Archive for the ‘Islam’ Category

Ein echter Frühling?

April 16, 2018
Die Kaaba- Das größte Heiligtum der islamischen Welt

Ändert sich was in Saudi-Land?

Der iranische Frühling ist ziemlich schnell zusammengebrochen. Die Mullahs sind so fest im Sattel wie vorher, und damit wird sich auch im gesamten Nahen Osten wenig ändern. Aber es deutet einiges darauf hin, dass es in einem mindestens ebenso wichtigen Land im Nahen Osten einen echten Frühling geben könnte. Denn er kommt nicht aus dem Volk, sondern von den Herrschern. Der junge saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat einige Ansichten verkündet, die in Saudi-Arabien revolutionär sind. Im Land hat es bereits einige Änderungen gegeben, die im Gegensatz zu vielen früheren Reformen nicht mikroskopisch klein waren, sondern im Alltag bemerkt werden konnten. Kinos sind erlaubt, israelische Flugzeuge dürfen saudisches Territorium durchqueren, bald werden Frauen ihren Führerschein machen können, außerdem deutete Salman eine Aufhebung des Verschleierungszwangs an.

Nun hat Salman dem „Time“ ein Interview gegeben. Hier hat er seine Ansichten klar dargelegt. Man sieht klar, dass er kein Kind von Traurigkeit ist. Er verteidigt das Verhaften von Bloggern, denn auch Osama bin Laden hätte „die Meinungsfreiheit missbraucht“, für die saudische Königsfamilie hat er nur Lob übrig (sie hätten das Land aufgebaut, sie seien „super-clean“ und nicht korrupt, sie hätten niemals Extremismus ins Ausland verbreitet, eine absolute Monarchie sei nicht immer schlecht, usw.), die saudische Intervention in Jemen ist für ihn ausschließlich eine humanitäre Anti-Terror-Maßnahme. Es ist klar: Salman ist ein Unterdrücker und Mörder, wie für einen Anwärter des saudischen Königsthrons zu erwarten. Dennoch macht er auch Aussagen, die Hoffnung für eine Besserung der Situation in Saudi-Arabien und im Ausland machen.

Salman spricht einige Dinge an, die eine elementare Bedeutung für den Nahen Osten und den Westen haben – und was er da sagt, klingt nicht so schlecht. Geradezu revolutionär halte ich seine Aussagen zur Muslimbruderschaft und ihrer Rolle zur Radikalisierung von Muslimen in Europa, denn wenn der zukünftige saudische König sowas sagt, besteht wirklich Grund auf Besserung in dieser Hinsicht. Aber es ist auch ein politisches Erdbeben, was er zu den Beziehungen zu Israel sagt und wie er sich die Zukunft Saudi-Arabiens vorstellt (allerdings hat er einige dieser Aussagen schon getätigt, also dürften sie nicht mehr so überraschend klingen). Selbst seine Position zu Syrien klingt nicht unvernünftig. Im Folgenden habe ich einige seiner Aussagen gesammelt, die auf einen baldigen saudischen Frühling hindeuten, der sowohl für Saudi-Arabien als auch für die Nachbarn im Nahen Osten und den Westen sehr positiv wäre. (more…)

Eine neue Normalität

August 18, 2017

Die Islamisten kommen

Die Terroristen dürfen unseren Hass nicht bekommen
Pray for Barcelona
Es gibt keine absolute Sicherheit
Der Zentralrat der Muslime verurteilt den Anschlag
Unsere Art zu leben steht nicht zur Debatte
usw. usw. …

Paris, Nizza, Brüssel, Berlin, London, Stockholm, Manchester, Barcelona, von kleineren Anschlägen wie in Hamburg ganz zu schweigen – der islamistische Terror im Westen ist so normal geworden, dass die üblichen Reaktionen wie auswendig gelernt wirken. So sagte Londons Bürgermeister Sadiq Khan nach dem Anschlag in London im MärzWe are not going to allow these terrorists to cow us“ (cow bedeutet einschüchtern), nach dem Anschlag in Manchester sagte er „We will never be cowed by terrorism“, und schließlich sagte er nach dem Anschlag in London im Juni, nun nicht mehr überraschend, „We will never let these cowards win and we will never be cowed by terrorism.“ Ja, wir haben es verstanden, Herr Khan: Die Terroristen werden uns nicht einschüchtern.

