Archive for the ‘Kapitalismus’ Category

Corona-Lektionen (3): Über Wucherpreise in Katastrophenzeiten

April 11, 2020

Die Glock unter den Schutzmasken: Die FFP3-Atemschutzmaske

Wie können sie es wagen? Haben sie gar kein Gewissen? Das ist die Reaktion der meisten Menschen auf jene, die in Zeiten der Corona-Krise mit dem Verkauf von überteuerter Schutzausrüstung, insbesondere Atemschutzmasken, Geld verdienen. Der irische Gesundheitsminister Simon Harris sagte, es gäbe einen „besonderen Platz in der Hölle für die, die mit dieser globalen Pandemie schnelles Geld verdienen wollen.“ Vielfach bleibt es nicht bei Empörung. In vielen Ländern, darunter auch Deutschland, wurde der Export von Atemschutzmasken komplett verboten, in Frankreich hat der Staat alle Atemschutzmasken beschlagnahmt (der Schwarzmarkt lacht natürlich darüber).

Ich weiß, was die Gedanken hinter solchen Maßnahmen sind: In Katastrophenzeiten sollte jeder das Recht auf Zugang zu lebensnotwendigen Gütern haben, egal welches Einkommen er hat. Und selbst wenn sich jeder Atemschutzmasken für 10 Euro statt 80 Cent leisten kann, wirkt so eine Preiserhöhung unethisch. Aus demselben Grund ist es in einigen Gegenden der USA verboten, nach einem Hurrikan Wasser oder Benzin zu überteuerten Preisen zu verkaufen. Ein Großteil der Bevölkerung denkt sicher: Am besten sollte der Staat während einer Katastrophe alle lebensnotwenigen Güter kostenlos bereitstellen, damit jeder versorgt wird. Aber das ist zu kurz gedacht – besser gesagt: falsch.

Zuerst sollten wir uns klarmachen, warum Schutzausrüstung momentan so teuer ist. Das ist ganz einfach: Es gibt derzeit eine Knappheit an diesen Gütern. Das bedeutet logischerweise, dass der Preis für diese Güter um das Vielfache steigt (Angebot und Nachfrage). Soweit, so verständlich. Die Menschen, die Wucherpreise für Schutzausrüstung dennoch verbieten wollen, werden jetzt einwenden: Der Preis mag durch die Knappheit erklärbar sein, aber diese Güter sind momentan so wichtig, dass es nicht wichtig ist, mit ihrem Verkauf Gewinne zu erwirtschaften, sowie private Produzenten es wollen, sondern sie ohne Gedanken an Kosten und Gewinn so schnell wie möglich für die ganze Bevölkerung bereitzustellen – und das kann nur der Staat. (more…)

Das 222-Millionen-Schnäppchen

August 3, 2017

Der Fußball in Gefahr?

Ist der Fußball schon wieder tot? Das ist der Ton, den der Rekord-Transfer von Neymar vom FC Barcelona zum Paris Saint-Germain begleitet. 222 Millionen Euro zahlt Paris an Barcelona – mehr als doppelt so viel als beim letzten Rekord-Transfer vor einem Jahr. Die romantischen Fußballfans und diverse Kommentatoren sehen die Zukunft des Fußballs in Gefahr. Außerdem wiederholen sie unermüdlich, dass „kein Mensch 222 Millionen wert ist“ und man „mit diesem Geld so vielen Armen hätte helfen können.“ Zuletzt prophezeien sie einen großen Crash im Fußball, ähnlich wie bei den Banken. Johannes Nedo gab im Tagesspiegel den Fußballfans die Schuld für diese Entwicklung und forderte von ihnen eine Umkehr:

Wer diese Spirale stoppen will, wer gierige Spieler und Berater wieder in die Wirklichkeit zurückholen will, der muss vom Profi-Fußball lassen. Der muss mal ein paar Jahre auf die besten Spieler verzichten und nur zum nächstgelegenen Amateurverein spazieren, keine neuen Trikots kaufen und den Fernsehsendern obendrein weniger Einschaltquote bei Fußballspielen bescheren. Das mag schwerfallen und wehtun, aber allein darauf reagieren die Strippenzieher des Hochglanzfußballs.

