Archive for the ‘Jürgen Todenhöfer’ Category

Also sprach Jürgen

Dezember 31, 2014
Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Es gibt kein besseres Beispiel für eine Person, die jahrzehntelang in eine Region reist und dennoch so vieles falsch widergibt, wie Jürgen Todenhöfer. Die Tatsache, dass er wirklich in Kriegsländer reist, allen Gefahren zum Trotz, muss man ihm lassen. Alles andere, also seine Reiseberichte, ist meistens völliger Unsinn. Seine Berichte über die Situation im Nordirak in den letzten sechs Monaten, seitdem die ISIS/IS in Mossul einrückte, sind ein Paradebeispiel dafür. Von seinen ersten Zustandsbeschreibungen weicht er mittlerweile selbst ab (der „Juni-Todenhöfer“ hat wenig mit dem aktuellen „Dezember-Todenhöfer“ gemein), aber unbeeindruckt davon ist ihm in all der Zeit die absolute Gewissheit geblieben, es besser zu wissen als „die Medien“.

Es begann mit einem am 15. Juni erschienenen Interview, indem er klarstellte: Der Aufstand wird „nur scheinbar“ von der ISIS beherrscht, in Wirklichkeit wird er von der „FNPI“ („Nationaler, Panarabischer und Islamischer Widerstand“) getragen, einer säkularen Koalition aus ehemaligen Saddam-Leuten, die nun eine Demokratie errichten wollen. Die ISIS hätten „keine Chance“ in Mossul, sie würden nur 5% der Kämpfer stellen. Am 22. Juni beschrieb Todenhöfer auf seiner Facebook-Seite ausführlicher, was im Irak eigentlich vorging. Der „gemäßigte“, „legitime“, „säkulare“, „demokratische“, „nationale“ Widerstand führe einen Aufstand gegen die schiitisch dominierte Maliki-Regierung, es sei ein Kampf für Gleichberechtigung und Demokratie. Was in Mossul los ist, beschrieb er so:

Seit der FNPI und die Stämme Mosul kontrollieren, ist die Lage in der Stadt relativ ruhig. Frauen gehen ganz normal einkaufen. Es gibt keine sogenannten Schariagerichte wie in syrischen Gebieten, die ISIS kontrolliert. Niemandem werden die Hände abgehackt. Nur einige Alkoholläden hat ISIS zerstört. Der FNPI ist erkennbar Herr der Lage.

Eine bemerkenswerte Zustandsbeschreibung. Ein irakischer Blogger, der in Mossul lebte, hatte ganz andere Erfahrungen gemacht. Er meinte, die ISIS hätte sofort nach der Machtübernahme begonnen, die Scharia durchzusetzen (was einige „konservative“ Einwohner befürworteten), viele Märkte seien geschlossen, gefesselte Leichen tauchten überall auf, es herrsche ein Zustand der totalen Angst. Auch die Berichte über 500.000 Flüchtlinge aus der Stadt (etwa ein Viertel aller Einwohner, darunter alle Christen) sprachen eher gegen die Theorie „Alles in Ordnung, nur ein paar Alkoholläden zerstört“. Vor allem aber: Niemand auf der gesamten Welt hatte je etwas von der Existenz einer Koalition namens „FNPI“ gehört, die ja gemäß Todenhöfer 95% der Kämpfer in Mossul darstellten. (more…)

Ignorant, dreist und feige

April 28, 2014
Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Er hat es wieder getan. Jürgen Todenhöfer, bekannt für seine Verteidigungsreden für al-Qaida, den Taliban, Assad, den Mullahs im Iran und den Muslimbrüdern in Ägypten, hat sich in seinem neuesten Facebook-Eintrag „Islamkritik als Geschäftsmodell“ zu Hamed Abdel-Samads Buch „Der islamische Faschismus“ geäußert. Todenhöfer sagt dort, er respektiere Abdel-Samad als Menschen, aber seine Islambeschimpfungen seien „ignorant, dreist und feige“. Abdel-Samads Buch sei Volksverhetzung, es ginge ihm nur um das Geld, und der Koran sei in Wirklichkeit ein friedliches Buch. Der ganze Text ist ein Offenbarungseid.

Gehen wir die Sache durch:

Der Deutsch-Ägypter Hamed Abdel-Samad nennt in seinem neuen Buch den Islam „Faschismus“. Schon klingelt die Kasse. Eigentlich ist das Volksverhetzung nach §130 Strafgesetzbuch. Aber welcher Richter schützt heute noch die Würde einer Religion?

