Wer hätte gedacht, dass ein bürokratischer Akt wie der Austritt aus einer politischen Union so unterhaltsam werden würde wie der Brexit? Nicht nur die EU trägt ihren Anteil dazu bei, da sie versuchen, im Namen des Friedens und Wohlstands die Briten nach dem Brexit so schlecht wie möglich dastehen zu lassen, sondern auch die Regierung von Theresa May, die nicht wirklich davon überzeugt zu sein scheint, dass der Brexit zustandekommt. Gestern kam der Höhepunkt dieser Entwicklung: Im House of Commons wird Mitte März über eine Verlängerung der EU-Mitgliedschaft abgestimmt. Das ist der erste Schritt für eine komplette Absage des Brexits. Auf eine Verschiebung folgt der Vorschlag eines zweiten Referendums, der dank der Untergangsszenarien der EU-Befürworter abgesegnet wird, und schließlich folgt die „Korrektur“ an der Urne. Zur Freude aller fanatischen EU-Nationalisten, die die Briten noch vor kurzem für rassistische Ignoranten hielten.
Aber warum ist ein Abkommen zwischen der EU und Großbritannien so schwer? Ein Punkt spielt die Hauptrolle: Die Frage, ob es nach dem Brexit eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland geben muss. Erstaunlicherweise sagen sowohl die britische als auch die irische Regierung, dass sie keine harte Grenze einführen werden, während die EU die Briten dafür verdammt, eine harte Grenze einführen zu wollen! Da fängt der Wahnsinn schon an. Die EU wirft den Briten etwas vor, was diese gar nicht wollen. In Wirklichkeit will die EU eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland. Warum? Das von den EU-Bürokraten genannte Argument ist, dass eine Zollunion immer von einer harten Grenze begleitet werden muss und die Briten bekanntlich nicht Nordirland an die EU abtreten wollen. Deshalb würden die Briten der EU quasi eine harte Grenze „aufzwingen.“ Eine Behauptung, die eine solch dreiste Lüge ist, wie für die EU üblich.
Es muss keine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland geben
Bevor ich auf die Frage bezüglich der harten Grenze eingehe, möchte ich einen anderen Punkt ansprechen, der eine noch viel dreistere Lüge darstellt: Die Behauptung, wonach die EU den Frieden in Nordirland möglich gemacht hätte. Diese Geschichte geht so: Der Frieden in Nordirland kam durch die offene Grenze zwischen Irland und Nordirland, und die offene Grenze kam dank der EU, also verdanken die Iren (und Briten) den Frieden in Nordirland der EU. Alles daran ist falsch. Das Karfreitagsabkommen von 1998 kam durch Verhandlungen zwischen der britischen und der irischen Regierung zustande, die EU spielte dabei keinerlei Rolle. Und die offene Grenze hatte nichts mit der EU-Mitgliedschaft beider Länder zu tun, denn weder waren Großbritannien noch Irland je Mitglied des Schengener Abkommens (und waren somit nie juristisch gezwungen, ihre Grenzen offen zu halten), noch ist das Schengener Abkommen ein EU-Vertrag.
Der Frieden wurde auch nicht durch die offene Grenze möglich, sondern durch die Entwaffnung der Milizen. Hätte man die Grenze geöffnet bevor die Milizen ihre Waffen niedergelegt hatten, hätte man nur freies Geleit für Terroristen geschaffen. Erst kam der Frieden, dann die offene Grenze – und beides ohne EU! Es ist eine unverschämte Lüge, dass die EU die offene Grenze auf der irischen Insel ermöglichte und damit den Frieden im Nordirland-Konflikt brachte. Leider passt es in die Ansammlung von Lügen, Betrügereien, Rechtsbrüchen, Heuchelei und Chauvinismus, die von den EU-Befürwortern verteidigt werden. Was behaupten die EU-Nationalisten als Nächstes? Die ETA löste sich dank der EU auf? Die EU hat den RAF-Terror gestoppt? Der Krieg in Jugoslawien endete, als man den Balkan-Ländern die EU-Mitgliedschaft versprach?
