Gegen Kollektivstrafen

Die DFB-Elf- auf dem Weg zum Titel 2012?

Hate Zeiten für den deutschen Fußball

In einer Gesellschaft, in der Rassismus, Sexismus und Homophobie konsequent verurteilt werden, kann es zum Paradoxon kommen, dass immer mehr Rassismus, Sexismus und Homophobie gesehen wird. Der Grund dafür ist, dass diese Fälle nun stärker beachtet werden. Trotzdem entsteht bei vielen der Eindruck, dass der Hass in der Gesellschaft außer Kontrolle ist. Wir erleben das gerade in den Fußballstadien. Immer mehr Spiele sind von Spielabbruch bedroht, weil die Fans hetzerische Botschaften ausrufen. Zuletzt handelte es sich überwiegend um rassistische Parolen gegen schwarze Spieler, an diesem Wochenende waren es Hassbotschaften auf Plakaten von linksextremen Fans gegen den Milliardär und Fußball-Mäzen Dietmar Hopp.

Hassbotschaften in Fußballstadien gibt es seit es Fußballstadien gibt. Man rief homophobe Parolen („Schiri, du schwule Sau!“), rassistische Parolen (Affenlaute, Bananenwürfe), Hassbotschaften gegen Mannschaften („Scheiß Bayern!“) oder Personen („Hurensohn!“). Neben den Parolen, die gerufen oder in Plakaten geschrieben wurden, waren auch das Werfen von Gegenständen beliebt, nicht nur Bananen (und hier nicht nur gegen schwarze Spieler, sondern z.B. auch gegen Oliver Kahn), so bekam Luis Figo von Barcelona-Fans einen Schweinekopf als Gast-Geschenk. All diese Dinge führten nicht zu Diskussionen über Spielabbrüchen. Erst jetzt, nach über 120 Jahren Fußball, beginnt man, den Hass in Fußballstadien zu bekämpfen.

Das ist grundsätzlich gut. Aber die Art und Weise hat einen hysterischen Charakter. Spielabbrüche gab es früher nur, wenn das Wetter das Weiterspielen unmöglich machte, die Spieler sich gegenseitig verprügelten oder das Stadion plötzlich von einem Terroranschlag bedroht war. Nun reichen Affenlaute oder ein Plakat. Ich verurteile diese Dinge aufs Schärfste, denn ich bin zu 100% für schwarze Fußballer und Milliardäre als Fußball-Investoren. Nur mit Weißen und „Traditionsvereinen“ wäre der Fußball für mich viel langweiliger. Dennoch sehe ich keinen Grund, deswegen ein laufendes Spiel abzubrechen.

Einer der Gründe für diese Skepsis ist nicht mehr gültig, denn ich hielt es für Doppelmoral, dass rassistische Parolen härter verurteilt werden als Hassbotschaften gegen reiche Investoren. Nun hat man, wie der Fall Dietmar Hopp zeigt, auch gegen den Hass gegen Milliardäre klare Kante gezeigt. Aber der andere Grund ist immer noch gültig: Spielabbrüche geben den Leuten mit den Hassbotschaften eine Macht, die sie nicht haben sollten. Sie entscheiden, ob ein Spiel weitergehen darf, und eventuell sogar über die Wertung des Spiels und damit das Schicksal einer ganzen Mannschaft. Kein Spieler sollte gezwungen werden, gegen seinen Willen weiterzuspielen, aber erzwungene Spielabbrüche stellen ebenfalls eine zu harte Strafe für solche Vorfälle dar.

Anstatt eine ganze Mannschaft und all ihre Fans zu bestrafen, müssen individuelle Strafen her. Die Verantwortlichen müssen ausfindig gemacht und mit einem Stadionverbot belegt werden. Nichts dürfte mit den modernen technischen Mitteln einfacher sein, außerdem können im Notfall Sicherheitskräfte eingreifen (um z.B. ein Hass-Plakat abzuhängen). Das ist die einzige gerechte Lösung. Die deutsche Meisterschaft darf nicht von Menschen in Stadien entschieden werden, die Hassbotschaften gegen Schwarze oder Reiche ausstoßen. Kollektivstrafen sind ungerecht für die Mannschaften und Fans und stellen keine effiziente Lösung dar. Es wird Zeit, die Täter gezielt zur Rechenschaft zu ziehen.

Eine Antwort to “Gegen Kollektivstrafen”

  1. Zur Causa Hopp und zum „modernen Fußball“ « L for Liberty Says:

    […] auch: Jorge Arprin: Gegen Kollektivstrafen Stephan Tempel: Hopp und die […]

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