Erst einmal ist Paragraph 130 ein Widerspruch zur Meinungsfreiheit, da er Meinungen kriminalisiert, und gehört daher abgeschafft. Aber selbst wenn man Volksverhetzung unter Strafe stellen lassen will – was bei Todenhöfer offenbar zutrifft – stellt sich die Frage: Inwiefern erfüllt die Aussage „Der Islam ist faschistisch“ diesen Tatbestand? Nur weil man den Islam für faschistisch hält, heißt das noch lange nicht, dass man zur Verfolgung von Muslimen aufruft. Das hat Abdel-Samad nie getan, es ging ihm immer nur um Kritik an der Ideologie. Auch wenn man diese Kritik nicht teilt, hat sie nichts mit Volksverhetzung zu tun.

IGNORANT
Samad ist (im besten Fall) kein wirklicher Islamkenner. Er wüsste sonst, dass sich die kriegerischen Passagen des Koran „erkennbar auf die damaligen militärischen Auseinandersetzungen zwischen Mekka und Medina und damit ausschließlich auf bestimmte Kampfszenen jener Zeit“ beziehen. Der bekannte frühere ägyptische Religionsminister Zakzouk hat darauf – wie viele andere – immer wieder hingewiesen. Nur totale Ignoranten basteln daraus einen Faschismus-Vorwurf. Oder Leute, die den Koran bewusst verdrehen.

Wenn im Koran oder den anderen heiligen Schriften des Islam dazu aufgerufen wird, Ungläubige zu töten „wo man sie findet“ oder Apostaten hinzurichten, ist das eindeutig ein Aufruf zur Verfolgung von Nicht-Muslimen. Dies zu leugnen, ist ein Beispiel für Todenhöfers Ignoranz. Im Grunde sagt er ja, dass es für Muslime nur zu Mohameds Zeiten in Ordnung war, Ungläubige zu töten, aber heute nicht mehr. Nicht nur, dass diese Behauptung ziemlich fragwürdig ist (viele islamische Theologen haben eine andere Meinung), sie ist auch völlig unnötig. Viel wichtiger als solche Diskussionen ist die Forderung der Trennung von Staat und Religion. Anstatt den Koran zu verteidigen und „falsche Aussagen über den Koran“ unter Strafe stellen lassen zu wollen, sollte man den Säkularismus verteidigen, und dazu gehören auch kritische Auseinandersetzungen mit der Religion. (more…)

Todenhöfer und der Israelknacks

Oktober 18, 2013
Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Märchen aus Tausendundeiner Nacht mit Todenhöfer (Bild: Hydro)

Jürgen Todenhöfers neues Buch „Du sollst nicht töten“ ist bereits zum Bestseller geworden. Titeltechnisch begibt sich Todenhöfer damit auf neuen Wegen. Sein vorletztes Werk nannte er noch „Warum tötest du, Zaid?“. Dort erklärte er detailliert, warum Zaid und seine Freunde, die nach eigenen Auskünften al-Qaida bewunderten und für einen Staat mit der Scharia kämpften, amerikanische Soldaten im Irak töten. Nun geht es ihm also – wenn man dem Titel glauben darf – nicht mehr darum, Mörder und ihre Taten zu er- und verklären, sondern Mord grundsätzlich zu ächten.

In „Warum tötest du, Zaid?“ formulierte Todenhöfer „10 Thesen“, in denen er erschreckende Unkenntnis über die Geschichte des Islams, die Gründe für die Rückständigkeit der islamischen Welt und die vermeintliche Toleranz gegenüber Minderheiten in islamischen Ländern zeigte. Außerdem jonglierte er mit Zahlen herum, die schon längst diskreditiert sind und nur zur Propaganda genutzt werden. Aber zurück zu seinem neuen Buch. Vor zwei Wochen veröffentlichte Todenhöfer als Werbung für sein Buch einen kurzen Text mit einem Video, indem er eine Reise nach Gaza beschrieb.

Dieser Text ist ein wunderbares Beispiel für alle Mythen, die in der deutschen Debatte um das Thema Israel kursieren. In 19 Sätzen stellt Todenhöfer die Fakten auf den Kopf und offenbart am Ende seinen Israelknacks. Stellvertretend für alle „Israelkritiker“ sollen Todenhöfers Behauptungen in folgender Replik richtiggestellt werden. (more…)

Terroristen oder Widerstandskämpfer?

