Deutschland hat heute ein starkes Zeichen gesetzt. In Zeiten des erstarkenden Populismus in Europa setzt man die europäische Tradition fort, als amtierender Weltmeister in der Vorrunde auszuscheiden (Frankreich 2002, Italien 2010, Spanien 2014), und hat darüberhinaus als Protest gegen Trump den Mexikanern den Einzug ins Achtelfinale ermöglicht. Zwei großen Taten auf einmal. Leider müssen wir das schlechteste Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft seit Hitler (1938) als Kollateralschaden mitnehmen. Nicht alle sind darüber unglücklich. Wie üblich, sind die Antifas froh über deutsche Niederlagen – Dresden 1945, Germanwings 2015, Kasan 2018 – aber erstaunlicherweise auch viele eher rechts stehende Menschen, die früher für die deutsche Nationalmannschaft gejubelt haben. In der Tat: Viele AfD-Anhänger verspüren gerade Genugtuung.
Ich war für Deutschland und bin von der Niederlage enttäuscht. Wie kann es sein, dass ausgerechnet AfD-Anhänger sich mit den Antifas verbrüdern (oder AfD’ntifas?), um eine Niederlage Deutschlands zu bejubeln? Dafür gibt es meines Erachtens zwei Gründe:
1. Der Mythos von der Namensänderung
2. Das Erdogan-Treffen von Özil und Gündogan
Der erste Punkt ist völlig absurd, der zweite ist verständlicher und dennoch falsch. Es gab nie eine Namensänderung: Die deutsche Nationalmannschaft heißt nach wie vor Nationalmannschaft, niemand hat das „National“ abgeschafft. Der DFB hat lediglich den international bekannten Spitznamen „Mannschaft“ vermarktet. In ausländischen Medien nannte man die deutsche Nationalmannschaft u.a. „The Mannschaft“, „La Mannschaft“, „Le Mannschaft“ usw. Nichts weiter als das hat der DFB getan. Daraus die Behauptung zu basteln, dass der DFB aus politischen Gründen das Wort „National“ gestrichen hat, ist völlig irre. Wer daran glaubt, ist einer der Sorte Menschen, der auch an Meldungen aus Satire-Seiten hereinfallen würde, ganz egal wie deutlich sie gekennzeichnet wären. Im Übrigen heißt die brasilianische Nationalmannschaft im eigenen Land „Selecao“ – auf deutsch „Auswahl“ bzw. „Mannschaft“ – und keinem Brasilianer stört’s.
Über Özil und Gündogan möchte ich nicht mehr viel sagen. Nur soviel: Özil und Gündogan haben sich ihre Pfiffe redlich verdient, und das müssen sie hinnehmen. Ich finde sowieso, dass Mitgefühl im Fußball überbewertet wird und finde viele Strafen für Spieler und Vereine deutlich überzogen. Wer jemanden, der seine Identifikation mit einem Diktatoren aus einem anderen Land so deutlich zeigt, auspfeift, hat mein Verständnis. Aber sich allein (!) deswegen – also aufgrund lächerlicher Identitätsfragen – über eine Niederlage der deutschen Nationalmannschaft, hat nicht mein Verständnis. Erstens besteht die Mannschaft nicht nur aus Özil und Gündogan – was schon Grund genug ist, um zu differenzieren – und zweitens sollte der Fußball nicht, wie so viele Bereiche des Lebens, der immer weiter zunehmenden Politisierung der Gesellschaft zum Opfer fallen. (more…)