Archive for Dezember 2016

Die besten Fake News 2016

Dezember 30, 2016

Das Jahr 2016 ist bald vorbei. Es war alles andere als normal. Dinge geschahen, die sich die meisten nicht vorstellen konnten. Vor allem zwei Alpha-Männer haben uns überrascht:

Warum hatten der Brexit und Trump Erfolg? Natürlich wegen den Fake News. Fake News haben alles verändert. Deshalb hier eine Zusammenstellung der besten Fake News des Jahres.

5.) „Wie im Vorjahr verliefen die meisten Silvesterfeierlichkeiten auf den Rheinbrücken, in der Kölner Innenstadt und in Leverkusen friedlich.“ (Polizeipräsidium Köln, 1. Januar)

Mehr Informationen zu den Ereignissen hätten die Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt wohl nur unnötig verunsichert. Dummerweise gibt es das Internet, und die Meldungen verbreiteten sich schnell bis ins Kanzleramt. Schon war das Silvester-Pogrom weltweit in den Schlagzeilen, und es folgten Diskussionen, in denen man den Zuschauern erklärte, dass die meisten Fälle von sexueller Belästigung noch immer unter Familien und im Oktoberfest stattfinden und es somit keinen Grund gibt, die Herkunft der Täter zum Thema zu machen. Die Kölner Polizei zog die Lehren und rüstete massiv auf, damit sich solche Taten nicht mehr wiederholen, und das mit Erfolg: Die Domplatte ist dieses Jahr wohl der sicherste Ort der Welt. Ein Blitz schlägt nie zweimal an der gleichen Stelle ein.

4.) „This is just the start of the Brexit’s economic disaster“ (New York Times, 26. Juni)

Schon kurz nach dem Brexit war den meisten Menschen klar: Jetzt sind die Briten verloren. Sigmar Gabriel meinte in der Tagesschau, dass ein EU-Austritt Deutschlands „neue Kriegsgefahren bringen würde“ und „die Hälfte aller Jobs weg wären.“ Und wer konnte anzweifeln, dass dasselbe für die Briten gilt? Die Briten sind zwar Netto-Zahler in der EU, können ohne EU eigenständig Freihandelsabkommen aushandeln und die Unternehmenssteuer senken – aber: Sie kriegen ja auch Subventionen! Trotzdem ist der Untergang Britanniens noch nicht eingetreten. Und der wird auch nicht kommen, denn die EU-Mitgliedschaft ist nicht der einzige Indikator für den Wohlstand in einem Land. Es kommt auf die eigene Politik an, unabhängig von Brüssel. Fragt mal die Griechen oder die Schweizer.

3.) „AfD-Chefin Frauke Petry fordert Schießbefehl an Grenze“ (FAZ, 31. Januar)

Trotz 5.000 Jahren Etatismus ist der Mehrheit der Deutschen – und wohl auch anderer Völker – nicht bekannt, was „Gewaltmonopol“ bedeutet. Die Tatsache, dass der Staat jedes Gesetz „in ultima ratio“ mit Waffengewalt durchsetzt, ist absolutes Grundwissen bezüglich Staatstheorie. Warum tragen Zollfahnder Schusswaffen? Warum tragen Mindestlohnkontrolleure Schusswaffen? Ganz bestimmt nicht zur Dekoration. Doch diese Wahrheit will man offenbar nicht wahrhaben, wenn irgendwie die AfD im Spiel ist. Die Durchsetzung von Gesetzen ist dann „Schießbefehl“. Geschadet hat es der AfD am Ende aber nicht, sowie zahlreiche andere Fake News über die AfD. Vielleicht haben diese der AfD eher geholfen. Jeder Schuss ein Treffer. (more…)

Terror in Berlin: Der Rechtsstaat schlägt zurück

Dezember 23, 2016

Anis Amri schaffte nur drei Tage, der Titel bleibt bei bin Laden

Die Reaktionen des Rechtsstaats auf den Terroranschlag in Berlin sind bereits da, und sie fallen sehr hart aus. Wenn man bedenkt, dass Anis Amri sich in Deutschland aufhielt, obwohl er vier bis acht verschiedene Identitäten verwendete, den Behörden als Gefährder bekannt war und sich als Selbstmordattentäter beworben hatte, er in Abschiebehaft saß und freigelassen wurde, verschiedene ausländische Geheimdienste die deutsche Regierung vor Anschlägen in Weihnachtsmärkten gewarnt hatten und die deutschen Behörden Amris Freiheit damit erklärten, dass es schwer war, Amri im Auge zu halten, „weil er sich oft von einem Ort in einen anderen bewegte“, ist das verständlich. Und was sind die Reaktionen? Folgende:

