Archive for März 2018

Kokolores mit Datenschutz

März 29, 2018

Der Große Bruder

Das Thema Datenschutz ist mal wieder in aller Munde. Nachdem Dorothee Bär Anfang des Monats den Datenschutz als zu stark kritisiert hatte, kam es kurz darauf zum Hype um den vermeintlichen Skandal um Cambrige Analytica („vermeintlich“, weil mir noch nicht ganz klar ist, inwiefern sich der Vorgang vom offiziellen Geschäftsmodell von Facebook unterscheidet, den jedes Facebook-Mitglied bei den Benutzerbedingungen unterschreibt), der den Ruf von Facebook so stark wie noch nie in Mitleidenheit zog. Vor kaum etwas hat man vor allem in Deutschland mehr Angst als Privatunternehmen, die Daten ihrer Kunden stehlen und missbrauchen. Im Mai tritt die neue EU-Datenschutzverordnung in Kraft. Dieses Bürokratie-Monster zeigt das ganze Dilemma der Datenschutz-Debatte: Während man dem Staat das Recht zugesteht, im Namen der sozialen Gerechtigkeit alle Bürger auszuspionieren, sollen Privatunternehmen nicht mal freiwillig Daten mit ihren Kunden austauschen dürfen.

Was „private Bürger“ tun dürfen, …

Jedem Bürger ist es erlaubt, an einem Ort Fotos zu schießen. Das schließt auch ein, dass man Fotos von Straßen, Gebäuden, Wohnhäusern, oder – natürlich sofern der Gastgeber den Besuch erlaubt – Fotos innerhalb von fremden Gebäuden und Wohnungen schießt. Es ist erlaubt, zuzuhören, was Menschen sagen, selbst wenn sie nicht mit dem lauschenden Zuhörer sprechen. Wer zuhört, kann andere von dem Gespräch erzählen, sich Notizen des Gesprächs machen und sogar das Gespräch mit einem Tonband aufnehmen. All diese Dinge darf man erst recht, wenn man ein Teilnehmer des Gesprächs ist und nicht lauschender Zuhörer. Man darf aber nicht nur Gespräche mitverfolgen, man darf sich auch bestimmte Dinge merken, die einem ins Auge fallen, z.B. die Kleidung einer Person, die Einrichtung eines Gebäudes usw.

Unsere Überwachung von anderen Orten, Menschen und Dingen hört aber da nicht auf. Wir können auch Fernsehsendungen verfolgen und sie aufnehmen. Gegebenenfalls können wir diese Aufnahmen ordnen und zu einer Sammlung ausbauen. Wenn wir Fußball schauen, können wir die Statistiken der Spiele und der Spieler sammeln und diese Daten in Datenbanken ordnen. Mit so gewonnenen Daten können wir anderen Menschen unsere Dienste anbieten. Ein Serien-Liebhaber kann TV-Kritiken schreiben, ein Fußball-Liebhaber kann Scout oder Trainer bei Fußballvereinen werden. Es ist also erlaubt, dass Bürger Daten von anderen Orten, Menschen und Dingen sammeln und diese Daten dann kommerziell nutzen (so wie man sie natürlich auch nicht-kommerziell nutzen kann). Im Alltag sind wir wahrscheinlich alle irgendwann mal eifrige Datensammler.

… sollten private Unternehmen auch tun dürfen

Was ist der Unterschied zwischen „privaten“ Bürgern und privaten Unternehmen? Privatunternehmen sind – oder sollten zumindest – keine juristischen Personen sein, denn sie sind letztlich rechtliche Konstrukte und keine Menschen mit Rechten. Aber hinter Unternehmen stecken eben Menschen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, warum Menschen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit andere Rechte bezüglich des Sammelns von Daten haben sollten als Menschen in „Privatmission“. Deshalb sollte gelten: Fotos von öffentlichen Plätzen schießen, Gesprächen in öffentlichen Orten oder Internet-Plattformen zuzuhören oder zu speichern, Daten von Ereignissen sammeln und ganze Datenbanken anzulegen, die man kommerziell (und natürlich auch nicht-kommerziell) nutzen kann, sollten Privatunternehmen erlaubt sein. (more…)