Juli 30, 2012
Taliban in Herat, Afghanistan

Terroristen in Herat, Afghanistan

Gil Yaron berichtet in der taz: „Zyperns Außenministerin und EU-Ratspräsidentin Erato Kozakou-Marcoullis lehnt Israels Gesuch ab, die libanesische Hisbollahmiliz als Terrororganisation einzutragen. Es gebe dazu keinen Konsens, außerdem sei Hisbollah ja auch eine politische Kraft. Wenn Beweise vorlägen, könne man das nochmal überdenken, sagt sie.“ Die Entscheidung der EU-Ratspräsidentin ist nicht das erste Mal, dass europäische Politiker vor der Hisbollah kuschen. Jürgen Trittin forderte 2007, dass man mit der Hisbollah reden soll und sagte: „Ich habe eher den Eindruck, dass die Hisbollah sich sehr positiv in die Gestaltung des politischen Prozesses im Libanon einbringt.“

Die Hisbollah ist nicht nur eine politische Kraft, wie Frau Kozakou-Marcoullis zu ihrer Ehrenrettung sagt, sie hat sogar eigene Kindergärten, um den Nachwuchs zu fördern. Aber reicht das wirklich schon aus, um die Hisbollah zu „entterrorisieren“? Um diese Frage zu beantworten, sollte man zumindest wissen, wie eine Terrororganisation definiert wird und wo der Unterschied zu einer staatlichen Armee oder einer Miliz liegt. Eine allgemeingültige Definition für eine „Terrororganisation“ gibt es aber nicht, laut Wikipedia gibt es sogar mehr als 100 verschiedene Definitionen. Der Verfassungsschutz definiert Terrorismus als „… der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen …“

Die Hisbollah hat 1992 und 1994 in Buenos Aires Anschläge auf jüdische Gemeindezentren und der israelischen Botschaft verübt, bei der zusammengerechnet 114 Menschen getötet wurden. Gil Yaron erwähnt dazu noch Flugzeugentführungen, Geiselnahmen und dem Mord an dem libanesischen Premier Hariri. Dies ist alles sind seit Jahren bekannt. Die Hisbollah wird auch verdächtigt, für den Mord an den israelischen Touristen an Bulgarien verantwortlich zu sein. Trotzdem bringt es die EU nicht fertig, die Hisbollah als das zu bezeichnen, was sie ist: Eine Terrororganisation mit einer politischen und sozialen Fraktion, genauso wie die Hamas in Gaza und die Taliban in Afghanistan. (more…)

Er wird zum Mittäter

Januar 7, 2012
Kann er Syrien retten?

Jürgen Todenhöfers Lieblingsdiktator

Jürgen Todenhöfer reiste im Juni nach Daraa und schrieb über die Lage in Syrien:

„Der Einzige, der das Blatt noch wenden kann, ist Baschar al-Assad. Er muss sich an die Spitze der Reformbewegung stellen.“

Der syrische Geschäftsmann Rami Makhlouf antwortete in der NZZ auf die Frage, wie er die Medienberichterstattung zu Syrien erlebt: „Ein Bericht hat mich schockiert und geärgert: Der deutsche Autor Jürgen Todenhöfer konnte nach Daraa reisen: Er wurde bei seinem Besuch bereits in Damaskus vom Geheimdienst begleitet und manipuliert, doch schien er dies nicht zu bemerken. Er fragte sich nicht einmal, warum er die Kontrollpunkte auf der Strasse nach Daraa so einfach passieren konnte, wo doch sonst Ausländern jeglicher Zugang verwehrt wird. Von Daraa selbst wusste er nichts zu berichten, als dass er billige Kirschen kaufen konnte und einem Geheimdienstchef tief in die Augen geschaut hat. Makaber wirkte das auf die Leser, die am selben Tag sahen und hörten wie die Geheimdienste in mehreren Städten vom Helikoptern auf die Demonstranten schossen. Das syrische Regime hätte keine bessere Propaganda wünschen können“. (ich berichtete)

Im November besuchte er erneut Syrien. Dabei merkte er, dass es ein Einreiseverbot gegen ihn gab. Später stellte sich dies dann angeblich als “Fehler” heraus. Also machte er wieder Propaganda:

„Ich will wissen, wie viel Prozent in Homs hinter seinen Freunden, den Rebellen, stünden. “50 Prozent”, antwortet er. Wir bekommen einen furchtbaren Bürgerkrieg, wenn es nicht bald eine Lösung gibt.” Wieder staune ich: Nur 50 Prozent unterstützen den Aufstand von Homs? Doch ich höre diese Zahl mehrfach. Vor allem von Alawiten und Christen, die hier zwei Fünftel der Bevölkerung stellen.“

Ja, weiß der Bush-Hasser auch, wie viele Amerikaner 2000 und 2004 für Bush waren? Und wie viele Israelis für Sharon und Netanyahu? Und wie viele Deutsche für Hitler waren? Spielt es eine Rolle für die Beurteilung eines mörderischen Diktators, wie groß sein Rückhalt in der Bevölkerung ist? (more…)

Bashar hört nicht auf Jürgen

Oktober 7, 2011
Kann er Syrien retten?