1. Kampf gegen die Instrumentalisierung „von rechts“.

Marcus Pretzells Tweet („Es sind Merkels Tote“) könnte strafrechtliche Ermittlungen zur Folge haben. Denn nichts ist schlimmer ist als die schamlose Instrumentalisierung einer Tragödie. Das weiß vor allem Ralf „Pegida-hat-mitgestochen“ Stegner. Neben dem Kampf gegen Hate Speech soll der Kampf gegen Fake News verschärft werden. Heiko Maas fordert die Errichtung einer „Wahrheitskommission„, die Meldungen nach ihrem Wahrheitsgehalt verifiziert, das Bundesinnenministerium plant ein „Abwehrzentrum gegen Desinformation„. Die Strafen für Vergehen dieser Art sollen Geld- und Gefängnisstrafen sein. Damit sich eine so schreckliche Tat wie Pretzells Tweet nicht wiederholt.

Mein Vorschlag für ein Fake News- und Hate Speech-Paragraf:

&6538 Verbreitung von wahrheitswidrigen und die Menschenwürde verletzenden Aussagen
(1) Wer in der Öffentlichkeit oder in den sozialen Medien wahrheitswidrige Aussagen tätigt, verbreitet oder zustimmt, die geeignet sind, die Bevölkerung in einer Weise irrezuführen, dass der öffentliche Frieden gestört wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in der Öffentlichkeit oder in den sozialen Medien Aussagen tätigt, verbreitet oder zustimmt, die die Menschenwürde verletzen.

2. Zusammenhalt betonen.

Es kann nicht sein, dass sich die Gesellschaft spaltet, nur weil ein LKW ein Parkverbot ignoriert hat. Deswegen haben Christen, Muslime, Flüchtlinge und Schon-länger-hier-Lebende gemeinsam in Berlin gesungen und in München demonstriert, gegen den wahren Feind: Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, AfD, Pretzell. Natürlich haben die Menschen auch wieder Weihnachtsmärkte besucht. In einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft wie der unseren bestimmen nicht Terroristen, wer im Weihnachtsmarkt sein darf. Das macht die Gewerbeaufsicht. Das schönste Zeichen des Zusammenhalts war aber der ökumenische Gottesdienst mit Vertretern der drei abrahamitischen Religionen. Der Imam Ferid Heider, der auf seiner Facebook-Seite den weltbekannten islamistischen Prediger al-Qaradawi bewirbt, das islamistische R4bia-Zeichen als Profilbild hatte und 9/11-Verschwörungstheorien verbreitet, war dafür besonders gut gewählt: Wenn man Islamisten und 9/11 Truther ausschließen würde, müsste man nämlich 50-80% aller Muslime aus den Gedenkfeiern ausladen. (more…)

Tod durch Statistik

Dezember 19, 2016
Die Zukunft der Dritten Welt? (Bild: Base64)

Wie tödlich ist die Globalisierung? (Bild: Base64)

Nach dem Wahlsieg Donald Trumps fehlt es nicht an Erklärungsversuchen, wie es zu diesem Weltenbrand kommen konnte. Neben den Fake-News steht ganz oben auf der Liste: Der Neoliberalismus. Bis jetzt sind die Linken noch nie darauf gekommen, dass der für irgendeine negative Entwicklung verantwortlich ist. Im Spiegel wurde jetzt aber eine Studie als Beweis zitiert: Demnach hat die Selbstmordrate seit 2000 besonders dort zugenommen, wo die Globalisierung am stärksten war. Angeblich haben Handelserleichterungen zu Arbeitslosigkeit geführt, diese zu Drogen, Depressionen und Selbstmord, und dann zum schlimmsten von allem: Trump. Die Schlussfolgerung: „Globalisierung kann tödlich sein.“ Deshalb muss die Globalisierung ab jetzt „kontrolliert werden“, um neue Trumps zu verhindern.

Leider ist vieles an der Theorie faul. Das erste Problem ist, dass Trump auch in Bundesstaaten gewonnen hat, die nicht zum Industrieraum des Rust Belt gehören, die angeblich durch die Globalisierung zerstört wurden, wie z.B. Florida. Inwiefern chinesische Billigwaren den Sun State zerstört und dann zu Selbstmorden und Trump getrieben haben sollen, bleibt ein Rätsel. Das zweite Problem ist, dass es trotz der Handelsliberalisierungen mit China noch immer überhaupt keinen freien Handel mit China gibt – und schon gar nicht mit Industriegütern wie Eisen und Stahl. Tatsächlich betreffen die Hälfte aller Zölle und andere Handelsbeschränkungen diese beiden Güter! Die Stahlarbeiter sind die am meisten vor Freihandel geschützte Gruppe der USA (okay, vielleicht zusammen mit den Bauern).