Die Nachrichten aus Europa klingen immer mehr wie aus dem Libanon. So wie die Libanesen sich daran gewöhnt haben, werden wir uns auch immer mehr daran gewöhnen. Wir sind schon auf den besten Weg dahin. Wie spektakulär waren die Reaktionen auf den Anschlag auf Charlie Hebdo, wie unspektakulär die Reaktionen auf den Anschlag in Barcelona. Man kann das einfach erklären: Wenn Werder Bremen oder Eintracht Frankfurt die Bundesliga gewinnen würden, würde die ganze Stadt durchdrehen, wenn der FC Bayern Meister wird, nimmt es die Stadt zur Kenntnis. Man gewöhnt sich eben an alles, ob Positives oder Negatives. Aber für wie lange wird der Terror zur Normalität werden?

Thomas Hegghammer hat letztes Jahr eine interessante Analyse dazu verfasst. Sie verdient es, ganz durchgelesen zu werden, für den eiligen Leser sei hier die deprimierende Zusammenfassung über die Zukunft des islamistischen Terrors in Europa in den kommenden 10 Jahren wiedergegeben:

Despite reaching historically high levels in recent years, violent Islamist activity in Europe may increase further over the long term due to four macro-trends: 1) expected growth in the number of economically underperforming Muslim youth, 2) expected growth in the number of available jihadi entrepreneurs, 3) persistent conflict in the Muslim world, and 4) continued operational freedom for clandestine actors on the Internet. Over the next decade, the jihadi attack plot frequency in Europe may follow a fluctuating curve with progressively higher peaks. Many things can undercut the trends and lead to a less ominous outcome, but the scenario is sufficiently likely to merit attention from policymakers.

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Nicht mit ihnen

Juni 19, 2017

Der Ramadan-Friedensmarsch ging in die Hose. So viel steht fest. Aber für mich ist das nicht so schlimm. Wenn morgen wie aus dem nichts massenhaft liberale, atheistische Bayern-Fans Terroranschläge im Namen des Liberalismus, Atheismus und des FC Bayern begehen würden, würde ich kein Verlangen empfinden, auf die Straße zu gehen, um dagegen zu demonstrieren. Ich würde einfach keine Mitverantwortung für die Taten spüren, denn ich habe nie zu Gewalt aufgerufen (außerdem halte ich Demonstrationen grundsätzlich für eine meist überflüssige Sache, aber das ist ein anderes Thema). Wenn also tatsächlich säkulare, moderne Muslime zuhause bleiben und lieber fernsehen anstatt stundenlang irgendwelche Plakate zu halten, finde ich das nicht verwerflich.

Viel schlimmer finde ich das hier:

Lamya Kaddor, eine der Initiatoren des Marsches, hat es geschafft, als Lehrerin den radikalen Hass ihrer eigenen Schüler komplett zu ignorieren, obwohl sie ihn direkt zu Ohren bekam. Die Schüler in ihrem Unterricht forderten Geert Wilders‘ Enthauptung, und Kaddor meinte nur …

‚Ich würd ihn schon ganz gerne tot sehen‘, letztlich hat es so keiner ausgesprochen.

… obwohl die Schüler es natürlich so ausgesprochen hatten. Und das ist ein großes Problem. Wenn massenhaft liberale, atheistische Bayern-Fans Terroranschläge im Namen des Liberalismus, Atheismus und des FC Bayern begehen würden, würde ich eins definitiv nicht tun: Den Terror verharmlosen oder das ideologische Ziel teilen, dem die Terroristen anhängen. Bei Muslimen sehe ich das zu großen Teilen nicht. Das ist das, worüber geredet werden sollte.