Natürlich teile ich diese Sicht nicht. Aber ich lege auch keine unkritische Transfergeilheit am Tag, denn ich sehe die derzeitige Entwicklung im Fußball differenziert. Einerseits ist es kein Problem, wenn immer mehr Geld im Sport ist, denn er entspricht der Nachfrage nach Fußball, die sowohl in Europa als auch weltweit in den letzten Jahren massiv gestiegen ist. Egal ob Tickets, Trikots, TV-Abos, der Fußball wird immer größer, also ist auch mehr Geld da. Fußballer können dann 222 Millionen wert sein, denn der Wert einer Sache wird immer durch den Nachfrager bestimmt. Ist ein Kunstbild z.B. 275 Millionen Dollar wert? Jemand meinte schon und kaufte sich ein Exemplar einer Serie von Gemälden mit dem Titel „Die Kartenspieler“ für diesen Rekord-Betrag. Das Argument mit den Armen lasse ich mal außen vor, nur soviel: Bei den jährlichen Ausgaben für Entwicklungshilfe (100 Milliarden) und für die westlichen Sozialstaaten (mehrere Billionen) fällt Neymar so auf wie der Baum im Wald.

Gleichzeitig kann es durchaus berechtigte Kritik an einigen Transfersummen geben. Denn nicht alle Fußballvereine leben nur von ihren eigenen Einnahmen oder von normalen Sponsoren, die ihr in den Verein gestecktes Geld als Investition ansehen. Bei Bayern München, Manchester United oder Real Madrid mag das zutreffen. Aber Vereine wie Chelsea, Manchester City oder Paris Saint-Germain bekommen ihr Geld nicht von normalen Sponsoren, sondern zum Großteil von Gönnern, deren Geld aus mafiösen Quellen stammt, und die ihr in Fußballvereine gestecktes Geld nicht als Investitionen ansehen, sondern eher als Konsumgüter. Das ist der einzige Punkt, den ich an Transfers von „Scheich-Klubs“ kritisch sehe. Meine Sicht auf die aktuellen Transfer-Entwicklungen im Fußball ist also: Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn Menschen ihr selbstverdientes Geld für Dinge ausgeben, egal welche Summe, aber wenn Mafiosi ihr Blutgeld in den Fußball stecken, sollte es unterbunden werden. (more…)

Wie man gegen Fake News kämpft

Februar 9, 2017

Es kommt eher selten vor, dass ein Professor mit seinen Vorträgen internationale Berühmtheit erlangt. Der Schwede Hans Rosling war einer von ihnen. Einer seiner Vorträge war so gut, dass er sogar kalte, herzlose Liberale zum Weinen gebracht haben soll: Die magische Waschmaschine. Hier zeigte Rosling, wie eine einfache Erfindung wie die Waschmaschine Millionen Menschen auf der Welt, vor allem den Armen (und unter ihnen besonders den Frauen), geholfen hat. In der Tat dürfte die Waschmaschine mehr Frauen befreit haben als alle Feministen, die jemals gelebt haben, zusammengerechnet.

Hans Rosling ist vor zwei Tagen gestorben. Zu seinen intellektuellen Leistungen gehört nicht nur seine Fähigkeit, Menschen mit seinen Vorträgen zu begeistern, sondern auch sein erbarmungsloser Kampf gegen Fake News. Was waren die größten Fake News der letzten 30 Jahre? Die Lüge von den „15.000 Toten durch die Atomkatastrophe von Fukushima“? Das ständig wiederholte Mantra „die EU ist ein Friedensprojekt“? Oder „Der Islam ist eine Religion des Friedens“? Ich denke, es gibt eine weit schlimmere und vor allem weit häufiger wiederholte Lüge, die alle anderen der letzten Jahrzehnte überragt. Sie wird in fast allen Universitäten, Medien und in Parlamenten täglich wiederholt. Sie ist zum Allgemeinwissen geworden. Diese Lüge lautet so:

„Die Globalisierung hat in den letzten 30 Jahren die weltweite Armut und die Ungleichheit vergrößert.“

