Im September 1980 veröffentlichte die Washington Post-Journalistin Janet Cooke die Geschichte „Jimmys World“. Es handelte sich um die Geschichte eines 8-jährigen Jungen namens Jimmy, der in den Straßen von Washington lebte und heroinabhängig war. Der Bericht erregte viel Aufsehen und Cooke gewann den Pulitzer-Preis. Das Problem: Die ganze Geschichte war fabriziert. Als der Schwindel aufflog, musste Cooke ihren Preis zurückgeben und verlor ihre Stelle. Sie behauptete später, der hohe Druck bei der Zeitung hätte „ihr Urteilsvermögen korrumpiert.“ Der berühmte kolumbianische Schriftsteller Gabriel García Márquez kommentierte die Affäre süffisant: „Es war ungerecht, dass sie den Pulitzer-Preis gewonnen hat, aber auch ungerecht, dass sie nicht den Nobelpreis für Literatur gewonnen hat.“
Der Fall Claas Relotius hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Fall Cooke. Nur hat er eine größere Dimension. Es hat nicht nur eine größere Lüge gegeben, sondern ein ganzes System aus Lügen. Wie konnte es soweit kommen? Um einen anderen berühmten Schriftsteller zu zitieren, diesmal Solschenizyn: „Phantasie und Geistesstärke von Shakespeares Bösewichtern reichten nur bis zu einigen Dutzend Leichen. Weil sie keine Ideologie hatten.“ Auf die Fake News umgewandelt kann man sagen: Phantasie und Geistesstärke von Janet Cooke reichten für eine große fabrizierte Geschichte. Weil sie keine Ideologie hatte. In der Tat, das ist der Unterschied – Cooke log für ihre Aufmerksamkeit, Relotius für seine Ideologie.
Man muss sich nur ansehen, was Relotius fabriziert hat: Eine 99-jährige Überlebende der Widerstandsgruppe Weiße Rose, die von den USA aus besorgt ist über den Aufstieg der AfD; syrische Flüchtlingskinder, die von Angela Merkel träumen; eine Trump-wählende Kleinstadt, in der am Ortseingang ein Schild mit der Aufschrift „Mexikaner haut ab!“ steht. Es ist linke Ideologie in Reinform. Die AfD als neue Nazis, Merkel als Heldin der Entrechteten und Geknechteten der Welt, Trumps Amerika als Hort des Rassismus. Relotius ist fest davon überzeugt. Er ist ein Gesinnungstäter. Nur so konnte es zu seinem Lügen-Geflecht kommen: Um gegen die Ungerechtigkeit in der Welt zu kämpfen, reicht eine erfundene Geschichte nicht aus.
Relotius‘ Ideologie erklärt nicht nur seine Taten, sondern wahrscheinlich auch, warum sie so lange unentdeckt bleiben konnten: Viele Spiegel-Leute haben die gleiche Weltsicht wie Relotius. Es ist durch Umfragen belegt, dass Journalisten zu etwa 70% links-grün wählen. Die erfundenen Geschichten von Relotius entsprachen voll dem Weltbild der meisten Journalisten. Wenn Relotius der Spiegel-Redaktion fälschlicherweise erzählt hätte, dass eine alte Widerstandskämpferin sich positiv über die AfD geäußert und vor dem Antisemitismus unter Muslimen gewarnt hätte, wäre die Lüge deutlich schwerer durchzudrücken gewesen. All die hochgelobten Kontrollmechanismen versagten gegen das größte journalistische Übel: Ideologische Voreingenommenheit.
Bleibt noch eine Frage: Lügenpresse oder nicht? Ich lehne den Begriff natürlich nach wie vor ab, weil ich nicht an eine einzige Verschwörung aller Medien gegen das Volk glaube (und ich glaube nicht, dass die, die das Wort benutzen, selbst Lügen immer ablehnen). Aber es sollte klar sein: Niemand darf sich mehr über das Wort aufregen. Es ist nicht der Anfang eines neuen 33′, sondern harmloses Stammtisch, der eine nun eindeutig begründete Kritik gegenüber ideologisch verfärbter Berichterstattung ausdrückt. Man hat euch erwischt, linke Träumer! Jetzt bleiben euch nur Demut und die Hoffnung, dass Relotius ein Einzelfall war. Der einzige, der erwischt wurde. Der einzige, der gelogen hat. Außerdem können wir gespannt sein auf den kommenden Nobelpreis für Literatur.
Dezember 23, 2018 um 01:39 |
Lieber arprin,
Du hat recht.