Kaddor ist ein Paradebeispiel für einen Muslim, der den Islamismus verharmlost, und ihre Schüler sind ein Paradebeispiel für Muslime, die die Ideologie der Terroristen teilen, selbst wenn sie nicht eigenhändig zur Machete greifen oder in den LKW steigen. Die Teilnehmer des Marsches gehörten wohl überwiegend der ersten Fraktion an, denn obwohl sie als „ein Zeichen von Muslimen gegen den Terror“ gemeint war, wurde sie am Ende doch nur zur Reinwaschung des Islams und zur Kultivierung der eigenen Opfer-Rolle benutzt, wie die Statements der Teilnehmer zeigten. Es gab kaum Anteilnahme mit den Opfern, dafür aber viel Gerede darüber, wie friedlich der Islam und wie furchtbar Islamophobie sei. (more…)

Terror als Blowback?

Juni 11, 2017
Osamas Erbe in New York

Ist Terror nur Blowback?

Die letzten zwei Jahre des Terrors in Europa haben eine Reihe an Erklärungen für die Ursachen des Terrors hervorgerufen. Einer dieser Erklärungen ist die These, dass die Terroranschläge im Westen eine Folge der westlichen Interventionen im Nahen Osten sind. Man sieht also den Terror, kurz gesagt, als „Rache für Irak“ oder „Rache für Afghanistan“. Diese These ist vor allem bei linken Antiimperialisten verbreitet, die für jedes Übel der Welt „den Westen“ verantwortlich machen, aber auch bei libertären Nicht-Interventionisten, die die Außenpolitik der westlichen Staaten sehr kritisch sehen. Oskar Lafontaine und Jeremy Corbyn stimmen hier seltenerweise mit Ron Paul und Bryan Caplan überein. Auch mein Lieblingskommentator „Salamshalom“ hält Terroranschläge im Westen für Blowback, obwohl er gleichzeitig 9/11 für einen Inside Job hält (so ist er zweifach abgesichert: Entweder der Westen ist Schuld, oder der Westen ist Schuld).

Ich halte die Blowback-These jedoch für vollkommen falsch. Wenn man die Fakten genauer betrachtet, ist sie so spektakulär falsch, dass es absurd erscheint, dass irgendjemand sie ernsthaft vertritt. Es gibt viel dazu zu sagen, ich habe hier mal sechs Punkte gesammelt.

1.) Es gab kein Blowback von Vietnamesen, Salvadorianer oder Serben.

Der Westen hat nicht nur islamische Länder bombardiert. Die USA haben jahrelang in Vietnam in viel größerem Umfang interveniert, mit mehr Soldaten, mehr Waffen und mehr zivilen Opfern. Auch in anderen Ländern wie El Salvador oder in den Jugoslawienkriegen haben die USA und andere westliche Länder massiv interveniert. Die Zahl der Menschen, die aus diesen Ländern kommen und im Westen leben, ist groß genug für terroristische Zellen: Es gibt 2 Millionen Vietnamesen und 2,1 Millionen Salvadorianer in den USA und über 200.000 Serben in Deutschland. Wo blieb die „Rache für My Lai“ in den USA? Wo blieb die „Rache für Kosovo“ in Deutschland? Und kommt mir nicht mit „Die westlichen Interventionen dort dauerten nur kurz, die Muslime werden seit Jahrzehnten unterdrückt.“ Die amerikanischen Interventionen in Südostasien erstreckten sich über rund drei Jahrzehnte, und Deutschland hat den Serben 1914-18, 1941-45 und in den 1990ern, also fast ein ganzes Jahrhundert lang, übel mitgespielt. Trotzdem ist nie ein Serbe in Berlin oder München detoniert. Das sollte den den Blowback-Theoretikern zu denken geben. Es kommt aber noch mehr.

