Archive for August 2017

Auf dem Weg zur Verkehrswende

August 26, 2017
Werden Taxis bald aussterben?

Haben Autos noch eine Zukunft in Deutschland?

Von außen betrachtet könnte es so aussehen, als würde jemand gezielt einen Plan verfolgen, um Deutschland zu schaden. Die Atomkraft wird geächtet, der Gentechnik wird keine Chance gegeben, und nun holt man zum finalen Schlag aus und zerstört die deutsche Autoindustrie – was die geplanten Diesel-Fahrverbote langfristig schaffen könnten. Aber es ist kein geheimer Plan. Meistens ist Dummheit eine bessere Erklärung als Bösartigkeit. Die Diesel-Gegner planen nicht, Deutschland zu schaden, sie glauben einfach wirklich, dass Elektroautos die Zukunft sind und „die deutsche Automafia jedes Jahr 10.000 Menschen vergast“, wie es GEZ-Mann Jürgen Döschner in einem (wie üblich später gelöschten) Tweet ausdrückte.

Anfangs dachte ich, dass es nicht so weit kommen würde. Die Wutrede von Winfried Kretschmann auf dem Grünen-Parteitag brachte es auf den Punkt: Wer jetzt das Ende des Diesels beschwört, der darf sich nicht wundern, wenn er bei den Wahlen bei 6-8% landet. Aber langsam setzt sich, genauso wie vor dem Atomausstieg, ein angsteinflößender Konsens durch, der sich am besten durch folgendes Jahrhundertzitat von Katrin Göring-Eckardt beschreiben lässt: „Ich bin ja in der DDR aufgewachsen und bin darum skeptisch, wenn sich der Staat einmischt. Aber gerade nach der Debatte dieser Woche ist doch klar, dass der Staat das Ende des fossilen Verbrennungsmotors festschreiben muss.“

Ich der letzte, der die deutsche Autoindustrie für die Hüter der Moral hält. Sie haben mit ihren Abgas-Tricksereien einen Betrug verübt, und unabhängig davon genießt VW noch immer staatliche Privilegien, die es erst Recht zu kritisieren gibt. Dennoch sehe ich es als Desaster an, wenn man sich nun dazu aufmacht, das deutsche Auto zu entsorgen. Dafür gibt es vernünftige Gründe.

1. Die Auto-Abgase sind keine große Gesundheitsgefahr.

Historisch betrachtet wird die Luft in den Frühphasen der Industrialisierung am schwersten belastet. So war es in Europa und später in China, wobei die Belastung durch moderne Technik mit der Zeit zurückgeht und keine Gefahr mehr für die Gesundheit darstellt. Die Zahlen zeigen: In Berlin liegt die Feinstaubbelastung bei relativ ungefährlichen 24 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft und die Stickstoffoxid-Emissionen in ganz Deutschland haben sich seit 1990 halbiert. Dabei muss auch beachtet werden, dass Autos nur einen geringen Teil der Feinstaubbelastung ausmachen und Fahrverbote deshalb kaum etwas an den Feinstaubwerten ändern würden. Letztlich zeigt das auch, wie absurd übertrieben die gesetzlichen Auflagen waren, ebenso wie die ganzen Märchen-Zahlen über „zusätzliche Tote“ durch nicht eingehaltene Abgasgrenzwerte. (more…)

Eine neue Normalität

August 18, 2017

Die Islamisten kommen

Die Terroristen dürfen unseren Hass nicht bekommen
Pray for Barcelona
Es gibt keine absolute Sicherheit
Der Zentralrat der Muslime verurteilt den Anschlag
Unsere Art zu leben steht nicht zur Debatte
usw. usw. …

Paris, Nizza, Brüssel, Berlin, London, Stockholm, Manchester, Barcelona, von kleineren Anschlägen wie in Hamburg ganz zu schweigen – der islamistische Terror im Westen ist so normal geworden, dass die üblichen Reaktionen wie auswendig gelernt wirken. So sagte Londons Bürgermeister Sadiq Khan nach dem Anschlag in London im MärzWe are not going to allow these terrorists to cow us“ (cow bedeutet einschüchtern), nach dem Anschlag in Manchester sagte er „We will never be cowed by terrorism“, und schließlich sagte er nach dem Anschlag in London im Juni, nun nicht mehr überraschend, „We will never let these cowards win and we will never be cowed by terrorism.“ Ja, wir haben es verstanden, Herr Khan: Die Terroristen werden uns nicht einschüchtern.

