Wie die Sozialdemokraten die Arbeiter betrügen

Der Erfinder des Neusprechs: George Orwell

„Die SPD will, dass die Krankenkassenbeiträge wieder zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmer getragen werden“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der „Bild“-Zeitung.

(…)

SPD-Fraktionsvize und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der „Funke Mediengruppe“ (Mittwoch): „Es ist ungerecht, dass die Arbeitnehmer jetzt alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen allein tragen müssen.“ Die Rückkehr zur hälftigen Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber sei eine „Kernfrage sozialer Gerechtigkeit“.

(Quelle)

Es gibt viele Wörter, die eine völlig andere Bedeutung haben als es das Wort suggeriert. Antifaschistischer Schutzwall, Zitronenfalter, Grönland. Eines dieser Wörter ist „Arbeitgeberanteil“. Eigentlich ist schon das Wort „Arbeitgeber“ irreführend, da es nicht die Unternehmer sind, die „Arbeit geben“, sondern die Arbeiter (die Unternehmer „geben“ die Geschäftsidee, das Kapital und den Produktionsplan, und „nehmen“ die Arbeit, sind also die eigentlichen Arbeitnehmer), aber das ist ein anderes Thema. Warum ist das Wort falsch? Weil es keinen Arbeitgeberanteil gibt. Alles, was als „Arbeitgeberanteil“ firmiert, ist in Wirklichkeit der Arbeitnehmeranteil.

Es ist nicht schwer zu erklären: Jeder Arbeiter bekommt einen Bruttolohn. Von diesem Lohn gibt es Abzüge. Alles diese Abzüge werden dem Arbeiter abgezogen. Punkt. Es ist völlig egal, wie man diese Abzüge nennt, alles wird vom Bruttolohn des Arbeiters abgezogen und ist damit der Arbeitnehmeranteil. Weder für den Unternehmer noch für den Arbeiter ändert sich durch die Bezeichnung etwas: Der Unternehmer berechnet für die Lohnkosten den vollen Bruttolohn, und der Arbeiter bekommt von seinem Lohn nur den Netto-Anteil. Theoretisch könnte man die Bezeichnung ändern und den Arbeitgeberanteil auf 100% erhöhen – und es würde sich rein gar nichts ändern. Da, wo „Arbeitgeberanteil“ drinsteht, ist auch Arbeitnehmeranteil drin.

Warum sagen die Sozialdemokraten dann ständig, dass der Arbeitgeberanteil steigen muss? Weil man so die Arbeiter betrügen kann. Es klingt schön, wenn man so tut, als würde nicht den Arbeitern das Geld abgezogen, sondern den Unternehmern. Die Arbeiter merken so nicht, wie sehr sie vom Finanzamt und den Sozialversicherungen ausgeplündert werden. Und leider scheinen die meisten darauf reinzufallen. Orwell hat gesiegt. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass einem sozialdemokratischen Wähler zu erklären, dass es keinen Arbeitgeberanteil gibt, in etwa so erfolgsversprechend ist wie einen Zeugen Jehovas zum Atheismus zu bekehren. Es ist nicht der einzige Orwellsche Sieg für die Sozialdemokraten.

Nicht nur der „Arbeitgeberanteil“ wird vom Arbeiter bezahlt, bei vielen vermeintlichen Gratis-Geschenken an die Arbeiter ist es dasselbe: Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Mutterschaftsgeld – all das sind keine vom Unternehmer bezahlte Geschenke, der nun auf eine Yacht verzichtet. Der Arbeiter bezahlt diese Wohltaten, indem er länger arbeitet oder weniger Lohn kriegt (oder beides). Man würde wohl auch nicht den Sonntagszuschlag oder den Zuschlag für Nachtarbeit als Gratis-Geschenk betrachten, sondern klar sehen, dass die Arbeiter für sie arbeiten müssen. Trotzdem scheinen beim Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld viele Arbeiter ernsthaft an „kostenlose“ Geschenke zu glauben, die „von den Gewerkschaften erkämpft“ wurden.

