … What’s been done in our name, in our Christian name, to Iraq, in Afghanistan, these other places.

Nachdem er offenbar mit Kuba durch ist, hat er sich einen anderen Ort ausgesucht, der als Alternative zum Kapitalismus dienen soll: Europa. Da fragt man sich als Erstes, wozu das noch notwendig ist, hat doch Amerika in den letzten Jahren eine „Europäisierung“ erlebt (wer nicht weiß, ob das als Lob oder Kritik gemeint ist: Denkt nach!). Aber für Moore ist es offenbar nicht genug. Amerika sollte noch viel mehr wie Europa werden, lautet die Botschaft seines neuen Films „Where to invade next“. In diesem Film besucht Moore u.a. Italien, Frankreich, Skandinavien und Deutschland, um die Überlegenheit des europäischen Systems zu beweisen. Dummerweise hätte er sich keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können.

Zum Inhalt: Italien ist toll, weil die Arbeiter einen dreizehnten Monatsgehalt und viel Urlaub bekommen, Frankreich ist toll, weil das Essen so lecker ist und es keine Hamburger gibt, die die Amerikaner so fett machen wie z.B. Michael Moore, Deutschland ist toll weil es Babypausen mit Lohnfortzahlung gibt und es seine Geschichte aufgearbeitet hat, Slowenien ist toll weil es „kostenlose Bildung“ für alle gibt, Finnland ist toll weil es keine Hausaufgaben für Schüler gibt und es bei PISA trotzdem immer oben ist, Norwegen ist toll weil die Gefängnisinsassen so human behandelt werden und sie trotzdem eine niedrige Rückfallquote haben und Portugal ist toll weil es den Drogenkonsum dekriminalisiert hat. Nun mag die Portugal-Sache stimmen, aber der Rest ist sehr fragwürdig. (more…)

Einwanderung und Asyl

Februar 20, 2016
 Der Grenzwall zwischen Mexiko und den USA: Lasst Hundert Mauern erblühen!

Sind mehr Mauern Europas Zukunft?

Einwanderung und Asyl sind zwei unterschiedliche Sachen. Wer in ein Land einwandern will, hat meistens wirtschaftliche Gründe, sowie wenn man vom Land in die Stadt oder innerhalb eines Landes von einer Stadt in eine andere Stadt umzieht. Asyl hat politische Gründe, man flieht in erster Linie, weil man verfolgt wird und Angst vor Folter oder um sein Leben hat. Schon seit langer Zeit verschwimmen die Unterschiede zwischen beiden, im Rahmen der Flüchtlingskrise seit dem letzten Sommer sind sie wieder deutlich geworden. Viele fliehen vor echter Verfolgung, aber viele haben wirtschaftliche Gründe für ihre Reise nach Deutschland, stellen jedoch trotzdem nach ihrer Ankunft einen Asylantrag.

Die Lösung, die viele vorschlagen, ist eine Änderung des Asylrechts und eine bessere Kontrolle der Grenzen. Aber das Asylrecht sollte nicht für „normale“ Einwanderer geändert werden, es ist in seiner jetzigen Form für „echte“ Verfolgte schon restriktiv genug (falls es Änderungen geben sollte, dann bei den Arbeits- und Bewegungsverboten). Dinge wie Obergrenzen oder die Erklärung von sicheren Herkunftsstaaten oder sicheren Drittstaaten sind nicht gegen verfolgte Menschen gerichtet, sondern gegen die „Wirtschaftsflüchtlinge“, also normale Einwanderer. Anstatt das Asylrecht für Einwanderer zu ändern, sollte man alle normalen Einwanderer auch wie normale Einwanderer behandeln.

Jeder, der Bekannte in fernen Gegenden hat, ob in Südamerika, Russland oder Ostasien, kann ein Lied davon singen, wie schwer es ist, legal nach Deutschland einzuwandern. Schon ein Touristenvisum kann zum monate- oder jahrelangen Behördenmarathon ausarten, von einem Arbeitsvisum ganz zu schweigen. Der Weg, auf gefährlichem und illegalem Weg einzuwandern, ist verstörenderweise von mehr Erfolg gekrönt. Diese Politik sollte enden. Die meisten stimmen dem zu, aber ihre Lösung lautet, die Grenzen strenger zu kontrollieren, damit keine Wirtschaftsflüchtlinge kommen. Ein besserer Weg wären Änderungen der Rechtslage, aber nicht bezüglich des Asylrechts, sondern des Einwanderungsrechts, also keine ständig neuen Asylpakete, sondern ein Einwanderungsgesetz. (more…)

EU-Reform statt Brexit?