Wird er den Nahen Osten in Brand setzen?

“Der Einzige, der das Blatt noch wenden kann, ist Baschar al-Assad. Er muss sich an die Spitze der Reformbewegung stellen“- das waren die Worte von Jürgen Todenhöfer zur Lage in Syrien. Bashar scheint sich Jürgens Tipp aber leider nicht sehr zu Herzen genommen haben. Denn jetzt hört man solche Worte von ihm:

Syrian President Bashar Assad on Tuesday threatened to set fire to the Middle East, and especially to Israel, if NATO attacks Syria, the Iranian Fars news agency reported.

In a meeting with Turkish Foreign Minister Ahmet Davutoglu, Assad said: “If a crazy measure is taken against Damascus, I will need not more than six hours to transfer hundreds of rockets and missiles to the Golan Heights to fire them at Tel Aviv.”
Davutoglu reportedly conveyed a message of warning from the US to Assad. The Iranian report has not been verified by other sources.

Klingt nicht nach einem friedlichen Reformer. Aber das ist noch nicht alles. Auch die Hisbollah und Iran will er im Kampf gegen die NATO zur Hilfe kommen lassen:

According to the Fars news agency, the Syrian president stressed that Damascus will also call on Hezbollah in Lebanon to launch a fierce rocket and missile attack on Israel, one that Israeli intelligence could never imagine.

„All these events will happen in three hours, but in the second three hours, Iran will attack US warships in the Persian Gulf as American and European interests will be targeted simultaneously,“ Assad reportedly said.

Fragt sich nur, ob für den Iran oder die Hisbollah Assad so wichtig ist, dass sie ihr eigenes Ende riskieren. Immerhin könnten ja nach Assad die Muslimbrüder an die Macht kommen, das wäre doch gar nicht so schlimm für die. Aber eins ist schon mal sicher: Wenn es zu einem Krieg kommt, dann wird Jürgen wieder in den Nahen Osten reisen und uns erzählen, wie falsch unsere Politik doch ist. Zumindest eine Sache steht also in unseren ungewissen Zeiten für die Zukunft schon fest.

Top 10 Zitate aus Jürgen Todenhöfers „10 Thesen“

September 20, 2011
Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Top 10 Zitate aus den „10 Thesen“

Mit den 10 Thesen des Möchtegern-Schindlers habe ich mich bereits eingehend beschäftigt. Für jede einzelne These habe ich als Antithese einen Artikel geschrieben. Manchmal wusste ich gar nicht, ob ich mich wirklich damit beschäftigen oder sie einfach als Realsatire ausstellen sollte. Aber da er und offenbar ein Haufen anderer Leute es ernst meinen, habe ich mich ernsthaft damit beschäftigt. Dass diese Thesen aber doch eher Realsatire sind, möchte ich nun mit einem „Best Of“ seiner Ausführungen zeigen. Aber Vorsicht – wer noch nie seine Bücher gelesen hat, hat sicherlich noch nie eine schlimmere Propaganda gelesen – nicht mal bei Hagen Rether, Jakob Augstein oder Volker Pispers …

10. Wie man die Probleme der muslimischen Welt lösen könnte – mehr Islam!

„Die gemäßigte Mehrheit der Muslime muss die faszinierende Botschaft ihres Propheten Mohammed in die Neuzeit übersetzen und die gesellschaftlichen Reformen fortführen, die dieser unter Einsatz seines Lebens begonnen hatte. Sie muss den vorislamischen Ballast abwerfen, der die Renaissance der muslimischen Zivilisation behindert … Mohammed, Marktwirtschaft und Moderne passen sehr wohl zusammen.“

9. Kurze Biografie von Mohammed:

„Anders als viele muslimische Politiker unserer Tage war Mohammed kein Reaktionär. Er sehnte sich nicht wie diese 400 Jahre zurück. Er war ein kühner, nach vorne blickender, egalitärer Revolutionär, der den Mut hatte, die Fesseln der Tradition zu sprengen. Sein Islam war keine Religion des Stillstands oder des Rückschritts, sondern der Erneuerung und des Aufbruchs. Wenigstens etwas von der Dynamik dieses großen Reformators würde der teilweise in Fatalismus und Selbstmitleid versunkenen muslimischen Welt gut tun.