Das ist aber nicht alles, auch im Steuersystem kämpfen Sozialdemokraten für Dinge, die angeblich „die Unternehmer bezahlen“, in Wirklichkeit aber der einfache Mann. Dass die Mehrwert-, Tabak- und Mineralölsteuer nicht von den Unternehmen, sondern durch höhere Preise von den Kunden bezahlt werden, dürften die meisten wissen. Aber das trifft oft auch bei den Unternehmenssteuern zu. Unternehmen sind keine Personen (wenn es nicht um Unternehmenssteuern geht, werden die Sozis nicht müde, das zu betonen). „Die Reichen“, die offenbar das Ziel von Unternehmenssteuern sind, können nur auf direktem Weg besteuert werden, also mit dem Spitzeneinkommensteuersatz oder Steuern für hohe Vermögen oder Erbschaften. Unternehmenssteuern dagegen – ob die Körperschaftsteuer bei Kapitalgesellschaften oder die Einkommensteuer bei Personengesellschaften – können einfach an andere weitergereicht werden.

Genau das geschieht oft. Die Last der Körperschaftsteuer wird von den Anteilseignern getragen, deren Dividenden geringer ausfallen. Es können aber auch die Kunden durch höhere Preise oder die Mitarbeiter durch niedrigere Löhne belastet werden. Bei den Personengesellschaften sieht es ähnlich aus. Natürlich zerstört letztlich jede Steuer Wohlstand, aber in dem Fall ist der Punkt, dass der zerstörte Wohlstand meistens der des Arbeiters ist, ohne dass er das merkt. Die großen Konzerne verlegen sowieso ihren Sitz ins Ausland oder nutzen Steuerschlupflöcher, um ihre Steuerlast zu mindern, so dass nur die kleinen Unternehmen, die wenig Spielraum haben, wirklich selbst die Last der „Unternehmenssteuern“ tragen (die „Lösung“ für dieses Problem ist für die Sozis nicht etwa die, die Unternehmenssteuern zu senken, sondern alle Steuerschlupflöcher zu schließen und Republikflucht zu bekämpfen).

Tragisch ist, wie viele Arbeiter an all diese Dinge glauben. Es ist schon schlimm genug, eine Politik zu befürworten, die einen selbst auf Kosten eines anderen besserstellt. Aber eine Politik zu befürworten, die einen selbst schadet – im Glauben, dass man von ihr profitiert – ist doppelt bitter. „Unternehmenssteuern schaden den Arbeitern? Quatsch! Es heißt doch Unternehmenssteuer!“ – weiter schaffen es die meisten nicht. Orwell hat gesiegt. Also habe ich einen Vorschlag, wie wir für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen können: Wir erhöhen die Sozialabgaben auf 50%, aber mit einem Arbeitgeberanteil von 100%, dann führen wir ein Ostergeld und Fußballgeld (also „kostenlose“ Stadiontickets) ein, und anschließend verdoppeln wir die Unternehmenssteuern. Oder, kurz gesagt:

Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten.

9 Antworten to “Wie die Sozialdemokraten die Arbeiter betrügen”

  1. venguhl Says:

    Hallo, ich hab mal eine andere Frage. Ich möchte selber ein bisschen bloggen und habe gesehen das sie in ihren Artikeln auch immer Bilder verwenden. Meine Frage ist nun woher sie die Bilder haben und wie das mit den rechten an diesen aussieht. Ich möchte ungerne abgemahnt werden und kann und will aber auch nicht wirklich für Lizenzen bezahlen.

    • arprin Says:

      Die Bilder kommen meistens aus Wikimedia. Das hier benutzte Bild ist public domain, es stammt von hier:

      Man muss halt immer aufpassen ob es public domain ist oder nachfragen wenn es nicht angegeben ist und man es verwenden will. Manchmal kann man auch die Quelle angeben, ohne Lizenzgebühren zu zahlen.

      • Anonym Says:

        public domain ist gefährlich!

