Wie die Zeitung „Washington Post“ vor zwei Wochen berichtete, tobt in der „libertären“ Szene in den USA zurzeit ein Streit darum, ob die Sezession der US-Südstaaten, die von Abraham Lincoln verhindert wurde, legitim war oder nicht. Ich denke, dass die Bevölkerung einer Region, die nach Unabhängigkeit strebt, diese auch bekommen sollte, um endlose Bürgerkriege zu vermeiden (Kurdistan, Tibet, Tschetschenien, Westsahara, Kosovo, Balutschistan, Sinkiang, Nagaland usw.). Voraussetzung sollte sein, dass die Bevölkerung in der Mehrheit für die Unabhängigkeit stimmt. Der liberale Cheftheoretiker Ludwig von Mises vertrat in seinem Standardwerk „Liberalismus“ die Ansicht:
“Wenn die Bewohner eines Gebietes, sei es eines einzelnen Dorfes, eines Landstriches oder einer Reihe von zusammenhängenden Landstrichen, durch unbeeinflusst vorgenommene Abstimmungen zu erkennen gegeben haben, dass sie nicht in dem Verband jenes Staates zu bleiben wünschen, dem sie augenblicklich angehören, sondern einen selbständigen Staat bilden wollen oder einem anderen Staate zugehören wollen, so ist diesem Wunsche Rechnung zu tragen. Nur dies allein kann Bürgerkriege, Revolutionen und Kriege zwischen den Staaten wirksam verhindern … Wenn es irgend möglich wäre, jedem einzelnen Menschen dieses Selbstbestimmungsrecht einzuräumen, so müsste es geschehen.”
Bedeutet das aber, dass jede dahergelaufene Bande, die sich zum Staat erklärt, das Recht auf Sezession haben sollte? Wenn es so wäre, würden wir wohl ziemlich viele mafia-ähnliche Gebilde bekommen, die sich gegenseitig bekriegen. Es sollte daher schon an Bedingungen geknüpft sein, und zwar, dass der neue Staat die Rechte seiner Bürger achtet. Das war bei den US-Südstaaten nicht der Fall, die Konföderierten waren Sklavenhalterstaaten. Es waren im Übrigen die Konföderierten, die mit der Bombardierung von Fort Sumter den Krieg anfingen. Klar kann man Lincoln wegen vieler seiner Maßnahmen kritisieren, aber es ist nicht gerechtfertigt, die Südstaaten zu den Opfern zu erklären. (more…)