Wie sehr diese Lüge verbreitet ist, habe ich selbst schmerzlich in den letzten Tagen bemerken müssen. Eine Person bat mich, ihm bei einer seiner Uni-Arbeiten zu helfen. Es ging um das Thema Globalisierung. Ich legte meinen Standpunkt dar, dass Globalisierung eine wunderbare Sache ist und die überwältigende Mehrheit aller, die von ihr betroffen sind (>99,9%), von ihr profitiert haben. Aber er sagte, das könne er nicht schreiben, weil er zuvor etwas völlig anderes geschrieben hatte – nämlich, dass die Globalisierung total schlecht ist, nur den Reichen und den Konzernen nützt und die Ungleichheit vergrößert. Sein Professor und die ganze Klasse seien übereinstimmend zu diesem Ergebnis gekommen. Also musste ich ihm helfen, eine Arbeit zu schreiben, indem die Globalisierung zwar auch gelobt, aber dann doch verdammt wurde.

Sowas dürfte kein Einzelfall sein. Immer, wenn man Zeitungen liest, Reden in Parlamenten hört oder bei Talkshows einschaltet, fällt immer derselbe Satz: „Wir müssen endlich anfangen, über die Opfer der Globalisierung zu sprechen.“ Die Wahrheit ist: Wir reden über nichts anderes. Immer, wenn über die Globalisierung gesprochen wird, reden wir primär (und sekundär, tertiär, …) über die Opfer der Globalisierung. Zu sagen, dass wir endlich anfangen müssten über die Opfer der Globalisierung zu sprechen ist so als würde man sagen dass die Klatschblätter endlich über die Scheidung von Brad Pitt und Angelina Jolie oder der Kicker endlich über die Bundesliga sprechen muss. Wenn wir über die Globalisierung reden, reden wir immer nur über ihre angeblichen Opfer. Da kann man sich schon fragen: Wann reden wir auch mal über die Gewinner der Globalisierung?

Die Situation ist vergleichbar mit dem 19. Jahrhundert. Dieses Jahrhundert war in Europa eine Zeit, in der es einen nie dagewesenen Wohlstandsgewinn gab. Niemals in der Geschichte war es den Armen besser gegangen als damals. Allein in Deutschland stieg die Bevölkerung von 20 auf 60 Millionen, und zwar keinesfalls wegen höherer Geburtenraten, sondern wegen höherer Überlebensraten. Trotzdem herrschte ein anderer Konsens vor: Es ging den Armen so schlecht wie nie zuvor. Es war so furchtbar, dass nur eine kommunistische Revolution helfen konnte. Leider trugen Marx, Engels und co. den Sieg im Informationskrieg davon. Noch heute gibt es die „Manchester-Legende“, die besagt: Der Kapitalismus hätte zur Verelendung der Arbeiter geführt, die Industrialisierung sei ganz furchtbar für die Armen gewesen. Diese Fake News sind tragischerweise das, was die meisten Kinder heute in den Schulbüchern lernen. (more…)

Dem Handelskrieg widerstehen

Februar 3, 2017
Das geschah das letzte Mal, als man den Amerikanern Importsteuern andrehen wollte

Das geschah das letzte Mal, als man den Amerikanern Importsteuern andrehen wollte

Das Trumperium ist zwei Wochen alt, und es hat sich viel geändert. „Amerika zuerst“ lautet die Devise, und es ist vollkommen ernst gemeint. Nicht nur bezüglich Einwanderung wird es unter Trump zu mehr Abschottung kommen, sondern auch bezüglich dem internationalen Handel. Der Rückzug aus TTP ist beschlossen worden, NAFTA könnte neu verhandelt werden, was auch immer damit gemeint ist, TTIP dürfte auch gestorben sein, und möglicherweise werden neue Zölle gegen chinesische, mexikanische und auch deutsche Waren eingeführt werden. Immerhin erregt sich Trump, ganz im Stile von Lafontaine (und unter seinem Beifall): „Warum hat hier fast jeder ein Mercedes, aber bei euch gibt es keine Chevrolets? Es gibt kein Gleichgewicht.“