        In den USA mag es so sein, dass “ public domain“ bedeutet, dass man es frei einsetzen kann, weil niemand Urheberrechte erhebt. Leider stimmt das für Deutschland nicht.
        In Deutschland gilt dann weiterhin das Urberrecht… Ein rechtliches Problem.

      • venguhl Says:

        Ok, danke für die Antwort. Auch wenn meine Bedenken nicht ganz ausgeräumt sind. 🙂

  2. Anonym Says:

    Alles, was als „Arbeitgeberanteil“ firmiert, ist in Wirklichkeit der Arbeitnehmeranteil.

    Diese Aussagen, sowie spätere im Posting suggerieren, dass der „Arbeitgeberanteil“ an die Arbeiter ausgeschüttet würde, wenn es ihn nicht gebe. Das halte ich in den meisten Fälle für falsch oder irrführend.
    Jemand mit einem gringen Bruttolohn, sagen wir 1800 EUR im Monat, wird auch dann nicht plötzlich mehr Geld fordern können, wenn der Arbeitgeber keine Nebenkosten mehr hätte.

    In Wahrheit steigen durch diesen Anteil erst Mal die Lohnkosten.
    Und wie das nunmal so ist, gibt es grundsätzlich zwei Strategien, um mit Kostensteigerungen umzugehen:
    1. Man nimmt es von den Gewinnen.
    2. Man packt die Kosten rauf auf die Preise und gibt es auf den Weg an die Kunden weiter.

    Der „Normalfall“ ist sicherlich die Strategie (2). Es ist ja auch offensichtlich. Dennoch möchte ich erwähnen, dass auch (1) häufig genug vorkommt.
    Nehmen wir als Beispiel einen Handwerksbetrieb, einen Schneider, der für 2,30 EUR maßgeschneiderte Hosen näht. Nun erlebt der gute Mann plötzlich, wie die Kosten für den Stoff der Hose explodieren. Die Preise kann er aber nicht so plötzlich anheben, die Nachfrage würde zusammenbrechen und seine Kunden kaufen dann von der Stange, so dass er eher Strategie (1) wählt und dann pro Hose nicht mehr 50 Cent, sondern nur noch 30 Cent Gewinn macht.
    Nun gibt es verschiedene Wege für den Schneider vorzugehen. Z. B. kann er ab dann versuchen, seinen Kunden dazu noch einen Lieferservice für die Hosen anzubieten. Der „kostet“ ihn dann 5 EUR, er nimmt aber 6 EUR dafür vom Kunden, so hat er den Verlust wieder drin.
    Oder er geht im Preis sogar noch weiter runter und nimmt sogar verluste in Kauf, um weitere Kunden anzulocken und sie auf andere, gewinnbringendere Dienstleistungen und Produkte Aufmerksam zu machen.

    Umgekehrt ist es doch genauso. Verdient ein Arbeitnehmer vielleicht 1800 EUR im Monat, so bleiben ihn nach Miete, Steuern, diversen Kosten, anteiliges Sparen für allerhand Reparaturen, Versicherungen usw.usf. nun noch 300 EUR zur freie Verfügung.
    Steigen jetzt die Mietpreise und er hat nur noch 200 EUR zum Leben, kann der Arbeitnehmer ja auch nicht plötzlich seinen Lohn erhöhen wie er lustig ist. Der Arbeitgeber würde ihn was husten. Also bleibt den Arbeitnehmer nur die Strategie: Entweder er lebt mit dem Verlust von 100 EUR pro Monat oder er muss seine Einnahmen erhöhen, also einen Nebenjob annehmen, sein Gehalt steiger, befördert werden, eine attraktivere Stelle annehmen usw.usf. oder er muss auf etwas verzichten. Zum Beispiel das Sparen für Reparturen tauscht er schnell gegen eine günstigere Versicherung aus.