Wenn es aber so viel Protektionismus für die Stahlarbeiter gibt, warum ist die Zahl der Stahlarbeiter in den USA seit 1970 trotzdem um 80% zurückgegangen? Es ist die erhöhte Produktivität infolge der Automatisierung. Die Stahlproduktion im selben Zeitpunkt ist nur um 20% gesunken, man kann heute also mit weniger Arbeitern mehr Stahl produzieren. Dieselbe Entwicklung machen unbemerkt von der Welt auch die drei chinesischen Nordost-Provinzen Heilongjiang, Jilin und Liaoning durch: Hier verlieren immer mehr Stahlarbeiter ihre Arbeitsplätze und viele verlassen die Provinz, weil durch die Automatisierung immer weniger Arbeiter gebraucht werden. Kurz gesagt: Selbst wenn China nicht existieren würde, hätte die amerikanische Stahlindustrie massiv Arbeitsplätze abgebaut. Aber ein Wahlkampf gegen Roboter zu führen ist weniger erfolgsversprechend als gegen Globalisierung. (more…)

Was die Experten sagen

Dezember 12, 2016
Jeder will sie, nur nicht bei sich zuhause

Ist der Umstieg auf die grünen Energien wirklich unausweichlich?

„The science is settled.“ Das ist das Totschlagargument, mit dem jede Diskussion darüber, ob wir aus allen fossilen Energieträgern aussteigen und in grüne Energien investieren müssen, beendet wird. Die Klimatologen sind sich zu 97% einig: Es gibt die vom Menschen verursachte Globale Erwärmung, und wenn wir nicht unseren CO2-Ausstoß drastisch senken, werden in den kommenden Jahrzehnten Millionen Menschen sterben. Deswegen waren viele Trump-Gegner schockiert, als Trump im Vorfeld der US-Wahlen Zweifel an der These von der menschengemachten Globalen Erwärmung äußerte und ankündigte, Investitionen in grüne Energien zu drosseln sowie aus dem Klimavertrag von Paris aussteigen zu wollen. Wie kann jemand die Wissenschaft leugnen!? Mittlerweile hat sich Leonardo di Caprio höchstpersönlich mit Trump getroffen, um mit ihm über seinen Oscar … äh, die Globale Erwärmung zu reden.

Zwei Dinge erstaunen mich an dem Argument. Erstens: Nehmen wir an, es wäre wirklich so, dass 97% aller Klimatologen von der menschengemachten Globalen Erwärmung überzeugt sind. Das würde nicht im Geringsten erklären, warum die Öffentlichkeit den Klimatologen vertraut. Es gibt nämlich viele andere Wissenschaftsfelder, in denen die Experten sich in der absoluten Mehrheit einig sind, und der Öffentlichkeit ist es egal. Das beste Beispiel: Die Wirtschaft. Obwohl sich Ökonomen in vielem uneinig sind, gibt es doch bei der Mehrheit einen Konsens – und dieser Konsens geht stark in Richtung „Die freie Marktwirtschaft ist das bestmögliche Wirtschaftssystem.“ Im Magazin „American Economic Review“ wurden im Mai 1992 1.350 Ökonomen aus Privatunternehmen, staatlichen Behörden und Bildungseinrichtungen befragt. Die Ergebnisse waren u.a.:

– 93% meinten, dass Zölle und Importquoten den allgemeinen Wohlstand schädigen.
– 84% meinten, dass ein großes Defizit im Staatshaushalt schlechte Folgen für die Wirtschaft hat.
– 79% meinten, dass der Mindestlohn die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen und Geringqualifizierten erhöht.
– 71% meinten, dass Inflation primär durch eine Erhöhung der Geldmenge verursacht wird, und 74% lehnten Preiskontrollen als Mittel zur Inflationsbekämpfung ab.
– 93% meinten, dass eine Mietpreisbremse die Qualität und Quantität des Wohnungsangebots schädigt.
– 83% meinten, dass es keine legitime Aufgabe des Staates ist, Einkommen umzuverteilen.