2.) Die Täter kommen meistens nicht aus den Ländern, in denen es Interventionen gab.

In welchen islamischen Ländern hat der Westen interveniert? Die erste Intervention war 1991 im Irak, es folgten Somalia, Jugoslawien (bzw. die muslimischen Gebiete, Bosnien und Kosovo, aber zählen wir es als ein Land), Afghanistan, wieder der Irak, die Drohnenkriege in Pakistan und Jemen, Libyen, Mali und schließlich Syrien. Insgesamt sind das neun Länder. Aber nur wenige der islamistischen Terroristen im Westen stammten aus diesen Ländern. Die Terroristen von 9/11 stammten aus Saudi-Arabien, Ägypten und Libanon, die Terroristen in Frankreich und Belgien stammen überwiegend aus Marokko, Tunesien und Algerien, die Boston-Bomber kamen aus Tschetschenien, Anis Amri war Tunesier, der Stockholm-Fahrer Rakhmat Akilov ist Usbeke. Sicher gab es auch mal Terroristen aus Ländern wie Afghanistan oder Libyen (z.B. in Orlando 2016 oder jüngst in Manchester), aber die Mehrheit der Terroristen stammt nicht aus Ländern, in denen der Westen interveniert hat, sondern am häufigsten aus Marokko und Tunesien. Jetzt kommt wohl das Argument „Die Muslime aus aller Welt halten zusammen, die Marokkaner und Tunesier nehmen Rache für die Iraker und Afghanen!“ Aber auch das ist nicht schlüssig. (more…)

Kuffarsplaining

April 4, 2017
Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Unter linken Kreisen gibt es eine immer größer werdende Anzahl von Phänomenen, die zu Tabus erklärt wurden und vor denen man in Safe Spaces oder durch Triggerwarnungen geschützt werden muss. Zu diesen Phänomenen zählen neben Dingen wie Hate Speech, Mikroaggressionen oder Cultural Appropriation auch das Phänomen „Mansplaining“. Was ist Mansplaining? Das Merriem-Webster-Wörterbuch benutzt folgende Definition:

Das Phänomen, wenn ein Mann herablassend mit jemandem (vor allem einer Frau) über einen Themenbereich spricht, von dem er nur unvollständige Kenntnisse hat, unter der fälschlichen Annahme, er wisse mehr über den Gegenstand als die Person, mit der er spricht.

Dieses Phänomen ist, wie bei allen anderen linken Ideen, entweder komplett erfunden oder wird, falls es in der realen Welt mal vorkommt, übermäßig dramatisiert. Aber ein anderes Phänomen, das sich ähnlich beschreiben lässt, kommt in der realen Welt ständig vor. Man kann es „Kuffarsplaining“ nennen. Die Definition dafür könnte so lauten:

Das Phänomen, wenn ein Kuffar herablassend mit jemandem (vor allem einem Islamisten oder einem Islamkritiker) über den Islam spricht, von dem er nur unvollständige Kenntnisse hat, unter der fälschlichen Annahme, er wisse mehr über den Islam als die Person, mit der er spricht.

Kuffarsplaining funktioniert in zwei Schritten:

1. Ein Islamist verübt ein Massaker und beruft sich auf die heiligen Schriften des Islams, oder: Ein Islamkritiker kritisiert nach einem Massaker von Islamisten den Islam und beruft sich auf die heiligen Schriften des Islams.
2. Ein Nicht-Muslim erklärt dem Islamisten (oder dem Islamkritiker), dass er keine Ahnung von der wahren Botschaft des Islams hat, weil die wahre Botschaft des Islams Frieden ist.