Das allein ist kein Grund für eine Katastrophenstimmung. Sofern die Zölle nicht gegen alle Produkte aus einem Land erhoben werden und nicht allzu hoch sind, dürften die wirtschaftlichen Schäden klein genug sein, um von Menschen ignoriert zu werden, für die „Amerika zuerst“ wichtiger ist als ökonomische Vernunft. Zudem könnte Trump, trotz seiner schädlichen Handelspolitik, vielleicht wirklich einen Aufschwung bewirken, wenn es ihm wirklich gelingen sollte, die Staatsquote und die Regulierungsdichte merklich zu senken, was derzeit aber alles andere als gewiss ist. Allerdings besteht die große Gefahr, dass auf Trumps „Amerika zuerst“ ein „China zuerst“, „Mexiko zuerst“ und ja, man staune und höre, „Deutschland zuerst“ folgt. Dann haben wir einen schönen Handelskrieg.

Wahrscheinlich werden die Länder, die von Trumps Zöllen betroffen sein werden, zumindest darüber nachdenken, mit Zöllen für amerikanische Waren zu reagieren. Dahinter steckt die Ansicht, dass Zölle für Waren aus dem eigenen Land eine nationale Kränkung sind und man darauf reagieren muss (ähnlich hat der Iran auf das Einreiseverbot für Iraner reagiert: Mit einem Einreiseverbot für Amerikaner). Für die Länder scheint ein Handelskrieg denselben Regeln zu folgen wie ein Krieg: Wenn ein Land anfängt, muss man sich wehren. Eine fremde Armee greift an, also muss die eigene Armee zurückschlagen. Ein fremdes Land erhebt einen Zoll, also muss man selbst einen Zoll erheben. Aber das ist ein unglaublicher Irrtum. Tatsächlich macht ein „Gegenschlag“ in einem Handelskrieg die eigene Lage nur noch schlimmer. (more…)

Tod durch Statistik

Dezember 19, 2016
Die Zukunft der Dritten Welt? (Bild: Base64)

Wie tödlich ist die Globalisierung? (Bild: Base64)

Nach dem Wahlsieg Donald Trumps fehlt es nicht an Erklärungsversuchen, wie es zu diesem Weltenbrand kommen konnte. Neben den Fake-News steht ganz oben auf der Liste: Der Neoliberalismus. Bis jetzt sind die Linken noch nie darauf gekommen, dass der für irgendeine negative Entwicklung verantwortlich ist. Im Spiegel wurde jetzt aber eine Studie als Beweis zitiert: Demnach hat die Selbstmordrate seit 2000 besonders dort zugenommen, wo die Globalisierung am stärksten war. Angeblich haben Handelserleichterungen zu Arbeitslosigkeit geführt, diese zu Drogen, Depressionen und Selbstmord, und dann zum schlimmsten von allem: Trump. Die Schlussfolgerung: „Globalisierung kann tödlich sein.“ Deshalb muss die Globalisierung ab jetzt „kontrolliert werden“, um neue Trumps zu verhindern.

Leider ist vieles an der Theorie faul. Das erste Problem ist, dass Trump auch in Bundesstaaten gewonnen hat, die nicht zum Industrieraum des Rust Belt gehören, die angeblich durch die Globalisierung zerstört wurden, wie z.B. Florida. Inwiefern chinesische Billigwaren den Sun State zerstört und dann zu Selbstmorden und Trump getrieben haben sollen, bleibt ein Rätsel. Das zweite Problem ist, dass es trotz der Handelsliberalisierungen mit China noch immer überhaupt keinen freien Handel mit China gibt – und schon gar nicht mit Industriegütern wie Eisen und Stahl. Tatsächlich betreffen die Hälfte aller Zölle und andere Handelsbeschränkungen diese beiden Güter! Die Stahlarbeiter sind die am meisten vor Freihandel geschützte Gruppe der USA (okay, vielleicht zusammen mit den Bauern).