Die Nachrichten aus Europa klingen immer mehr wie aus dem Libanon. So wie die Libanesen sich daran gewöhnt haben, werden wir uns auch immer mehr daran gewöhnen. Wir sind schon auf den besten Weg dahin. Wie spektakulär waren die Reaktionen auf den Anschlag auf Charlie Hebdo, wie unspektakulär die Reaktionen auf den Anschlag in Barcelona. Man kann das einfach erklären: Wenn Werder Bremen oder Eintracht Frankfurt die Bundesliga gewinnen würden, würde die ganze Stadt durchdrehen, wenn der FC Bayern Meister wird, nimmt es die Stadt zur Kenntnis. Man gewöhnt sich eben an alles, ob Positives oder Negatives. Aber für wie lange wird der Terror zur Normalität werden?

Thomas Hegghammer hat letztes Jahr eine interessante Analyse dazu verfasst. Sie verdient es, ganz durchgelesen zu werden, für den eiligen Leser sei hier die deprimierende Zusammenfassung über die Zukunft des islamistischen Terrors in Europa in den kommenden 10 Jahren wiedergegeben:

Despite reaching historically high levels in recent years, violent Islamist activity in Europe may increase further over the long term due to four macro-trends: 1) expected growth in the number of economically underperforming Muslim youth, 2) expected growth in the number of available jihadi entrepreneurs, 3) persistent conflict in the Muslim world, and 4) continued operational freedom for clandestine actors on the Internet. Over the next decade, the jihadi attack plot frequency in Europe may follow a fluctuating curve with progressively higher peaks. Many things can undercut the trends and lead to a less ominous outcome, but the scenario is sufficiently likely to merit attention from policymakers.

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Lob des Tyrannenmords

August 10, 2017
Die Flagge des kommunistischen Korea

Wie lange wird Nordkorea noch existieren?

Wie soll man mit Kim umgehen? Auf diese Frage gab der Autor Mark Bowden im „Atlantic“ vier verschiedene Antworten, wobei er alle als schlecht bezeichnete, aber eine als das kleinere Übel bevorzugte. Angesichts der aktuellen Situation wird es immer wichtiger, die richtige Antwort zu finden. Kim greift nach der Interkontinentalrakete, mit der er auch das amerikanische Festland mit Atombomben angreifen könnte. Der 66 Jahre alte Bowden hat als Kind die Kubakrise miterlebt und wie alle Menschen im Kalten Krieg die atomare Bedrohung durch die Sowjetunion als Teil seines Alltags gehabt. Seine Analyse zu Nordkorea ist unbedingt empfehlenswert und sollte von den amerikanischen Militärs gelesen werden. Für Bowden gibt es folgende vier Wege, um mit Kims Atombomben umzugehen:

1. Sturz des nordkoreanischen Regimes.
2. Begrenzter Angriff auf die nordkoreanischen Atomanlagen.
3. Ermordung von Kim Jong-Un.
4. Nordkoreas Atombomben akzeptieren.

Punkt 1 und 2 werden von Bowden abgelehnt, weil sie zu einem Krieg mit Millionen Toten führen könnten. Um Kim zu stürzen, reicht es nicht aus, die nordkoreanischen Atomanlagen zu bombardieren, anschließend müsste man das nordkoreanische Festland angreifen. Nordkorea hat 1 Million Soldaten (rund 5% der Bevölkerung), neben atomaren auch chemische Massenvernichtungswaffen und die Möglichkeit, als Gegenschlag Südkorea, Japan und sogar die USA mit Atombomben anzugreifen und dadurch mehrere Millionen Menschen zu töten. Des Weiteren ist es äußerst schwer, genug Rückhalt für eine solche Invasion zu bekommen (Südkorea müsste mitmachen, China wohl auch), die Invasionspläne geheim zu halten und genug Wissen über den Standort der nordkoreanischen Atombomben zu erlangen. Ein weiterer Punkt ist die Gefahr, dass anschließend Warlords mit Massenvernichtungswaffen die Macht übernehmen, auch wenn ich diesen Punkt für weniger gefährlich erachte.