    • arprin Says:

      Du hast Recht, der Arbeiter würde ohne die Abzüge nicht immer den vollen Bruttolohn verdienen. Worum es mir ging ist, dass die Abzüge immer von dem Arbeiter sind. Der Bruttolohn wird vom Arbeiter erwirtschaftet, er trägt also die ganze Last der Lohnabzüge.

      Und wenn die Preise durch die wegfallenden Nebenkosten (und damit niedrigeren Produktionskosten) sinken, ist das gut für die ganze Wirtschaft. Die Arbeiter würden so selbst ohne eine Steigerung des Nominallohns eine Reallohnsteigerung erleben.

      • Anonym Says:

        Worum es mir ging ist, dass die Abzüge immer von dem Arbeiter sind.

        Das ist so pauschal nicht richtig. Siehe oben meine Erklärung: Man kann es auch von den Gewinnen nehmen, man kann die Kosten umlagern.

        Der Bruttolohn wird vom Arbeiter erwirtschaftet, er trägt also die ganze Last der Lohnabzüge.

        Klingt nach Marx Arbeitswerttheorie.

        Die Grundidee ist vielleicht nicht falsch. Das Problem liegt woanders. Zwei Unternehmen, in beidne Arbeiten die Arbeiter hart. Das eine hat beim Vertrieb mehr glück, deshalb verdient es auch mehr. Simple Sache, oder?

        Und wenn die Preise durch die wegfallenden Nebenkosten (und damit niedrigeren Produktionskosten) sinken, ist das gut für die ganze Wirtschaft.

        Du gehst davon aus, dass die Preise gesenkt werden, wenn die Lohnkosten weniger hoch sind. Das ist aber nicht automatisch so. Sieht man doch am Real Live. Dann gibt es eben immer weniger Leute, die sich einen Luxus-PC leisten können.

        Die Arbeiter würden so selbst ohne eine Steigerung des Nominallohns eine Reallohnsteigerung erleben.

        So allgemein stimmt das doch nicht. Was ist mit Exportwirtschaften wie Deutschland? Auch kann das Geld eben als Dividente ausgezahlt werden.

      • arprin Says:

        Man kann es auch von den Gewinnen nehmen, man kann die Kosten umlagern.

        Nein. Die Abzüge vom Bruttolohn sind nie etwas, was der Unternehmer von seinen Gewinnen nimmt, sie werden immer – allein schon, weil es das Gesetz vorsieht – vom Lohn des Arbeiters genommen.

        Klingt nach Marx Arbeitswerttheorie.

        Marx sagte, dass der Unternehmer nichts und der Arbeiter alles macht. Das ist natürlich erschütternder Unsinn. Unternhemer schaffen sehr wohl Werte und bekommen dafür auch ihren Gewinn. Die Arbeiter kriegen ihren Lohn – und von dem werden die Abzüge genommen.

  3. Gutartiges Geschwulst Says:

    „Wie die Sozialdemokraten die Arbeiter betrügen“

    Ein anschauliches Beispiel, wie sich ein sozialdemokratischer Achtgroschenjunge auf die Seite der Mächtigen stellt, bietet dieser Artikel:
    http://www.focus.de/auto/news/machtkampf-mit-zulieferern-zahlen-zeigen-ganze-dimension-des-vw-dilemmas_id_5842472.html
    Auszug:
    „Der VW-Anteilseigner Niedersachsen spricht sich angesichts des Lieferstopps zweier VW-Teilehersteller notfalls für Zwangsmaßnahmen aus. Der bereits beträchtliche Schaden würde sich mit jedem Tag vergrößern, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag in Hannover.
    Sollte die Verhandlungslösung scheitern, müsse Druck ausgeübt werde. „Dann wird man auch Zwangsmaßnahmen aufnehmen müssen“, meinte Weil. (…) Weil betonte: „Ich kann nur dringend appellieren, vorhandene Meinungsverschiedenheiten auf dem Verhandlungswege beizulegen, aber die Lieferungen sofort wieder aufzunehmen.“ Der völlig inakzeptable Vorgang dürfe nicht Schule machen.“

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