Ich würde aber „der einzige, der erwischt wurde“, nicht durchstreichen.
Ich denke uns ehemaligen DDR-Bürgern, der ich mal war, kommt da eine besondere Aufgabe zu, weil wir es gelernt haben kritisch zu lesen. Das schließt natürlich nicht aus, dass ich auch einmal schief liege.
Wer die Lügen der palästinensischen Propaganda verfolgt, ist entsetzt darüber was ideologisch beeinflusste Menschen alles glauben. (Der letzte Knaller war das im Kugelschreiber deponierte Sperma, welches zu einer erfolgreichen Zeugung benutzt wurde.) Die Palis sind Weltmeister auf diesem Gebiet. Unsere Dschurnalisten haben es sich dort nur abgeschaut.
Herzlich, Paul
Dezember 24, 2018 um 22:48 |
Es ist der Einzige, bei dem man es zugibt. Allein an einem Tag TV schauen, erwische ich Dutzende von diesen Relotiusen beim dreisten Lügen, Fälschen und Hetzen.
Dezember 23, 2018 um 10:08 |
Das „gegen Rechts“-Argument kannste knicken… In der Schweizer Weltwoche (die nun definitiv kein linkes Blatt ist) zog er gegen Obama ins Feld, auch da mit einer eher fakten-fernen Reportage
Dezember 23, 2018 um 13:34 |
Liest sich aber eher nach der üblichen Hetze gegen die White working class people:
https://www.weltwoche.ch/ausgaben/2012-43/artikel/feuert-obama-die-weltwoche-ausgabe-432012.html
„Sie sind weiss, männlich und unzufrieden – seit Barack Obama Präsident ist, neigen die Anhänger der traditionellen amerikanischen Arbeiterschicht den Republikanern zu. Im heissumkämpften Bundesstaat Ohio könnten sie das Rennen ums Weisse Haus entscheiden … 24.10.2012 Von Claas Relotius“
Anhänger der Arbeiterschicht … Sozialschicksal als subjektive Gesinnungswahl, boah, alda ey …
Die Linken kommen nicht darauf klar, dass es ein Progressivismus-Problem mit dem Proletariat of color gibt. Die taz verweist dazu auf einen Roman über den großen Relotius-Vorläufer … Karl May.
Dezember 23, 2018 um 14:12 |
gleiche Weltsicht wie Relotius … Journalisten ca. 70% links-grün
Einigen Edelfedern geht wohl gerade ein schauriges Lichtlein auf, was sie sich da historisch alles an Kuckuckseiern ins gemachte westliche Nest hinein gesudelt haben:
„Russia’s relationship to the Cold War is not completely dissimilar to the South’s relationship to the Civil War.“
Achtung: Negative Dialektik!
https://www.newyorker.com/news/daily-comment/the-enduring-russian-propaganda-interests-in-targeting-african-americans
Dezember 24, 2018 um 22:41 |
Linke sind krankhafte Lügner, deshalb sollten sie irgendwas ohne Medien machen. Linke Journalisten sind wie Fußballer die eine Lederball-Allergie haben, da kann nix bei rauskommen.
Aber sie machen es trotzdem und keiner stoppt diesen Dreck, den sie da zusammenschmieren.
Januar 2, 2019 um 16:55
Mal wieder zuviel in alten Stürmer-Ausgaben geblättert, Olaf?
Januar 1, 2019 um 21:48 |
Was sagt arprin zu Bolsonaro?
Januar 2, 2019 um 23:04 |
Ich finde, er ist charakterlich ein Rüpel, sowie Trump. Einige seiner politischen Vorhaben gefallen mir aber, so z.B. seine angekündigten Privatisierungen und eine Liberalisierung des Waffenrechts. Die Frage ist aber, ob er seine Vorhaben auch umsetzt. Wenn ja, wäre er zumindest das kleinere Übel als die Vorgängerregierung.
Januar 4, 2019 um 10:33
Von den wirtschaftspolitischen Vorstellungen (ist Chicago-Boy Guedes jetzt eigentlich Finanzminister?) werden viele Rezepte kurzfristig aufgehen, das steht außer Frage. Mittelfristig wird aber wieder Raubbau an Land, Leuten und Umwelt betrieben und eine kleine Kaste wird sich wieder bereichern. Gesellschaftspolitisch wird es mit den religiös verstrahlten Evangelikalen auch in eine Sackgasse gehen. Gewalt gegen Progressive, Homosexuelle wird zunehmen während die hochmoralischen, evangelikalen Politiker natürlich auch mal gern in den Puff gehen.