Noch immer gibt es Leute, die das Coronavirus als „nicht schlimmer als eine Grippe“ bezeichnen, doch ihre Zahl wird immer kleiner. Unabhängig davon hat COVID-19, so die formaljuristische Bezeichnung, innerhalb kürzester Zeit alle wichtigen Themen – Greta, Flüchtlinge, Trump, Fußball – aus den Medien verdrängt (letzteres hat bei mit zu leichten Entzugserscheinungen geführt). Geschlossene Grenzen, Wirtschaft heruntergefahren, Ausgangssperren – die Welt ist nicht mehr dieselbe wie vor einigen Monaten. Die Folgen dieser Entscheidungen werden uns noch Jahre begleiten. Aber einige Lektionen können wir schon heute aus ihnen schließen.
Das Land, das den Ausbruch des Coronavirus anscheinend am besten gemeistert hat, ist China. Die Zahl der offiziell gemeldeten Neuinfektionen und der Todesfälle ist mittlerweile kaum noch relevant. Auch wenn die echten Zahlen größer sein mögen, ist China heute näher an der Rückkehr zur Normalität als am Ausnahmezustand. In Europa dagegen ist man derzeit von einem Rückgang der Neuinfektionen und Todesfälle sowie der Aufhebung der radikalen Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus weit entfernt. Daran wird sich in den nächsten Wochen kaum etwas ändern: Den Höhepunkt der Krise haben wir gemäß der Mehrheit der Virologen noch vor uns.
Eine Frage tut sich da auf: Kann es sein, dass China aufgrund seines autoritären Systems erfolgreicher bei der Bekämpfung des Coronavirus war als Europa mit seinen Bürgerrechten und der Demokratie? Ist das westliche Modell bei der Bekämpfung von Pandemien im Nachteil gegenüber dem chinesischen Modell? Diese Lesart hat sich bei vielen klammheimlich durchgesetzt. Vor allem bei denen in Europa, die noch härtere Maßnahmen beim Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus fordern. Momentan geht es in Europa schon so totalitär zu wie noch nie seit 1945. Können wir noch mehr ertragen? Bevor man sich eine vorübergehende Diktatur wünscht, sollte man die wahren Ergebnisse sehen, die die Diktaturen in der Corona-Pandemie liefern.
Ohne die Geheimhaltung am Anfang des Ausbruchs des Virus in China wäre es vermutlich nie zur Pandemie gekommen. Eine solche Vertuschungspolitik ist nur in einer Diktatur möglich und zeigt folglich, dass Diktaturen der beste Freund von Pandemien sind. Wenn wir uns noch die Lage in anderen Diktaturen anschauen, wird es noch deutlicher: Der Iran steht vor dem Kollaps, da Vertuschungspolitik hier auf die Unfähigkeit des Staates trifft, Quarantäne-Maßnahmen durchzusetzen. Es bleibt abzuwarten, was das Virus in anderen Diktaturen wie z.B. in Venezuela ausrichtet. Im Gegenzug haben es demokratische Staaten wie Japan, Südkorea und Taiwan geschafft, die Ausbreitung des Virus zu stoppen, ohne dieselben totalitären Maßnahmen zu ergreifen wie China.
Die Pandemie hat nicht die Überlegenheit eines autoritären Systems gegenüber einem freiheitlichen klargemacht, sondern den Unterschied zwischen Good Governance und Bad Governance. Eine Diktatur wie China hatte immerhin Erfolg bei der Eindämmung der Ausbreitung des Virus – obwohl mit einer freien Informationspolitik der Ausbruch eventuell hätte verhindert werden können – aber demokratische Staaten mit Bürgerrechten wie Japan, Südkorea und Taiwan schafften das auch. Die Demokratien in Italien und Deutschland konnten die Ausbreitung des Virus nicht rechtzeitig verhindern – aber eine brutale Diktatur wie der Iran scheiterte noch viel schlimmer an dieser Aufgabe.
Jeder Staat kann richtige und falsche Entscheidungen treffen. Diese kann man unabhängig von der Herrschaftsform beurteilen – von einer totalitären Diktatur bis zum liberalen Nachtwächterstaat. Die Argumente für eine liberale Demokratie sind in den meisten Fällen klar ersichtlich. Vor allem die Möglichkeit, (zu) schlechte Regierungen abzuwählen, zeichnet liberale Demokratien aus. In Extremfällen wie einer Pandemie kann es passieren, dass eine totalitäre Diktatur größere Erfolge bei der Bekämpfung aufweist als eine liberale Demokratie. Dennoch sollte daraus nicht die Schlussfolgerung getroffen werden, dass gegen Pandemien nur eine Diktatur hilft. Taiwan ist das beste Vorbild – nicht China.
März 24, 2020 um 14:22 |
Kann ich nur unterschreiben. Bei uns dürfte bad governance der Hauptgrund für die aktuelle Situation sein. Hatte man doch seit Jahren eine Fallstudie vorliegen, die exakt den aktuellen Ablauf, allerdings mit höherer Sterblichkeit, vorausgesagt hat: https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/120/1712051.pdf
Offensichtlich ist diese Studie bei den Verantwortlichen entweder in der Rundablage oder irgendwo ganz unten im Dokumentenstapel gelandet und im aktuellen Fall nicht berücksichtigt worden. damit der Bürger sich hierüber nicht allzu sehr aufregt, wird er von den Medien mit Lobeshymnen für unsere Gottkanzlerin (sie scheint so eine Art Wiedergängerin des Kalifen Harun ar-Raschid zu sein) überschüttet und stattdessen mit dem erregten Zeigefinger lieber auf die Lieblingsfeindbilder Trump und BoJo hingewiesen, die ja grundsätzlich alles verkehrt machen.
März 25, 2020 um 02:41 |
In der Tat, der Staat war völlig unvorbereitet. Das trifft leider auf fast alle Staaten zu – Taiwan und Südkorea sind echte Ausnahmen. Beim Rest der Welt könnte es überall sehr übel enden.
Deutschland hat mit seinem im Vergleich zu anderen Ländern hoch entwickelten Gesundheitssystem noch bessere Chancen auf niederige Todeszahlen. Hätte man Anfang Januar alle Flüge aus China oder mit Menschen mit China-Aufenthalt gestoppt, wäre die Sache wohl schon jetzt weitgehend vorbei.
März 25, 2020 um 14:46
Nicht zu vergessen hätte man als Konsequenz aus der von mir genannten Pandemie-Studie Bevorratung bei Schutzkleidung und ähnlichem betrieben. Zu Zeiten des kalten Kriegs gab es bei uns in der alten Bundesrepublik staatliche Notbevorratung bei Nahrung und ähnlichem.
März 26, 2020 um 00:17
Ja, das wäre sehr einfach gewesen. 80 Millionen Masken hätten vor einigen Jahren mit den niedrigen Preisen ein paar Millionen gekostet. Ein Witz im Bundeshaushalt. Und fast alle Masken helfen, auch wenn FFP3-Masken mehr helfen als andere. Jetzt muss man bei den Chinesen einkaufen gehen …
Juli 19, 2020 um 21:21
Und Maas hat das Wenige an seinen geliebten Iran verschenkt. Der kleine Antifant hat kein Herz für die BRDler.