Februar 14, 2016

Kann die EU noch gerettet werden?

Wenn es um die Frage geht, ob die EU mehr Vorteile als Nachteile hatte, gibt es unter liberalen Kreisen verschiedene Ansichten. Einige betonen, ohne die EU hätte es keine offenen Grenzen und keinen Freihandel in Europa gegeben, außerdem würde der Euro zu mehr Haushaltsdisziplin führen, weil verschuldete Staaten nicht einfach ihre Währung abwerten könnten, da sie keine eigene mehr haben. Ich sehe diese Rechnung eher skeptisch. Die offenen Grenzen verdanken wir nicht der EU, sondern dem Schengener Abkommen, für den Freihandel brauchte es auch nicht zusätzlich die EU, ein Vertrag hätte ausgereicht, und Haushaltsdisziplin ist keine Frage des Euro: Harte Reformen gab es ohne den Euro (z.B. Thatcher in Großbritannien) und mit dem Euro sind sie keine Gewissheit (z.B. Griechenland oder Frankreich).

In den letzten Jahren wurde die EU ganz eindeutig mehr zu einer Bedrohung unserer Freiheit als zu ihrer Hüterin. Jede Woche brachte eine neue Verordnung, neue Abgaben für die Eurorettung und einen neuen Zentralisierungsplan. Europa sollte nach dem Wunsch der Eurokraten zu einem „solidarischen“ Bundesstaat werden, darunter verstanden wurde in erster Linie ein gemeinsamer Schuldendienst. In ferner Zukunft sollte daraus eine echte politische Union werden, also mit einem immer mächtigeren EU-Parlament (und Kommission) und immer schwächeren nationalen Parlamenten. Gegen eine Zentralregierung, die mehr Freiheit durchsetzt, wäre nichts einzuwenden, aber eine politische Union würde eher nicht zu einer Verschweizerung Europas führen, sondern zu einer Hellenisierung.

Angesichts dieser Entwicklungen war das einzig Gute, was man über die EU noch sagen konnte, dass die EU-Gegner noch schlimmer sind, handelt es sich hier doch vielfach um rechtspopulistische Nationalisten. Aber das ist auf Dauer kein Grund, um die EU für gut zu halten, immerhin ist die EU selbst eine Gefahr und die Rechtspopulisten sind nicht die einzige Alternative zur EU, es kann auch ein Europa zwischen der EU und Rechtspopulisten geben. Das beste Beispiel dafür ist Großbritannien. David Cameron gehört nicht zur Marke Front National, Fidesz oder FPÖ, ist aber ein EU-Gegner und plant ein Referendum zum EU-Austritt seines Landes. Um das zu verhindern, hat jetzt Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Rates, mit Cameron einen Reformvorschlag für die EU ausgehandelt, der es in sich hat. (more…)

Das Geschäft mit dem Reinwaschen

Februar 9, 2016

Betreibt Israel Pinkwashing?

Letzten Monat veranstaltete eine israelische Lesben- und Schwulenorganisation eine Konferenz im Hilton-Hotel in Chicago. Die Konferenz wurde massiv gestört und musste abgebrochen werden. Etwas überraschend könnte kommen, wer für die Störungen verantwortlich war: Es waren keine Islamisten oder amerikanische Rechtsextreme, sondern andere LGBT-Aktivisten. Was steckt dahinter? Ein „Bruderkrieg“ zwischen der LGBT-Community war es nicht, es hatte etwas mit der Nationalität der Veranstalter zu tun. Israel ist, so lautete der Vorwurf der Randalierer, ein Apartheidstaat, der Zionismus eine rassistische Ideologie und – jetzt kommt’s – Israel betreibe „Pinkwashing“.