Wenn es aber so viel Protektionismus für die Stahlarbeiter gibt, warum ist die Zahl der Stahlarbeiter in den USA seit 1970 trotzdem um 80% zurückgegangen? Es ist die erhöhte Produktivität infolge der Automatisierung. Die Stahlproduktion im selben Zeitpunkt ist nur um 20% gesunken, man kann heute also mit weniger Arbeitern mehr Stahl produzieren. Dieselbe Entwicklung machen unbemerkt von der Welt auch die drei chinesischen Nordost-Provinzen Heilongjiang, Jilin und Liaoning durch: Hier verlieren immer mehr Stahlarbeiter ihre Arbeitsplätze und viele verlassen die Provinz, weil durch die Automatisierung immer weniger Arbeiter gebraucht werden. Kurz gesagt: Selbst wenn China nicht existieren würde, hätte die amerikanische Stahlindustrie massiv Arbeitsplätze abgebaut. Aber ein Wahlkampf gegen Roboter zu führen ist weniger erfolgsversprechend als gegen Globalisierung. (more…)

Gedanken zu Panama

April 5, 2016
Offshore-Konten sind ein Menschenrecht!

Offshore-Konten sind ein Menschenrecht!

Eine Nachricht, die derzeit in allen Medien die Schlagzeilen beherrschen könnte, könnte lauten: Datenschützer sind empört über massiven Datenklau in Panama. Eine Gruppe von privaten Ermittlern, die sich offenbar für über das Gesetz stehend hält, hat rechtswidrig Millionen Dokumente veröffentlicht und damit die Privatsphäre und das Bankgeheimnis von Hunderttausenden Menschen verletzt. Mit Snowden-Masken und 1984-Plakaten versehen stehen die Datenschützer nun vor der Redaktion der Süddeutschen und skandieren: „Offshore-Konten sind ein Menschenrecht!“, „Kein Konto ist illegal!“ oder „Je suis Panama“ und fordern ein Ende des gläsernen Bürgers.

Dass nichts dergleichen passiert ist, liegt an einer Regel der Datenschützer: Aller Datenschutz ist gleich, aber mancher Datenschutz ist gleicher. Der Schutz von Bankkonten ist gleich, der Schutz von allen anderen Daten ist gleicher. Bankkonten sind nur geschützt, solange nicht irgendein Kämpfer für soziale Gerechtigkeit meint, das dortige Vermögen sei woanders besser „für die Gesellschaft“ investiert. Das Argument, auch Terroristen, Mafiosi, Drogenbosse und Diktatoren würden Offshore-Konten benutzen, ist angesichts der Tatsache, dass Eingriffe in andere Formen des Datenschutz von den Datenschützern auch dann abgelehnt werden, wenn sie mit dem Schutz vor Kinderschändern oder Terroristen begründet werden, keine Erklärung für die Ungleichbehandlung der Daten.

Die Verbrechen von Terroristen, Mafiosi, Drogenbossen und Diktatoren sind schon jetzt strafbar. Sie haben nicht durch ein Offshore-Konto ihr erstes Gesetz gebrochen. Und das Lustige dabei ist, dass gerade diese Offshore-Konten keine Verbrechen sind. Briefkastenfirmen sind, ob nun in Panama oder Delaware, völlig legal. Die „investigativen“ Journalisten haben also etwas aufgedeckt, was zumindest zu großen Teilen gar nicht strafbar ist. Trotzdem ist Lionel Messi jetzt in einem Atemzug mit Bashar al-Assad. Das ist so, als würde man jeden Facebook-Nutzer mit Kinderschändern in Verbindung bringen, weil sie beide dasselbe soziale Netzwerk benutzt haben.

Als Snowden die NSA-Daten enthüllte, handelte es sich zumindest um illegale Machenschaften, bei den Panama Papers ist das nicht der Fall. Es ist ganz normaler Datenklau. Was nicht heißt, dass all die Putins und Assads keine Verbrecher sind, aber eben aus anderen Gründen. Putin ist der Obermafiosi eines korrupten Mafia-Staats, verkürzt die Lebenserwartung von Regimekritikern, führte blutige Kriege im Inneren und gegen Nachbarstaaten, setzte in Tschetschenien mit Kadyrow einen noch schlimmeren Tyrannen wie er als Staathalter ein, unterstützt Separatisten in der Ukraine und hat Tausende Syrer totgebombt um einen Diktator an der Macht zu halten – das sind reale Verbrechen. Die Existenz von Offshore-Konten ist es nicht. (more…)

Der Trickle-down-Mythos

März 30, 2016
Michael Moore

Trickle-down: Wird Michael Moores Reichtum an die Armen durchsickern?

