Farid Bang und Kollegah haben es geschafft: Der Echo ist tot. Nicht, dass der Echo mich persönlich irgendwie interessiert hätte, der Preis irgendwas über künstlerische Aspekte aussagte (es wurden Verkaufszahlen ausgezeichnet, nichts anderes) oder ich solchen Preisen irgendeine „gesellschaftliche Verantwortung“ beimesse (ich fand auch die kontroverse Textzeile, die den Echo für immer tötete, nicht antisemitisch – geschmacklos ja, aber sich nicht antisemitisch), doch das Ende dieses Preises ist dennoch eine schlechte Nachricht. Die Entscheidung zeigt die immer größer werdende Politisierung der Gesellschaft. Dass Musiker, Sportler oder Schauspieler sowas wie „weltanschauliche Treue“ (um nicht zu sagen Regimetreue) zeigen müssen, kennt man eigentlich nur aus diktatorischen Ländern. In den letzten Jahren hat in den meisten westlichen Ländern jedoch ein beängstigender Trend zum politischen Bekenntniszwang stattgefunden.
Mir persönlich ist das vor allem während der Flüchtlingskrise aufgefallen, als von vielen Künstlern ein Druck auf eine andere Künstlerin aufgebaut wurde, sich endlich politisch zu bekennen, sowie sie es getan hatten. Die besagte Künstlerin war Helene Fischer, also eine der bekanntesten musikalischen Persönlichkeiten Deutschlands überhaupt. Hier eine kleine Chronik der Aufforderungen an Helene, sich zu bekennen:
– November 2016: Udo Lindenberg wirft Helene Fischer vor, dass sie kein Statement gegen den Rechtspopulismus macht.
– März 2017: Hannes Jaenicke wirft Helene Fischer vor, dass sie als Russlanddeutsche ihren Einfluss nicht nutzt, um etwas zur Flüchtlingsthematik zu sagen.
– Juni 2017: Campino wirft Helene Fischer vor, dass sie nichts gegen die AfD und „die rechtsextreme Stimmung“ sagt.
– September 2017: Klaas wirft Helene Fischer vor, dass sie Merkels Flüchtlingspolitik nicht öffentlich lobt.
Man kann sich fragen, warum auf eine Nicht-Politikerin wie Helene Fischer ein solcher Druck aufgebaut wird, sich politisch zu äußern, und das ist des Pudels Kern: Künstler sind heute nicht mehr nur Künstler, sondern in einem viel größeren Umfang als früher auch politische Persönlichkeiten. Früher waren Film, Musik und Sport nur zur Unterhaltung da, heute auch zur Volkserziehung. Das heißt leider, dass Film, Musik und Sport nicht mehr zum Eskapismus taugen. Wir können nirgendwo mehr der Politik entfliehen – Politik ist überall. Der Bekenntniszwang nimmt zu. Mit Folgen wie dem Tod des Echo. Wenn wir uns vergegenwärtigen, welches Bekenntnis in Deutschland dominiert, bedeutet das: Es wird immer schwerer, sich, wie z.B. Helene Fischer, gar nicht mehr politisch zu äußern. Von einer „falschen“ politischen Äußerung ganz zu schweigen. (more…)