Das beste Beispiel für Kuffarsplaining in Deutschland dürfte Jürgen Todenhöfer sein. Nach jedem religiös motivierten Massaker erklärt er den (meist verstorbenen) Tätern, dass sie keine echten Muslime sind und ihre Tat nichts, aber auch wirklich gar nichts mit dem Islam zu tun hat. Er ist in dieser Hinsicht wie Abu Bakr al-Baghdadi, der ebenso ständig Muslime exkommuniziert und Taten nach seinem Gutdünken als halal oder haram klassifiziert – nur, dass Todenhöfer eben ein Kuffar ist. Ein anderes Beispiel für Kuffarsplaining ist die aktuelle Reaktion einiger Linker auf den „Moschee-Report“ von Constantin Schreiber. Schreiber war als das „Gesicht der Willkommenskultur“ bekannt geworden, weil er in den öffentlich-rechtlichen Sendern Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Deutschland begleitete. Nun hat er einige Zeit lang Moscheen in Deutschland besucht und die Predigten notiert. Das Ergebnis war nicht schön. (more…)

Terror in Berlin: Der Rechtsstaat schlägt zurück

Dezember 23, 2016

Anis Amri schaffte nur drei Tage, der Titel bleibt bei bin Laden

Die Reaktionen des Rechtsstaats auf den Terroranschlag in Berlin sind bereits da, und sie fallen sehr hart aus. Wenn man bedenkt, dass Anis Amri sich in Deutschland aufhielt, obwohl er vier bis acht verschiedene Identitäten verwendete, den Behörden als Gefährder bekannt war und sich als Selbstmordattentäter beworben hatte, er in Abschiebehaft saß und freigelassen wurde, verschiedene ausländische Geheimdienste die deutsche Regierung vor Anschlägen in Weihnachtsmärkten gewarnt hatten und die deutschen Behörden Amris Freiheit damit erklärten, dass es schwer war, Amri im Auge zu halten, „weil er sich oft von einem Ort in einen anderen bewegte“, ist das verständlich. Und was sind die Reaktionen? Folgende:

1. Kampf gegen die Instrumentalisierung „von rechts“.

Marcus Pretzells Tweet („Es sind Merkels Tote“) könnte strafrechtliche Ermittlungen zur Folge haben. Denn nichts ist schlimmer ist als die schamlose Instrumentalisierung einer Tragödie. Das weiß vor allem Ralf „Pegida-hat-mitgestochen“ Stegner. Neben dem Kampf gegen Hate Speech soll der Kampf gegen Fake News verschärft werden. Heiko Maas fordert die Errichtung einer „Wahrheitskommission„, die Meldungen nach ihrem Wahrheitsgehalt verifiziert, das Bundesinnenministerium plant ein „Abwehrzentrum gegen Desinformation„. Die Strafen für Vergehen dieser Art sollen Geld- und Gefängnisstrafen sein. Damit sich eine so schreckliche Tat wie Pretzells Tweet nicht wiederholt.

Mein Vorschlag für ein Fake News- und Hate Speech-Paragraf:

&6538 Verbreitung von wahrheitswidrigen und die Menschenwürde verletzenden Aussagen
(1) Wer in der Öffentlichkeit oder in den sozialen Medien wahrheitswidrige Aussagen tätigt, verbreitet oder zustimmt, die geeignet sind, die Bevölkerung in einer Weise irrezuführen, dass der öffentliche Frieden gestört wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in der Öffentlichkeit oder in den sozialen Medien Aussagen tätigt, verbreitet oder zustimmt, die die Menschenwürde verletzen.

2. Zusammenhalt betonen.

Es kann nicht sein, dass sich die Gesellschaft spaltet, nur weil ein LKW ein Parkverbot ignoriert hat. Deswegen haben Christen, Muslime, Flüchtlinge und Schon-länger-hier-Lebende gemeinsam in Berlin gesungen und in München demonstriert, gegen den wahren Feind: Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, AfD, Pretzell. Natürlich haben die Menschen auch wieder Weihnachtsmärkte besucht. In einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft wie der unseren bestimmen nicht Terroristen, wer im Weihnachtsmarkt sein darf. Das macht die Gewerbeaufsicht. Das schönste Zeichen des Zusammenhalts war aber der ökumenische Gottesdienst mit Vertretern der drei abrahamitischen Religionen. Der Imam Ferid Heider, der auf seiner Facebook-Seite den weltbekannten islamistischen Prediger al-Qaradawi bewirbt, das islamistische R4bia-Zeichen als Profilbild hatte und 9/11-Verschwörungstheorien verbreitet, war dafür besonders gut gewählt: Wenn man Islamisten und 9/11 Truther ausschließen würde, müsste man nämlich 50-80% aller Muslime aus den Gedenkfeiern ausladen. (more…)

Die Kandidaten des IS?