Nun zur Frage, ob es eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland geben muss. Die Antwort ist einfach: Nein. Es stimmt zwar, dass, wenn Nordirland nicht mehr Mitglied der EU-Zollunion ist, während Irland in der EU-Zollunion verbleibt, zwischen beiden Jurisdiktionen verschiedene Handelsregeln gelten. Aber das muss keineswegs eine harte Grenze bedeuten. Die vier EFTA-Staaten (Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein) sind nicht Mitglied der EU-Zollunion, aber Mitglied des Schengener Abkommens und haben als solche offene Grenzen mit den EU-Ländern. Auch die zu Dänemark gehörenden Färöer-Inseln sind nicht Mitglied der EU-Zollunion, haben aber trotzdem keine Grenz- und Zollkontrollen zu den EU-Ländern. Es ist bereits Realität, dass einige Länder offene Grenzen miteinander haben, während sie nicht alle Handelsregeln teilen.
Nicht nur, dass die EU sich fälschlicherweise mit dem Frieden in Nordirland schmückt und eine harte Grenze als unausweichlich darstellt, sie behauptet auch, dass es durch eine harte Grenze wieder zum Krieg in Nordirland kommen könnte – und der Brexit daran Schuld wäre! Auch hier ist alles falsch. Wie bereits ausgeführt, schaffte die offene Grenze nicht Frieden, sondern politische Verhandlungen und die Entwaffnung von Milizen. Der Frieden in Nordirland, so brüchig er an manchen Stellen noch ist (einige Viertel zwischen Protestanten und Katholiken sind noch immer mit Mauern getrennt), wird selbst bei sehr hypothetischen neuen, sehr lockeren Grenzkontrollen nicht zerstört werden. Es ist offenbar eine stille Hoffnung der EU-Nationalisten, dass es nach dem Brexit wieder zu Krieg in Nordirland kommt, damit man sagen kann „Wir haben’s doch gesagt!“ – was mal wieder ihre ekelhafte Geisteshaltung offenbart.
Hoffen auf die EU-Fanatiker
Bis jetzt hat die EU jedes Referendum ignoriert. Entweder gab es eine zweite Abstimmung oder das Ergebnis wurde umgangen. Die Vergrößerung, Harmonisierung und Zentralisierung der EU ließ man sich durch nichts aufhalten – warum sollten Referenden wichtiger sein als der Wille einzelner Bürokraten? Es scheint, als würde sich die Geschichte wiederholen. Diesmal wird aber das nationale Parlament das Ergebnis des Referendums selbst umgehen, wenn nichts Unerwartetes im House of Commons passiert. Eine Tragödie wie bei Shakespeare. Ich habe aber noch Hoffnung. Denn nach einer kurzen Verschiebung um zwei Monate könnte eine weitere Verschiebung nur schwer umsetzbar sein – denn dann müssten die Briten an den EU-Wahlen im Juli teilnehmen (und außerdem tut sich nichts an den Verhandlungspositionen). Dann würde der Brexit tatsächlich nur kurz verschoben, aber nicht abgesagt.
Da ich mir aber vorstellen kann, dass die Leute, die von einem Verbleib Großbritanniens in der EU träumen, am Ende doch eine weitere Verschiebung und dann ein zweites Referendum vorschlagen, setze ich meine größte Hoffnung auf andere Personen: Die EU-Fanatiker. Diese Leute glauben, dass die Briten für ihren Verrat bluten müssen und halten einen No-Deal-Brexit für das Schlimmste, was den Briten passieren könnte. Insofern könnten sie eine Verschiebung (bzw. Absage) des Brexits verhindern. Natürlich wäre auch ein No-Deal-Brexit für Großbritannien besser als ein Verbleib in der EU, den absurden Untergangsszenarien zum Trotz, und damit hätten die EU-Fanatiker ironischerweise den Briten geholfen. Stellt sich dann nur die Frage: Ist man in der EU darauf vorbereitet, dass es nach dem Brexit nicht zu einem wirtschaftlichen Desaster in Großbritannien kommt? Ich finde, man sollte in Brüssel Notfallpläne schmieden.
März 3, 2019 um 23:01 |
Ich glaube nicht, dass ein 2. Referendum eine Chance hätte. Die Fakten waren vorher bekannt und gemässigte Briten könnten aus Überzeugung für die Demokratie der EU einen Denkzettel verpassen.
März 7, 2019 um 00:50 |
Aber die Jungen haben nicht gewählt, die Alten sind gestorben und Juncker ist Abstinenzler und Gottheit, während der böse Boris nichts Gutes im Sinn hat. Also das zweite Votum wird klar für die EUdSSR ausgehen – sagt die Lügenpresse.
