Archive for November 2018

Replacement und Migrationspakt

November 19, 2018

Wie die Identitären Europas Zukunft sehen

Oft geschieht es, dass Menschen sich gewisse Vorgänge nicht anders erklären, als einen großen Plan dahinter zu vermuten. Hinter den Kriegen und Umwälzungen im Nahen Osten steckt ein zionistischer Geheimplan zur Erlangung der Vorherrschaft in der Region. Hinter der Finanzkrise steckt ein neoliberaler Plan der Eliten, um die Reichen noch reicher zu machen. Hinter dem Brexit und dem Wahlsieg Trumps steckt eine Fake News-Kampagne russischer Hacker und Facebooks Algorithmus. Jede politische Ausrichtung hat seine eigenen Theorien über die angeblichen Zusammenhänge im Hintergrund. Nun gibt es eine weitere Verschwörungstheorie, die von einem Plan im Hintergrund ausgeht: Hinter der Flüchtlingskrise steckt ein internationaler Geheimplan zur Durchmischung oder gar Ersetzung der weißen Rasse in Europa.

Die „Beweise“ dafür ähneln denen der anderen Theorien aus den anderen politischen Ausrichtungen. Man nimmt echte oder gefälschte Zitate von Politikern und Meinungsmachern und interpretiert sie in ihre Verschwörungstheorie hinein. Ein Beispiel dafür ist der angeblich von Jürgen Trittin stammende Satz „Deutschland verschwindet jeden Tag immer mehr, und das finde ich einfach großartig“, gegen den dieser rechtlich vorgeht. Wolfgang Schäubles Satz, wonach Abschottung Europa „in Inzucht degenerieren ließe“, ist zwar echt, ist aber lediglich auf Dummheit zurückzuführen und nicht auf der Offenlegung eines teuflischen Plans. Eine größere Rolle als Zitate spielen offizielle politische Vereinbarungen. Zwei Dokumente sind dazu entscheidend: Ein UN-Dokument aus dem Jahr 2000, indem Einwanderung als mögliches „Replacement“ für die alternde Bevölkerung in Europa diskutiert wird, und der aktuell heiß diskutierte Migrationspakt der UN.

Was „prüfen“ beide Dokumente? Um es kurz zu sagen: Gar nichts. Der englische Begriff „Replacement“ steht für „Ersatz“, „Austausch“, „Umtausch“ und einige andere mögliche Übersetzungen. Im Kontext des Themas Überalterung der europäischen Bevölkerungen bedeutet das: Die europäische Bevölkerung wird kleiner werden – und irgendwie müssen die dadurch weniger gewordenen Menschen „ersetzt“ werden. Mehr nicht. Einwanderung wird im UN-Dokument also nur als eine Möglichkeit angesehen, um diese „Ersetzung“ zu bewerkstelligen. Aber weder wird ein politisches Programm gefordert, noch wird irgendwas von der Überlegenheit einer Rasse genannt, die eine andere verdrängen soll. Es ist ein Vorschlag aus rein demografischen Gründen, keine Forderung nach einer rassischen Säuberung. (more…)

Brexit: Frieden statt Nationalismus

November 3, 2018

Das Hassobjekt der EU

Es gilt als Konsens, dass das Ziel bei der Gründung der Europäischen Union der Frieden zwischen den Völkern Europas war. Nach Jahrhunderten voller Kriege sollte Europa endlich zum Frieden finden. Die Methode dazu sollten gemeinsame Werte sein, die in der EU ihre politische Repräsentation finden sollten. So weit, so gut. Jetzt hat sich ein Land entschieden, aus der EU auszutreten. Wenn man davon ausgeht, dass die EU die Hüterin der gemeinsamen Werte ist, die nach 1945 den Frieden in Europa erhalten haben, ist das natürlich eine schlechte Nachricht. Das Risiko von politischen Konflikten, womöglich sogar Krieg, wäre gefährdet, wenn es die EU gewesen ist, die Europa zivilisiert hat, und eines der EU-Länder nun austritt.

Nun sagte aber Karl Kautsky einst:

Würde uns nachgewiesen, dass etwa die Befreiung des Proletariats und der Menschheit überhaupt auf der Grundlage des privaten Eigentums an Produktionsmitteln allein oder am zweckmäßigsten zu erreichen sei …, dann müssten wir den Sozialismus über Bord werfen, ohne unser Endziel im geringsten aufzugeben, ja wir müssten das tun, gerade im Interesse des Endziels.

(zitiert von Dirk Maxeiner und Michael Miersch, aus „Das Mephisto-Prinzip“, S. 28)

Was hat Kautskys Satz mit dem Brexit zu tun, könnte man sich erstmal fragen. Eine ganze Menge. Das Ziel Kautskys war „die Befreiung des Proletariats und der Menschheit überhaupt“, und Sozialismus war seine ausgewählte Methode, um dieses Ziel zu erreichen. Er war aber nach eigenen Aussagen bereit, andere Methoden – darunter auch den freien Markt – auszuwählen, wenn sie sich als überlegen erweisen sollten. Ob er oder die meisten Sozialisten das getan haben (Spoiler: haben sie nicht), ist eine andere Frage, es geht um etwas anderes: Nicht die Methode war für Kautsky das Wichtigste, sondern das Ziel, nämlich eine befreite Menschheit. Zurück zur EU. Hier haben wir auch ein Ziel – Frieden in Europa – und streiten nun um die Methoden.

Die EU-Befürworter sagen, die EU, und NUR DIE EU, kann den Frieden in Europa erhalten. Die Brexit-Befürworter sagen, es geht auch ohne die EU. Unabhängig davon, wer Recht hat: Beide haben bezüglich der Frage des Friedens das gleiche Ziel. Niemand, weder unter den EU-Befürwortern noch unter den Brexit-Befürwortern, wünscht sich einen Krieg zwischen Großbritannien und EU-Ländern. Es wird sich nur um die Methoden gestritten! Womit wir bei der Frage wären: Wenn es auch ohne EU Frieden in Europa gibt, müssten dann nicht die EU-Befürworter sagen „Gut, wenn es auch ohne die EU geht, akzeptieren wir das, und dann sollen die Länder auch ohne die EU glücklich werden“? In der Tat. Aber nur, wenn es den EU-Befürwortern wirklich in erster Linie um Frieden gehen würde. Die Tatsache, dass die EU-Befürworter den Briten nach dem Brexit alles Schlechte an den Hals wünschen, spricht eine andere Sprache. (more…)