November 14, 2016
Ist Geert Wilders ein Rassist?

Ist Wilders ein IS-Rekrutierer?

Letzten Monat erschien in „Bento“ ein Quiz von Fabian Köhler, der zeigen sollte, wie sehr sich Islamisten und Rechtspopulisten oder Islamkritiker (gemeint waren u.a. Le Pen, Wilders, Henryk M. Broder und Ayaan Hirsi Ali) in ihrer Sicht auf den Islam gleichen. Beide glauben, dass der wahre Islam eine gewalttätige Ideologie ist, die zum Kampf gegen Ungläubige aufruft. Die Botschaft war klar: Beide Gruppen sind zwei Seiten derselben Medaille und wollen dasselbe: Alle Muslime sollen zu Islamisten erklärt werden. Nach Donald Trumps Wahlsieg wird nun dasselbe über ihn gesagt. „Der IS-Chef hätte Trump gewählt“, schreibt Die Presse, denn Trumps anti-muslimische Rhetorik führe dazu, dass Muslime nun pauschal zu Islamisten erklärt würden – genau das, was der IS will.

In gewisser Weise stimmt das. Rechtspopulisten und Islamisten haben eine ähnliche Sicht auf den Islam: Der Islam ist eine gewalttätige Ideologie, und jeder „echte“ Muslim muss ein Islamist sein. Das ist eine Sicht, die ich nicht teile, denn ich unterscheide zwischen dem Inhalt der heiligen Schriften, der nahezu grenzenlosen Interpretation und der Identität der Menschen, in der Religion oft nur als gemeinschaftsstiftendes Merkmal dient. Ist die Tatsache, dass sich Rechtspopulisten und Islamisten in diesem Punkt einig sind, ein Zeichen für ideologische Nähe, sowie es Köhler und viele andere sagen, die die AfD als „Werbung für den IS“ bezeichnen?

Wer sowas behauptet, hat einen ganz entscheidenden Punkt missverstanden: Es gibt einen Unterschied, ob man eine Sache beschreibt und ob man ihr zustimmt. Wenn ein Kapitalist und ein Kommunist den Kommunismus beschreiben, dürften sie sich auch einig sein: Der Kommunismus ist eine Ideologie, die fordert, alle Produktionsmittel zu verstaatlichen. Hier hören die Gemeinsamkeiten aber schon auf. Niemand würde auf die Idee kommen zu sagen, Kapitalisten und Kommunisten seien zwei Seiten derselben Medaille, weil ihre Definition von Kommunismus gleich ist, denn das Wichtige ist die Frage, ob sie Kommunismus für wünschenswert halten – und hier unterscheiden sich ihre Ansichten extrem. (more…)

Keine Toleranz der Intoleranz?

August 24, 2016
Hat der Islam nichts mit Ehrenmorden zu tun?

Sollten Burkas toleriert werden?

Der am meisten zitierte Satz von Thomas Mann lautet: „Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt.“ Solche Sätze, die in etwa dieselbe Bedeutung haben, wurden auch von Karl Popper, Umberto Eco und sogar Margot „Wir-müssen-mit-den-Taliban-beten“ Käßmann geäußert. Es ist klar: Jeder will, dass Toleranz eine Grenze hat, und zwar die Intoleranz – die darf nicht toleriert werden. In aktueller Zeit diskutiert Deutschland über die Einführung eines Verbots der Vollverschleierung. In Nizza ist man diesbezüglich weiter, heute wurde eine Frau von Polizisten gezwungen, ihr Burkini im Strand auszuziehen. Bei der Burka-Frage handelt es sich offenbar um einen Fall von „Keine Toleranz für die Intoleranz“: Ein Verbot ist in der Regel intolerant, aber wenn es sich bei einer Sache um Intoleranz handelt, muss man ihr gegenüber intolerant sein (also sie verbieten), um die Toleranz zu retten.