Das ist ein ziemlich heftiger Konsens. Nicht nur diese ältere Umfrage aus den USA zeigt das, so gut wie überall – in den USA, Kanada, Westeuropa, Osteuropa, Lateinamerika, usw. – und zu jeder Zeit gibt es unter den Ökonomen eines Landes einen liberalen Konsens. Die einzigen Ausnahmen sind Länder, die eine totalitäre Diktatur sind und in der die Forschung somit nicht frei ist. Ansonsten sind die Ökonomen in allen wichtigen Bereichen zu deutlich über 50% für liberale Politik: Für Freihandel, gegen chronische Schuldenmacherei („für Austerität“ würde man heute sagen), gegen einen großen Sozialstaat, für eine strikte Geldpolitik, gegen Mindestlohn, gegen Mietpreisbremse. „The science is settled“ – das gilt in der Ökonomie auf jeden Fall. Wie wir wissen, interessiert das in der Öffentlichkeit aber keine Sau. Warum gibt es diese unglaublich große Ungleichbehandlung von Klimatologen und Ökonomen? (more…)

Die Lüge vom post-faktischen Zeitalter

Dezember 4, 2016
Google soll vergessen

Macht das Internet rechtspopulistisch?

„Wenn das Netz lügt, ist mit der Freiheit Schluss“ – mit diesen klaren Worten warnte Volker Kauder in der „Welt“ die Internet-Nutzer davor, falsche Meinungen öffentlich kundzutun. Anlass war angeblich die zunehmende „Hassrede“ in den sozialen Medien, die nach einer Empörungswelle in der Politik bereits von Facebook zensiert wird. In Wahrheit dürfte Kauder damit das in letzter Zeit ständig vorkommende Gerede vom „postfaktischen Zeitalter“ im Kopf gehabt haben. Dieses Wort, dass es zum internationalen Wort des Jahres geschafft hat, dominiert die Medienlandschaft: Die Wahlsiege der Brexit-Befürworter, von Donald Trump und der Aufschwung anderer als rechtspopulistisch eingeschätzter Parteien hätte vor allem einen Grund: Ihre hemmungslosen Lügen, auf die alle reinfallen würden.

Einen Punkt muss man diesen Leuten zugestehen: Donald Trump hat in seinem Wahlkampf außerordentlich viel gelogen. Meine Nummer 1 seiner Lügen war seine Behauptung, dass Ted Cruz‘ Vater an der Ermordung von Kennedy beteiligt gewesen ist. Das war so verrückt, dass es schon wieder (tragi-)komisch war. Ted Cruz sagte zutreffend über Trump: „This man is a pathological liar. He doesn’t know the difference between truth and lies.“ (und ja, ich weiß, Cruz hat später Trump unterstützt). Aber erstens wurde Trump sowieso, wie es viele beschrieben, von seinen Anhängern „ernst, aber nicht wörtlich“ genommen, während ihn seine Gegner „wörtlich, aber nicht ernst“ nahmen. Und zweitens war Trump nicht allein repräsentativ für alle nicht-linken Wahlsieger der letzten Zeit.

Wenn man sieht, wie der Brexit-Wahlkampf geführt wurde, kann man nicht erkennen, dass auf Seiten der EU-Gegner im Trump-Stil systematisch gelogen wurde. Außer natürlich, man sieht eine Sache als gegeben an: Die EU hat für Frieden und Wohlstand gesorgt. Aber das tun eben nicht alle (ich z.B. auch nicht), deswegen kann man hier nicht von bewusster Irreführung sprechen. Lügen bedeutet, dass man die Wahrheit weiß und sie nicht erzählt – nicht, dass man eine andere Meinung hat. Das ist wohl der Punkt an der ganzen Debatte: „Postfaktisch“ ist ein neues, abwertend gemeintes Wort für „Alle Meinungen, die nicht links sind.“ Problematisch daran ist nicht nur die Abwertung, sondern die möglichen politischen Folgen, die sich ergeben, wenn man glaubt, dass eine Welle von vermeintlichen Lügen „die Demokratie gefährdet.“ Volker Kauder hat in seinem Welt-Artikel schon einiges durchsickern lassen.

Betreiber von Internet-Seiten sollen – per Gesetz – gezwungen werden, alle Inhalte zu löschen, die als Hassrede eingestuft werden, die Internet-Adressen der Hassenden den Behörden übermitteln und als letztes „diskutieren“, ob das Netz nicht nur von Hass, sondern „von Lügen generell“ freigehalten werden sollte. Laut Kauder ist es „völlig unverständlich“, dass es hier eine Gesetzeslücke gibt. Denn, und das dürfte klar sein: Nichts dürfte den Aufstieg der Rechtspopulisten besser verhindern als der Beginn von massenhafter Internet-Zensur, damit die Regierenden dem Volk zeigen können, dass sie keine abgehobene Elite sind, sondern sich um den einfachen Mann kümmern. In der realen Welt wie im Internet. (more…)