Mohammed kämpfte mit Leidenschaft für soziale Veränderung, er trat für die Armen und Schwachen ein und – zum Ärger vieler seiner männlichen Anhänger – für eine massive Stärkung der Rechte der Frauen, die in vorislamischer Zeit in fast allen Kulturen nahezu rechtlos waren. Frauenunterdrücker können sich weder auf Mohammed noch auf den Koran berufen.“ (more…)

„Warum tötest du, Zaid?“- „Weil ich ein Terrorist bin, Jürgen“

September 19, 2011
Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Wenn es möglich wäre, zu einem anderen Volk zu konvertieren, dann wäre Jürgen Todenhöfer schon längst zum Arabertum übergetreten. Seine Rolle hört sich in etwa so an wie die, die Schindler für die Juden oder Las Casas für die Indios hatte: Er kämpft für die Unterdrückten und Entrechteten und spricht Wahrheiten aus, die sich sonst keiner traut. Der ehemalige Top-Manager hat sich zudem, wie er es schildert, in die arabische Kultur verliebt.

Nun könnte man meinen, dass er als „Araber im Geiste“ jetzt gerade ganz besonders für die Unterdrückten und Entrechteten des Arabischen Frühlings kämpft. Die 30-50.000 toten Libyer, die 2.300 toten Syrier, die ewigen Proteste im Jemen. Viel Stoff für den Schindler unserer Zeit, oder?

Nein.

Das einzige, was ihm zu Syrien einfiel, war Propaganda für Assad zu machen. Zu Libyen sagte er, dass der französische Präsident und der Generalsekretär der UN nach Bengasi fahren und damit ein Zeichen der Solidarität mit den Freiheitskämpfern setzen sollten, worauf Gaddafi sofort den Beschuss der Rebellen-Stellungen einstellen würde. Ein toller Plan, der perfekt gewesen wäre, wenn Gaddafi eingewilligt hätte.

Jürgens Durchbruch als Schindler der Araber geschah während des Irakkriegs. Er entschloss sich zu einer historischen Reise, um, wie er es für die Nachwelt ausdrückte, den „wahren Krieg“ zu sehen, den die von Amerika kontrollierten Medien wie die Sueddeutsche oder die junge Welt der Bevölkerung vorenthalten. Sein Buch „Warum tötest du, Zaid?“ wurde zum Bestseller. Als Highlight des Buches kann man sicherlich die „10 Thesen“ betrachten, mit denen ich mich bereits gründlich auseinandergesetzt habe. Außerdem erzählt uns JT, wie er auf dem Trimmrad den Koran las und dabei von den vorurteilsgeladenen Deutschen schief angeguckt wurde, zeigt uns „Bilder des Krieges“ und vergleicht am Ende des Buches Zitate aus der Bibel mit dem Koran. Die Feststellung: Beide haben gewalttätige Stellen, sind aber „eigentlich“ gut gemeint. Eine geradezu revolutionäre Erkenntnis. (more…)

Der mit den Arabern leidet – Jürgen Todenhöfer und der Nahe Osten, Teil 10

Juli 13, 2011
Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Jürgen Todenhöfer (Bild: Hydro)

Die zehnte und letzte These von Todenhöfer.

These 1, These 2, These 3, These 4, These 5, These 6, These 7, These 8, These 9

These 10: Das Gebot der Stunde heißt Staatskunst, nicht Kriegskunst- im Irankonflikt, im Irakkonflikt, im Palästinakonflikt.

Die jahrelange, fast kindliche Weigerung des amerikanischen Präsidenten, mit missliebigen Politikern wie Arafat, Assad, Saddam oder Ahmadinedschad persönlich zu sprechen, und die Entscheidung, stattdessen Strategien zu entwickeln, wie man diese – nach Rücksprache mit Gott – aus dem Amt bomben könnte, zählen zu den absurdesten Fehlentscheidungen unserer Zeit. „Wer als Staatsmann dem Frieden dienen will, muss mit dem Staatsmann auf der Gegenseite reden“ (Helmut Schmidt). Auch der Ost-West-Konflikt der Nachkriegsjahre konnte nur gelöst werden, weil sich Ronald Reagan nie zu schade war, die Herrscher des damaligen „Reichs des Bösen“ persönlich zu treffen.