In den letzten Jahrzehnten taucht im politischen Diskurs immer wieder eine ökonomische Theorie auf, die angeblich die Sicht von Liberalen wiedergibt: Die „Trickle-down“-Theorie. Diese Theorie wird heute von denen, die sie ins Spiel bringen, und dazu zählen z.B. Politiker wie Obama oder New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio und bekannte Ökonomen wie Paul Krugman und Joseph Stiglitz, ungefähr so beschrieben: „Wenn die Reichen reicher werden, ist das gut für die Gesellschaft, da ihr Reichtum später auch an die Armen durchsickert.“ Weil sie angeblich an diese Theorie glauben, sollen die Liberalen politische Maßnahmen wie Steuersenkungen und Deregulierungen befürworten: Macht die Reichen reicher, dann profitiert die ganze Gesellschaft davon.

Tatsächlich ist die Trickle-Down-Theorie ein Strohmann. Es gab nie eine ernsthafte ökonomische Theorie, die einen Trickle-down-Effekt postulierte, und kein Liberaler ist aus diesem Grund für Steuersenkungen und Deregulierungen. Der Ökonom Thomas Sowell hat es sich nicht nehmen lassen, von den Leuten, die ständig Trickle-down ins Spiel bringen, einen Beweis dafür zu fordern, dass liberale Ökonomen diese Theorie aufgestellt haben. Keiner konnte das, es gibt nur Ökonomen (und Politiker), die sich auf andere beziehen, die sich auf andere beziehen usw., eine Originalquelle gibt es nicht. Was kein Wunder ist, denn die Trickle-down-Theorie klingt schon so, als hätte sie ein linker Ökonom entworfen, um ein Strohmann gegen Liberale zu schaffen.

Es sind politisch links stehende Ökonomen, die die Wirtschaft für ein Nullsummenspiel halten und glauben, die Armen könnten nur durch die Umverteilung des Wohlstands der Reichen aufsteigen. Diese Logik als wahr angenommen, fragten sich Linke wohl, warum die Liberalen gegen staatliche Umverteilung sind, wenn sie das noble Ziel teilen, den Armen zu helfen, und ihre Antwort schien zu sein: Liberale glauben an Umverteilung durch den Markt statt durch den Staat. Trickle-down ist dann wie ein keynesianisches Konjunkturprogramm, nur mit „den Reichen“ statt „dem Staat“: Gebt Michael Schumacher 500 Millionen Euro, damit er sich neue Yachten und Champagner kauft, und davon profitieren dann wegen des „Multiplikatoreffekts“ auch die ganzen Werftarbeiter und Weinbauer und es entsteht neuer Wohlstand. Das ist aber Unsinn, denn: Erst müssen die Yachten gebaut werden, bevor Michael Schumacher sie kaufen kann. (more…)

Ökonomismus als Gefahr?

Januar 3, 2016
Die globale Leitwährung ist sehr begehrt

Dreht sich bei Ökonomen alles nur um Geld?

Zu den vielen Dingen, über die sich die Kritiker der Moderne, überwiegend Linke und Grüne (aber auch Konservative), echauffieren, gehört der „Ökonomismus“, die angebliche „Ökonomisierung“ aller Lebensbereiche. Egal, um welchen Bereich es geht, es geht nur ums Geld, alles wird nur nach seiner ökonomischen Verwertbarkeit gemessen. Früher stand das Wohl der Menschen im Mittelpunkt, heute nur noch der Profit. Es sei falsch, alle Probleme ökonomisch anzugehen und lösen zu wollen, also nach finanziellen Aspekten. Dieser „Materialismus“ wird verworfen, Geld sei nicht die Lösung für alle Probleme und Geld mache auch nicht glücklich.