Zunächst mal sollte das Wort „Toleranz“ von seiner politischen und seiner gesellschaftlichen Bedeutung trennen. Politik bedeutet immer die Anwendung von (Staats-)Gewalt, das nicht-politische ist dagegen friedlich (außer natürlich, wenn es politisiert wird). Wenn man einer Sache gegenüber politisch tolerant ist, heißt das nicht, dass man es gut findet, sondern nur, dass man keine Gewalt anwenden will, um es zu verbieten. Man kann z.B. negative Ansichten über Schwule politisch tolerieren, aber im privaten, nicht-politischen Alltag verurteilen. Tatsächlich würde wohl keiner einen Menschen, der Schwule für minderwertig hält, als „tolerant“ bezeichnen, aber gleichzeitig würde man seine Meinung, sofern es nur seine private Meinung ist und er keine Gewalt anwendet, nicht als ein Grund für ein politisches Eingreifen ansehen.

Damit kommen wir zurück zum Thema Burka-Verbot und dem Zitat von Thomas Mann. Intoleranz darf nicht toleriert werden. Meine Meinung zur Burka (oder Niqab) ist klar: Ich lehne sie vollkommen ab. Kein anderes Symbol steht so sehr für die Unterdrückung der Frau als dieses Stoffgefängnis. Da gibt es auch nichts zu relativieren, wie man es mit dem Vergleich mit Nikolaus-Verkleidungen oder Nonnentrachten versucht hat. Aber muss deshalb auch ein politisches Eingreifen folgen? Eigentlich wäre die von mir befürwortete Lösung, dass jeder, ob nun privater oder öffentlicher Eigentümer, selbst entscheiden sollte, ob er in seinem Eigentum irgendeine Form von Schleier oder was auch immer toleriert. In öffentlichen Stellen könnte es dann ruhig ein Verbot geben. Aber das steht nicht zur Debatte. Es geht um ein Totalverbot in der ganzen Öffentlichkeit. (more…)

Der Mythos von der islamischen Toleranz

Juni 28, 2016
Oriana Fallaci trifft Ayatollah Chomeini

Hat erst Khomeini die islamische Toleranz zerstört?

Das zentrale Thema linker Politik ist der Einsatz für unterdrückte Gruppen (bzw. den Gruppen, die in ihrem Narrativ die Unterdrückten sind). In der Geschichte waren das meistens „die Arbeiter“, später wurden daraus die Frauen, die Homosexuellen und in jüngerer Zeit die Muslime. Im linken Narrativ sind diese Gruppen nicht nur (immer noch) unterdrückt, sondern halten auch zusammen gegen ihre Unterdrücker. Da muss es ein heftiger Schock gewesen sein, als in Orlando Omar Mateen, ein Muslim, plötzlich 49 Homosexuelle tötete. Noch schlimmer für das eigene Weltbild wäre es wohl nur, wenn „die Arbeiter“ der AfD zur Machtergreifung verhelfen oder ein Transsexueller einen Gorilla tötet.