Es stimmt einfach nicht, dass es im Irankonflikt außer der Strategie immer härterer Sanktionen nur noch die „katastrophale Alternative“ „iranische Bombe oder Bombardierung Irans“ gibt (Nicolas Sarkozy). Die entscheidende Alternative zur Ausgrenzung und Dämonisierung großer Kulturnationen wie des Iran ist ihre Wiedereingliederung in den Kreis gleichberechtigter Nationen – mit allen Rechten, aber auch mit allen Pflichten.

Eine wunderbare Passage für linke Gutmenschen. Verhandlungen, persönliche Treffen, Wiedereingliederungen statt Kriege, Sanktionen und Ausgrenzungen. Alle wollen doch eigentlich nur Frieden – nur die USA (und Israel) nicht. Der Iran und andere Schurkenstaaten könnten niemals die sein, die Verhandlungen, persönliche Treffen und Wiedereingliederungen ablehnen – es ist nur der Westen.

Jetzt aber zurück zur Realität.

Stellen wir uns für einen kurzen Augenblick zwei Fragen: Könnte es nicht sein, dass es nicht die USA sind, die keine Verhandlungen mit dem Iran möchten, sondern der Iran keine Verhandlungen mit den USA? Und könnte es nicht auch sein, dass der Iran und andere der sogenannten Schurkenstaaten noch absurdere „Strategien nach Rücksprache mit Gott (bzw. Allah)“ entwickeln als der Westen, die „zu den größten Fehlentscheidungen unserer Zeit“ gehören? Als Achmedinedschad im Jahr 2009 abgewählt wurde, hätte er es doch einfach akzeptieren können anstatt die Ergebnisse zu fälschen und die protestierenden Massen niedermetzeln zu lassen.

Über was sollte Israel mit dem Iran oder der Hamas verhandeln? In welche Städte die palästinensischen „Flüchtlinge“ zurückkehren sollen und wohin sich die jüdischen Israelis dann verziehen sollen? Ganz friedlich und ohne Anwendung von Gewalt natürlich? Jeder, der sich die Charta der Hamas mal gründlich durchgelesen und mal ein Wochenende palästinensisches Fernsehen reingezogen hat, weiß, dass Verhandlungen Israels mit der Hamas denselben Wert hätten wie die Verhandlungen der Alliierten mit Nazideutschland vor 1939. Die Hamas könnte natürlich ihre Charta ändern und die tägliche Hass-Propaganda gegen Israel einstellen – nur gibt es im Moment keine Anzeichen dafür, dass dies in baldiger Zukunft passieren wird.

Niemand dämonisiert die iranische Kultur. Außer der iranischen Regierung, die Künstler verhaftet und Filme zensieren lässt, die im Westen Preise abräumen. Nach der Islamischen Revolution sind mehr als 2 Millionen Iraner aus ihrer Heimat geflohen. Ihre Regierung akzeptiert nur die Kultur, die ihrer Ideologie passt. Und Todenhöfer (der übrigens ständig die westliche Kultur dämonisiert) hilft dem unterdrückten iranischen Volk mit seinen Lügen kein Stück weiter. (more…)

Jürgen Todenhöfer in Syrien

Juli 1, 2011
Kann er Syrien retten?

Kann er Syrien retten?

Kirschen aus Daraa– So heißt Jürgen Todenhöfers neuestes Machwerk über die Vorgänge im Nahen Osten. Er ist nach Syrien gereist und hat die Lage, wie damals im Irak, binnen kürzester Zeit gecheckt. Nun kann er wieder der ganzen Menschheit Tipps geben, wie man noch Schlimmeres verhindern und der Frieden einziehen kann. Seinen Lösungsvorschlag kann man in einem Satz zusammenfassen: „Der Einzige, der das Blatt noch wenden kann, ist Baschar al-Assad. Er muss sich an die Spitze der Reformbewegung stellen“.

Ein herausragender Vorschlag. So hätte Honecker das Problem auch lösen können: Er hätte sich an die Spitze der Montagsdemonstrationen setzen sollen, dann würde es den real existierenden Sozialismus vielleicht immer noch geben.

Dummerweise hat der syrische Geschäftsmann Rami Makhlouf Jürgens Bericht auch gelesen und fand ihn gar nicht prickelnd. Auf die Frage, wie er die Berichterstattung über Syrien im deutschen Raum sieht, antwortete er nämlich: (more…)