Kein Spaß mit Putin

März 21, 2018
Der unangefochtene Herrscher im Kreml

Der neu-alte Präsident im Kreml

Zu den großen politischen Fragen in den westlichen Ländern scheint die Frage zu gehören, wie man zu Russland steht. Dabei wird in der Regel nur wenig differenziert. Die Wörter „NATO-Kriegstreiber“ und „Putin-Versteher“ werden ziemlich inflationär benutzt. Mehr Differenzierung wäre jedoch dringend notwendig. Es gibt derzeit sowohl eine Pro-Putin-Hysterie als auch eine Anti-Putin-Hysterie. Bei der Pro-Putin-Hysterie handelt es sich um Leute, die jede russische Intervention im Ausland verteidigen und Putins Mafia-Staat als Vorbild betrachten, weil sie ihn offenbar als Verfechter von Patriotismus und der traditionellen Familie sehen. Bei der Anti-Putin-Hysterie handelt es sich um Leute, die Putin als den Strippenzieher von Trump, dem Brexit oder gleich jeder EU-Kritik (bzw. „Fake News“, wie sie es nennen) in jedem Land sehen und ernsthaft befürchten, dass Putin einen Angriff auf den Westen plant. Ich finde, beide sollten mal tief Luft holen und einen anderen Blickwinkel ausprobieren.

Putin ist kein Vorbild

Man muss nicht russophob sein, um die russischen Interventionen in der Ukraine und Syrien zu verurteilen. Und nein, man muss auch nicht vergessen haben, dass der Westen selbst kräftig im Ausland interveniert hat. Aber dieses ewige „Whataboutism“ ist kein Argument, sonst müsste man auch einen kleinen Dieb verteidigen, wenn er sich damit rechtfertigt, dass Bankräuber mehr Geld stehlen als er. Was für ein lächerliches Argument ist es, die russische Intervention in der Ostukraine damit zu verteidigen, dass die USA den Irak besetzt haben? Der einzige rationale Grund, die russische Intervention zu verteidigen, wäre der, zu erklären, warum die Lage in der Ostukraine ohne sie schlechter wäre als mit ihr (was bei jeder Intervention der einzige rationale Grund wäre, um sie zu verteidigen). Aber das wird von den Verteidigern Putins gar nicht versucht, mehr als Whataboutism oder gar die Leugnung der Intervention wird nicht gebracht.

Noch lächerlicher ist es nur, das Putin-System als nachahmenswert für den Westen darzustellen. Wenn Mitglieder der Front National, AfD, FPÖ oder Geert Wilders Russland loben, kann man sich zu ihrer Verteidigung nur wünschen, dass sie keine Ahnung von Russland haben. Russland ist das genaue Gegenteil eines Geheimtipps für die Zukunft, es lockt keine ausländischen Investoren an, es bietet nicht mehr Freiheit für die Bürger. Nein, das System Putin basiert ökonomisch auf Korruption und Rohstoffexporten und ideologisch auf billigen Nationalismus. Auf Deutschland übertragen würde das einen personenkult-treibenden, oppositionellen-tötenden Kanzler bedeuten, der eine Günstlingswirtschaft betreibt und eine Annektion Südtirols, „Ostbelgiens“ und Nordschleswigs fordert, um die deutsche Minderheit dort vor einem drohenden Völkermord zu schützen. Wenn die AfD sich das wünscht, tut sie gut daran, das zu verstecken. (more…)

Nach dem Verbot ist vor dem Verbot

März 13, 2018

Der Fußball steht vor dem Aus

Nach dem Anfang vom Ende des Diesels ist das nächste Verbot schon vorprogrammiert. Karl Lauterbach hat auf Twitter bereits festgestellt, dass „moderne Benziner 50-mal mehr Feinstaub produzieren als Diesel“ und „der Feinstaub von Benzinern viel gefährlicher für Herz und Hirn ist als Stickoxide.“ Nicht nur Benziner (bzw. alle Autos allgemein), auch Schiffe, Flugzeuge, so gut wie jede moderne Technik steht vor dem entweder kompletten Verbot oder der massiven Rationierung. Nicht mal der Coffee-to-go-Becher ist sicher, denn er verursacht zu viel Plastikmüll und steht deshalb unter den Grünen ganz oben auf der Liste der kommenden Verbotsforderungen. Währenddessen wird die Luft in Deutschland immer sauberer und die Globale Erwärmung kann die Erwartungen, endlich ein bisschen mehr Sonne nach Deutschland zu bringen, nicht erfüllen, doch die Apokalypse wird trotzdem nicht abgesagt.

Wie Arprin exklusiv erfuhr, plant die Große Koalition nun ein weiteres, schwerwiegendes Verbot. Um die Bevölkerung nicht zu verschrecken, sollen die Pläne erst nächstes Jahr bekannt gegeben werden. Dann sollen Beschränkungen bis zu Verboten für den Besuch von Fußballstadien eingeführt werden. Die Begründungen dafür sind der hohe Energieverbrauch von Fußballstadien: In jedem Stadion müssen ständig Wasser und Rasen beheizt werden, nachts belastet die Beleuchtung die Umwelt, außerdem müssen die Zehntausenden Fans für jedes Spiel mit menschentötenden Dieseler oder Benziner anreisen und kaufen sich im Stadion Plastikbecher, um ihr verantwortungsloses Verhalten quasi zu krönen. Damit soll ab nächstes Jahr Schluss sein. Auch wenn die Deutschen ihren Fußball mögen – genauso wie ihre Autos – wird der Staat künftig als Korrektiv eingreifen, um den kommenden Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen.