Punkt 3 hält Bowden für sehr schwer durchzuführen, weil Nordkorea eines der verschlossensten Länder der Erde ist. Außerdem kann man nicht wissen, wie das nordkoreanische Regime auf ein Attentat auf Kim reagiert. Ein Rache-Angriff halte ich zwar für unwahrscheinlich, aber man kann es nicht ausschließen. Die größte Gefahr wäre, dass nach Kim ein noch schlimmerer Diktator die Macht übernimmt. Somit hält Bowden Punkt 4 für das kleinste aller Übel: Nordkoreas Atombomben akzeptieren. Das ist zwar auch gefährlich, weil man sich letztlich darauf verlassen muss, dass Kim einen letzten Tropfen an Rationalität besitzt und deshalb seine Macht und Reichtum nicht gegen Selbstmord austauscht. Aber es ist laut Bowden weniger gefährlich als die anderen drei einzig übrigen Möglichkeiten, und letztlich hat man sich auch an die Sowjetunion und auch an den früheren Kim (Jong-Il) Nordkoreas gewöhnen müssen. Ich würde Bowden gerne Recht geben. Allerdings denke ich, dass nicht Punkt 4, sondern Punkt 3 das kleinere Übel ist. (more…)

Das 222-Millionen-Schnäppchen

August 3, 2017

Der Fußball in Gefahr?

Ist der Fußball schon wieder tot? Das ist der Ton, den der Rekord-Transfer von Neymar vom FC Barcelona zum Paris Saint-Germain begleitet. 222 Millionen Euro zahlt Paris an Barcelona – mehr als doppelt so viel als beim letzten Rekord-Transfer vor einem Jahr. Die romantischen Fußballfans und diverse Kommentatoren sehen die Zukunft des Fußballs in Gefahr. Außerdem wiederholen sie unermüdlich, dass „kein Mensch 222 Millionen wert ist“ und man „mit diesem Geld so vielen Armen hätte helfen können.“ Zuletzt prophezeien sie einen großen Crash im Fußball, ähnlich wie bei den Banken. Johannes Nedo gab im Tagesspiegel den Fußballfans die Schuld für diese Entwicklung und forderte von ihnen eine Umkehr:

Wer diese Spirale stoppen will, wer gierige Spieler und Berater wieder in die Wirklichkeit zurückholen will, der muss vom Profi-Fußball lassen. Der muss mal ein paar Jahre auf die besten Spieler verzichten und nur zum nächstgelegenen Amateurverein spazieren, keine neuen Trikots kaufen und den Fernsehsendern obendrein weniger Einschaltquote bei Fußballspielen bescheren. Das mag schwerfallen und wehtun, aber allein darauf reagieren die Strippenzieher des Hochglanzfußballs.

Natürlich teile ich diese Sicht nicht. Aber ich lege auch keine unkritische Transfergeilheit am Tag, denn ich sehe die derzeitige Entwicklung im Fußball differenziert. Einerseits ist es kein Problem, wenn immer mehr Geld im Sport ist, denn er entspricht der Nachfrage nach Fußball, die sowohl in Europa als auch weltweit in den letzten Jahren massiv gestiegen ist. Egal ob Tickets, Trikots, TV-Abos, der Fußball wird immer größer, also ist auch mehr Geld da. Fußballer können dann 222 Millionen wert sein, denn der Wert einer Sache wird immer durch den Nachfrager bestimmt. Ist ein Kunstbild z.B. 275 Millionen Dollar wert? Jemand meinte schon und kaufte sich ein Exemplar einer Serie von Gemälden mit dem Titel „Die Kartenspieler“ für diesen Rekord-Betrag. Das Argument mit den Armen lasse ich mal außen vor, nur soviel: Bei den jährlichen Ausgaben für Entwicklungshilfe (100 Milliarden) und für die westlichen Sozialstaaten (mehrere Billionen) fällt Neymar so auf wie der Baum im Wald.

Gleichzeitig kann es durchaus berechtigte Kritik an einigen Transfersummen geben. Denn nicht alle Fußballvereine leben nur von ihren eigenen Einnahmen oder von normalen Sponsoren, die ihr in den Verein gestecktes Geld als Investition ansehen. Bei Bayern München, Manchester United oder Real Madrid mag das zutreffen. Aber Vereine wie Chelsea, Manchester City oder Paris Saint-Germain bekommen ihr Geld nicht von normalen Sponsoren, sondern zum Großteil von Gönnern, deren Geld aus mafiösen Quellen stammt, und die ihr in Fußballvereine gestecktes Geld nicht als Investitionen ansehen, sondern eher als Konsumgüter. Das ist der einzige Punkt, den ich an Transfers von „Scheich-Klubs“ kritisch sehe. Meine Sicht auf die aktuellen Transfer-Entwicklungen im Fußball ist also: Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn Menschen ihr selbstverdientes Geld für Dinge ausgeben, egal welche Summe, aber wenn Mafiosi ihr Blutgeld in den Fußball stecken, sollte es unterbunden werden. (more…)