Die Kritik des „Ökonomismus“ beinhaltet zwei große Irrtümer. Erstens wird nicht verstanden, womit sich das Feld der Ökonomie in seiner ursprünglichen Bedeutung beschäftigt. Ökonomie ist keinesfalls auf Geldfragen beschränkt, das Forschungsfeld umfasst einen viel größeren Bereich, was den Vorwurf, Ökonomen würden sich mit Fragen beschäftigen, die nichts mit ihrem Forschungsfeld zu tun hat, weitgehend entkräftet. Zweitens wird übersehen, wer die größten Ökonomisten sind: Die Ökonomismuskritiker selbst. Gerade für die Linken sind alle Probleme der Welt ein Geldproblem. Sie kritisieren etwas, was sie selbst fleißig praktizieren.

Das falsche Verständnis von Ökonomie

Wenn die meisten Menschen heute an „Ökonomie“ denken, haben sie die Vorstellung, dieses Feld würde sich nur mit den Dingen beschäftigen, die irgendetwas mit Geld zu tun haben. Auch wenn Geld eine große Rolle in diesem Forschungsgebiet spielt, ist es nicht das, worum sich Ökonomie dreht. Ökonomie beschäftigt sich mit der Frage, wie man mit begrenzten Mitteln ein Ziel erreicht, oder, in der Fachsprache ausgedrückt: mit knappen Ressourcen ein Bedürfnis deckt. Immer, wenn sich jemand mit einer Frage beschäftigt, die diese Aspekte beinhaltet, ist Ökonomie im Spiel. Obwohl Geld in unserer Gesellschaft fast überall eine Rolle spielt, muss Geld nicht im Spiel sein, damit etwas mit Ökonomie zu tun hat.

Um das zu verdeutlichen: Man kann einen Großteil von sozialen Themen „ökonomisch“ angehen. Warum einige Katastrophen mehr Aufmerksamkeit erregen als andere, kann man mit der Aufmerksamkeitsökonomie erklären, denn Aufmerksamkeit ist ein knappes Gut. Es gibt eine Ökonomie der Warteschlangen, eine Ökonomie der Heiratens oder eine Ökonomie von Neujahrsvorsätzen. All das hat nicht unbedingt etwas mit Geld zu tun, aber mit Ökonomie. Mit dem Vorwurf des „Ökonomismus“ muss man somit vorsichtig umgehen, denn Ökonomie ist eben nicht nur alles, was mit Geld zu tun hat, sondern alles, was mit der Frage zu tun hat, wie man knappe Ressourcen am effizientesten verwendet. (more…)

Die beste Nachricht aller Zeiten

Oktober 10, 2015
Eine arme Arbeiterfamilie in Hamburg, 1902

Immer weniger beliebt: Armut ist so 19. Jahrhundert

Vor fünf Tagen erschien die mit Abstand beste Nachricht aller Zeiten. Obwohl die meisten Medien darüber berichteten, hält sich die Freude in Grenzen. Die Medien sind eher an schlechten Nachrichten interessiert, da passt das nicht rein: Die Armut befindet sich historisch betrachtet auf dem tiefsten Stand aller Zeiten. Zum ersten Mal leben weniger als 10% der Menschheit in absoluter Armut. Dieser Fortschritt lässt sich vor allem auf eine Entwicklung zurückführen: Die freie Marktwirtschaft. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum sich nur wenige freuen und die Nachricht sogar mit Missgunst aufnehmen. Die Gründe, warum die Nachricht vom weltweiten Rückgang der Armut keine guten sein sollen, hören sich in etwa so an:

– „Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast
– „Sollen wir uns freuen, dass jetzt nur 6 Millionen Kinder jährlich sterben statt 12 Millionen?
– „Es könnte viel schneller gehen, wenn der Westen nicht die Entwicklungsländer ausbeuten würde!
– „Das ist nur eine temporäre Entwicklung, in Zukunft wird der Kapitalismus zusammenbrechen

Schauen wir uns diese Einwände genauer an:

„Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“

Ein ad hominem in Perfektion. Eine Statistik ist falsch, weil sie einem nicht gefällt. Das ist kein Argument und kann man getrost ignorieren. Es ist aber möglich, die Methodik einer Statistik zu kritisieren. Das ist was vollkommen anderes und darauf kann eingegangen werden. Wie ist die Statistik über die globale Armut zustandegekommen? Die am häufigsten genannten Statistiken über die globale Armut stammen von der UNO und der Weltbank. Die UN-Definition von absoluter Armut geht von einem Einkommen von 1 Dollar pro Tag aus, die Weltbank-Definition bis vor kurzem von 1,25 Dollar, nun wurde sie auf 1,90 Dollar erhöht. Mit dieser Definition wird nicht nur das bloße Einkommen gemessen, sondern, was das eigentlich Wichtige ist, der Lebensstandard: Versorgung mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser, die Gesundheitsversorgung, Zugang zu Bildung usw.