Pinkwashing heißt der Vorwurf, Israel würde versuchen, seine Verbrechen „reinzuwaschen“, indem es auf die gute Behandlung der Lesben und Schwulen in Israel hinweist. Um nicht für das „Reinwaschen“ von Israels Schuld benutzt zu werden, stören einige LGBT-Aktivisten regelmäßig israelische Veranstaltungen und tragen manchmal bei Gay-Pride-Paraden Palästina-Flaggen, was, wenn man sich die Lage der Lesben und Schwulen in Palästina vergegenwärtigt, nur geringfügig absurder ist, als wenn ein Jude eine Nazi-Flagge tragen würde. Natürlich ist der Pinkwashing-Vorwurf Unsinn. Allerdings nicht, weil die gute Behandlungen der Lesben und Schwule in Israel ein Selbstzweck ist und nicht der „Reinwaschung“ dient, sondern weil es nichts reinzuwaschen gibt.

Der Pinkwashing-Vorwurf wäre legitim, *wenn* die anderen Vorwürfe gegen Israel wahr wären. Wenn Israel ein Apartheid-Staat wäre, Gaza ein Hunger-KZ und die Westbank kolonisiert würde, wäre der Verweis auf die gute Behandlung der Lesben und Schwulen wirklich Relativierung, denn eine vermeintliche Wohltat macht anderweitig begangene Verbrechen keinen Deut besser. Aber die Vorwürfe gegen Israel sind nicht wahr, sondern totaler Unfug, also ist der Pinkwashing-Vorwurf auch Unsinn. Die Taktik des Reinwaschens ist aber durchaus real, sie ist bei vielen modernen und historischen Regimes weitverbreitet. Der Klassiker ist noch immer die Anmerkung, das Nazi-Regime hätte zwar viele üble Taten vollbracht, aber auch für eine signifikante Verbesserung der Transportmöglichkeiten im Reich gesorgt. (more…)

Kein Paul 2016

Februar 4, 2016
Rand Paul

Es ist vorbei

Rand Paul hat gestern offiziell seinen Rückzug aus den Vorwahlen der Republikaner bekanntgegeben. Damit ist mein persönlicher Wunschkandidat schon früh weg, er hatte aber auch realistisch betrachtet kaum eine Chance. Hoffentlich kann er als Senator in Zukunft als kleines liberales Korrektiv eine Rolle spielen. Welchen Kandidaten unterstütze ich nun? Gary Johnson, der noch weniger Chancen haben dürfte als Paul und das sogar selbst einräumt. Er ist zwar Republikaner, tritt aber für die Libertarian Party (LP) an und begreift seine Kandidatur, wie Paul, als eine Art Investition in die Zukunft. Johnson trat bereits 2012 für die LP an und holte 1 Million Stimmen, 1% aller Stimmen. Mal sehen, ob er sich diesmal verbessern kann.

Wer ist von den übriggebliebenen Bewerbern der am wenigsten schlimmste? Erstmal lässt sich sagen, wer die Schlimmsten wären: Bernie Sanders und Donald Trump. Bei Sanders sind nicht nur seine Chavez-ähnlichen Ansichten furchterregend, sondern dass er sie vielleicht umsetzen könnte. Er ist nämlich jemand, der Enthusiasmus auslösen kann, das sieht man an seinen Anhängern. Die Leute, die meinen, der Föderalismus in den USA sei zu stark, um Sanders‘ Wahnsinn zu ermöglichen, möchte ich auf Roosevelt verweisen, dessen Zentralisierungswahn nicht (ausreichend) gestoppt werden konnte, oder auch an Obamacare, dass vom Obersten Gerichtshof durchgewunken wurde. Die USA sind also nicht sicher vor einer Sanderschen Venezolanisierung.

Trump ist mit seinen Plänen, Amerika wieder groß zu machen, indem eine Mauer um Mexiko zu errichtet wird (die „Große Trumpsche Mauer“?), alle 11 Millionen Illegale abgeschoben und die Zölle für chinesische Importe erhöht werden, ebenfalls furchterregend. Einer meiner Lieblingsblogger, Donald J. Boudreaux, hält Trump für besonders schlimm, weil Trumps Maßnahmen von den Menschen und den zukünftigen Historikern als „freie Marktwirtschaft“ fehlinterpretiert werden. Somit ist klar, wer auf beiden Seiten die Schlimmsten sind. Zum Glück gelten sie derzeit bei den Buchmachern noch nicht als die Favoriten. Hier sind Marco Rubio bei den Republikanern und Hillary Clinton bei den Demokraten vorne. (more…)