Allerdings finden sich schnell Erklärungen für Ereignisse, die das eigene Weltbild ins Wanken bringen könnten. Für den Aufschwung von Rechtspopulisten ist der Neoliberalismus schuld, für den islamistischen Terror ist die westliche Außenpolitik schuld, und die islamische Homophobie … existiert nicht. So zumindest die Erklärung für das Phänomen der islamischen Homophobie. Obwohl es in der islamischen Welt viel Anschauungsmaterial gibt, brachte das Massaker in Orlando das Thema „Islam und Homosexualität“ wieder in die Medien, und es schlug die Stunde derer, die schon seit Jahren die moderne linke Erklärung heranziehen. Diese lautet ungefähr so:

„Im Koran steht nichts zum Thema Homosexualität und in der islamischen Welt wurde Homosexualität mehr als 1000 Jahre lang gelebt und toleriert, die moderne Homophobie kam erst durch den Kolonialismus und den strengen Sittengesetzen im victorianischen Zeitalter in die islamische Welt und sie ist außerdem nur unter einer Minderheit vertreten, das zeigen die vielen schwulen Communities in den islamischen Ländern.“

Ähnliches wird oft über den Antisemitismus und sogar über die Frauenfeindlichkeit in der islamischen Welt (falls sie nicht geleugnet wird) gesagt. Und, um es mit den unsterblichen Worten von Senator McCarthy auszudrücken,

„Jedes Wort in diesem Satz ist eine Lüge, einschließlich „und“ und „das“.“ (more…)

Ein Zeichen für Toleranz

Mai 22, 2016

Vor fünf Tagen störte die rechtspopulistische „Vlaams Belang“ eine „Muslim Expo“ in Antwerpen. Eine Muslima, Zakia Belkhiri, nahm das zum Anlass, um mit einem Victory-Zeichen vor den Demonstranten zu posieren. Die öffentliche Reaktion war natürlich positiv: Ein mutige Frau, die ein wunderbares Zeichen gegen Hass und für Toleranz setzt. Dummerweise kam schnell heraus, dass sie in ihren Accounts in den sozialen Medien extrem antisemitische Posts veröffentlicht hat, darunter das bekannte Fake-Zitat von Hitler „Ich hätte alle Juden töten können, aber ich habe einige am Leben gelassen, damit ihr wisst, warum ich sie getötet habe.“ Die Dame hat ihren Twitter-Account zwischenzeitlich gelöscht – doch das Internet vergisst nie.

Nachdem dies bekannt wurde, hat Zakia versucht, klarzustellen, dass das alles ganz anders gemeint war. In einer Erklärung sagte sie: Sie hat nichts gegen Juden, nur gegen Zionisten. Damals, als sie das Hitler-Zitat postete, wusste sie aber aufgrund ihrer Ignoranz nicht, dass Israel, obwohl es sich „jüdischer Staat“ nennt, nicht für alle Juden steht. Heute weiß sie, dass nicht alle Juden Zionisten und nicht alle Zionisten Juden sind und die „wahren Juden“ die barbarischen Taten der Zionisten verurteilen. Es war also alles nur ein Missverständnis. Tja, kann passieren. Wer hat in seiner Jugend nicht mal Mist gebaut? Das Wichtige ist, dass man daraus lernt, und das hat Zakia ja: Es gibt auch gute Juden – nämlich die, die Israel hassen.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich so eine Geschichte abspielt: Ein Musterbeispiel für Toleranz entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Islamist, der Juden hasst und Hitler bewundert oder sogar ein Massaker plant – manchmal auch mit Erfolg. Hier ein paar Highlights aus letzter Zeit:

– Die 20-jährige Aysegul Gurbuz wurde von der Labour Party zur jüngsten Gemeinderätin bestellt. Dann kam heraus, dass sie bei Twitter ihre Bewunderung für Hitler bekundet hatte: „Adolf Hitler = greatest man in history“.

– Der Konvertit Craig Wallace wollte nach den Terroranschlägen in Paris Vorurteile abbauen und hielt deshalb im Dezember 2015 vor dem britischen Parlament ein Schild hoch mit der Aufschrift. „Ich bin ein Muslim. Ich werde als Terrorist abgestempelt. Ich vertraue dir. Vertraust du mir genug für eine Umarmung?“ Später wurde er verhaftet, weil er einer Tory-Abgeordneten drohte, sie im Schlaf zu töten. (more…)