Die konkreten Pläne sehen vor, Stadiontickets an Fahrkartentickets für den ÖPNV zu koppeln, so dass nur Fans Stadien besuchen dürfen, die für die Anreise nicht ihr eigenes Auto benutzen. Plastikbecher in Stadien sollen komplett verboten werden, in dieser Hinsicht haben die Fußballvereine bereits Kompromissbereitschaft verkündet. Der größte Streitpunkt ist die Forderung, alle Stadien CO2-neutral machen zu lassen. Die Kosten dafür sollen die Vereine selber zahlen, immerhin hätten sie zuvor jahrzehntelang die Umwelt geschädigt. An diesem Aktionsplan sollen sich nicht nur deutsche, sondern alle Fußballvereine in der Europäischen Union beteiligen. Für die Behauptung, dass CO2-neutrale Stadien den Vereinen zu hohe Kosten aufbürden würden, haben die zuständigen Politiker kein Verständnis. Karl Lauterbach verwies auf die 222 Millionen Euro, die Paris Saint-Germain für Neymar ausgegeben hätte. „Das Geld ist da“, so der SPD-Mann. (more…)

Brexit: Vorteile ohne Nachteile, bitte!

März 3, 2018

Haltet durch, liebe Briten!

Der Brexit wird kommen, egal ob es die EU-Endsiegbefürworter wahrhaben wollen oder nicht. Die Hoffnung auf ein neues Referendum wurde jetzt von Theresa May endgültig begraben. Leider hat es seit dem Referendum einige negative Entwicklungen gegeben (man denke nur an den Beinahe-Sieg Corbyns), die mich an eine positive zukünftige Entwicklung Großbritanniens zweifeln lassen. Trotzdem war der Brexit vollkommen richtig, um der eindeutig schlimmeren zukünftigen Entwicklung der EU (in Richtung Wirtschafts-, Sozial- und Schuldenunion) zu entkommen. Nun muss noch ein Deal mit der EU her, der in meinen Augen einfacher ist als es die meisten Kommentatoren darstellen, da beide Seiten wissen, dass neue Zölle oder Grenzen zwischen Großbritannien und dem Rest Europas mehr schaden als nützen.

Die Brexit-Gegner wünschen sich kaum unverhohlen einen schlechten Deal für Großbritannien. Ihr Argument lautet: Man sollte nicht die Vorteile einer Sache haben dürfen (in dem Fall der EU-Mitgliedschaft), ohne auch die Nachteile haben zu müssen. Deshalb soll an den Briten ein Exempel statuiert werden, der allen EU-Mitgliedern als warnendes Beispiel dient und so die Harmonie zwischen ihnen stärkt. Dieses Argument ist mal wieder ein Tiefpunkt für die EU-Anhänger. Es mag sein, dass man manchmal schlechte Dinge in Kauf nehmen muss, um im Gegenzug etwas Gutes zu bekommen. Um einige Beispiele zu nennen: Schwitzen für Muskeln, Umziehen für einen Traumjob in einer anderen Stadt, Kredit aufnehmen für ein neues Auto. Aber nicht alles im Leben muss ein Pauschalgeschäft sein. Wenn es möglich ist, die Nachteile einer Sache abzustoßen, sollte man es tun.

Einige Beispiele für letzteres wären: Man kann im Strand sein, ohne einen Sonnenbrand zu bekommen, weil man sich mit Sonnencreme davor schützt; man kann Sex haben, ohne Syphilis zu bekommen, weil man ein Kondom benutzt; man kann Autobahnen haben, ohne einen Weltkrieg zu haben, indem man einfach keinen anfängt; usw. Und natürlich kann man Freihandel mit den EU-Ländern haben, ohne eine Schuldenunion oder schädliche Regulierungen aus Brüssel zu haben. Warum sollte das nicht möglich sein? Wer das anders sieht, dem stelle ich eine Frage: Deutschland, um ein prominentes EU-Mitglied zu nennen, handelt nicht nur mit anderen EU-Ländern, sondern z.B. auch mit den USA und Japan. Wäre es deshalb angemessen von den USA und Japan, wenn sie sagen: „Wenn ihr mit uns handeln wollt, dann müsst ihr auch für unsere Schulden aufkommen“? (more…)