Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen: TTIP ist gescheitert. Seit drei Jahren kommen die Verhandlungen nicht voran, und die öffentliche Meinung hat sich während der Zeit gewandelt. Unterstützten 2014 noch 55% das Abkommen, sind es dieses Jahr nur noch 17%. Der Grund dafür ist die Anti-TTIP-Bewegung, die erfolgreich Misstrauen in der Bevölkerung geweckt hat. Möglicherweise wird auch das eigentlich schon ausgehandelte CETA aufgrund des Widerstands des Volkes scheitern. All die Aktivisten – ein Bündnis von Sozialdemokraten, Deutsch-Nationalen, Umweltschützern, Kommunisten, Antiamerikanern und vielen mehr – haben das geschafft, was sie eigentlich für unmöglich halten: „Das Volk“ hat es „denen da oben“ gezeigt. Es ist ein großer Sieg für das Volk.
Da die Abkommen sowieso nie die so großen Sachen waren, zu der sie gemacht wurden, ist das einerseits keine Katastrophe. Mit der Zeit wurden die Abkommen durch die Garantie, dass es viele Ausnahmen geben wird (besonders die „kulturelle Ausnahme„), immer weiter verwässert und damit noch unbedeutender. Außerdem sind die Handelsbedingungen zwischen Europa und Nordamerika auch ohne TTIP oder CETA relativ gut: Die Zölle sind niedrig und sind in den letzten Jahrzehnten weiter gesenkt worden, andere Handelshemmnisse (Verbote für bestimmte Produktionsmethoden, meistens zum vermeintlichen „Qualitätsschutz“) sind ebenfalls weniger worden. Mit TTIP und CETA hätte es wohl bessere Bedingungen gegeben, aber nicht viel bessere.
Aber das Scheitern könnte dennoch sehr schlechte Folgen für die Zukunft haben. Denn während die Handelshemmnisse zwischen Europa und Amerika niedrig sind, sieht es bei anderen Weltregionen anders aus. Zwischen Europa und Südamerika, Indien, Afrika und auch China gibt es beim Handel noch immer sehr viele Hemmnisse, die sich durch Freihandelsabkommen abbauen ließen. TTIP und CETA sind aber gescheitert, weil die EU 28 Mitglieder hat. Jedes davon hat seine Einzelinteressen – und kein EU-Land kann ein Freihandelsabkommen schließen, ohne dass alle anderen EU-Länder ebenfalls zustimmen. Wenn es schon mit Amerika und Kanada nicht geklappt hat, werden die EU-Länder auch in Zukunft sehr wahrscheinlich keine Freihandelsabkommen schließen können. Außer natürlich, sie machen den Brexit nach – dann sind die Fesseln weg. (more…)