Ich denke, die EU-Mafia ist im letzten Jahr noch unbeliebter geworden auf der Insel, also da muss die Lügenpresse schon auf das dritte oder 42te Votum hoffen.
März 7, 2019 um 17:31
Wenn es im Ölöf anfängt zu denken dann ist höchste Vorsicht geboten.
März 8, 2019 um 01:22
In besuchers Welt ist Hillary Präsident und 110 % der Briten werden für die EU-Mafia voten, weil die alten Briten vom letzten Mal sind ja alle tot.
März 7, 2019 um 17:41 |
Klingt ja alles ganz schön, arprin.
Leider ignorierst Du dass der Brexit den Bürgern unter Vorspiegelung falscher Zahlen schmackhaft gemacht wurde.
Weiterhin wird er von British-Empire – Träumern und nationalistischen England-Fanatikern vorangetrieben.
Das da mal was mit einem Referendum in Schottland war wird ignoriert.
Es ist auch naiv anzunehmen dass da zwischen Irland und dem sogenannten Nordirland eine lockere Grenze bestehen wird, dafür müsste UK eine Zollunion mit der EU bilden. Oder: Verträge wie sie Norwegen und die Schweiz mit der EU haben abschließen.
Aber nicht mal dazu sind die Fanatiker willens.
März 7, 2019 um 21:53 |
Ich muss dem Artikel widersprechen:
Ich denke inzwischen schon, dass die meisten EU-Mitglieder mehr von der Mitgliedschaft in der EU profitieren als von „nationaler Souveränität“. Das Problem liegt an anderer stelle: Freihandel braucht keinen Super-Staat wie die EU und die EU ist nicht identisch mit der Politik der derzeit herrschenden Gruppe.
Spätestens wenn wir auf den Weg zum europäischen Superstaat sind, wird sich das auch zeigen, denn dann wird zwangsläufig eine Regierung an die Macht kommt, die den bisherigen Kurs radikal bricht – bisher ist das nur unterblieben, weil alles auf Maximal-Konsens bis Einstimmigkeit basiert und deshalb nur sehr kleine Schritte möglich sind.
Es ist schade, dass die Polarisierung so stark ist, dass die EU-Kritiker die EU nur noch mit Bürokratie und Bremsklotz assoziieren, während sie für die EU-Gläubigen eine Art „Heilsplan“ ist.
März 8, 2019 um 01:34 |
Dr., natürlich profitieren die Kohleempfänger von Deutschland, nicht von der EU, denn die hat kein Geld, auch wenn das immer so dahergelogen wird. Wieso sind die Griechen in den 60ern nach Deutschland gekommen? Bestimmt nicht wegen dem Wetter, sondern weil sie ihre Eselskarren satt hatten und Geld verdienen wollten. Heute werden in der BRD keine Neuwagen mehr verkauft, weil die Deutschen keine Kohle mehr haben, während die EU-Griechen mit Neuwagen durch Athen cruisen.
März 8, 2019 um 11:51
Olaf, nur weil Du keine Kohle mehr hast heißt das noch lange nicht dass der Mittelstandsdeutsche sich keine Autos mehr leisten kann.
März 8, 2019 um 14:50
Früher wurden die Autos gekauft, heute werden sie geleast, also gemietet. Früher konnte man ein Haus in 20 Jahren abbezahlen, heute braucht man 120 Jahre, weil Einkommen und Preise sich diametral entwickeln. Die deutschen Arbeiter sind die Sklaven der EU. Das müßte jeden anständigen Linken eigentlich empören.
März 18, 2019 um 17:19
wenn die deutschen Unternehmen mehr Lohn/Gehalt an die deutschen Arbeitnehmer zahlen würden dann würde das auch wieder funktionieren.
Deutschland gilt nicht umsonst als das Billiglöhnerland Mitteleuropas.
März 8, 2019 um 01:23 |
In besuchers Welt ist Hillary Präsident und 110 % der Briten werden für die EU-Mafia voten, weil die alten Briten vom letzten Mal sind ja alle tot.
März 8, 2019 um 11:51 |
Olaf, nur weil Du keine Kohle mehr hast heißt das noch lange nicht dass der Mittelstandsdeutsche sich keine Autos mehr leisten kann.