In all diesen Punkten kann man Fortschritte erkennen: Der prozentuelle Anteil der Menschen, die unterernährt sind, ist um ein Viertel gesunken, von 20% auf 15%, die Kindersterblichkeit ist gesunken, es sterben jährlich 6 Millionen Kinder an den Folgen von Krankheiten oder Unterernährung, aber 1990 waren es 12 Millionen, beim Kampf gegen viele Krankheiten wurden große Erfolge erzielt, so ist die Neu-Infektionsrate von Aids in Afrika drastisch gesunken, die Alphabetisierungsrate befindet sich auf einem Rekordhoch, in den Entwicklungsländern besuchten in den 1980ern 50% der Mädchen eine Schule, heute sind es 80%. Der Fortschritt ist also real und nicht bloß auf dem (Dollar-)Papier. Es gibt andere Statistiken, die die Armutsrate etwas höher ansiedeln, aber auch sie dokumentieren einen hohen Rückgang der Armut in den letzten Jahrzehnten. (more…)

Lizenz zum Ausbeuten

Oktober 5, 2015
Werden Taxis bald aussterben?

Das Taxi-Kartell wird von Lizenzen am Leben erhaltet

Laut dem Deutschen Judobund gibt es in Deutschland 200.000 Judoka. Damit ist Judo der zweitgrößte Kampfsport in Deutschland (2013 wurde es von Karate übergeholt). Es ist also eine große Leistung, ein Judomeister zu werden, könnte man meinen. Nun ja, oder auch nicht. Theoretisch könnte sich jeder selbst „Judomeister“ nennen und ein Dojo aufmachen, indem er schwarze Gürtel an besonders gute Schüler verleiht. „Judomeister“ ist ein nicht reglementierter Beruf. Es gibt kein Gesetz, dass irgendeine Qualifikation vorschreibt, um sich Judomeister zu nennen. Natürlich sprießen deshalb nicht überall falsche Judomeister aus dem Boden, aber laut dem Gesetz wäre es möglich.

Das gilt nicht nur für Judomeister, sondern auch für andere Berufe wie Koch, Bodyguard, Priester oder Fußballtrainer. Bei all diesen Berufen handelt es sich, zumindest in Deutschland, um nicht reglementierte Berufe. Für viele andere Berufe gilt: Man kann sie nicht einfach so ausüben, sondern muss erst besondere Qualifikationen bzw. eine Berufslizenz vorweisen. Betroffen sind vor allem Berufe, die als besonders wichtig gelten, wie z.B. Ärzte, Lehrer und Anwälte, aber auch viele Berufe, die eigentlich nicht denselben Stellenwert haben, wie z.B. Masseure, Gärtner, Maler und Lackierer, Diätassistenten, Friseure, Bäcker und – wie wir seit den Uber-Kriegen mitbekommen haben – Taxifahrer.

Die Europäische Kommission führt eine Liste aller reglementierten Berufe in Europa. Geradezu epidemisch verbreitet sind Berufslizenzen in den USA. Für etwa 25-30% aller Berufe muss man eine Lizenz erwerben. Sogar um als Prostituierte zu arbeiten braucht man eine Lizenz. Im Juli hat ein Gericht in den USA eine Bestimmung aufgehoben, wonach Augenbrauenzupfer 750 Stunden Kosmetik-Training zu Kosten von 9.000 Dollar benötigen, um ihren Beruf auszuüben. Die Begründung für Lizenzen ist immer dieselbe: Die Kunden müssen vor Betrügern geschützt werden. In Wahrheit führen Lizenzen jedoch nicht zu mehr Schutz von Kunden, sondern zu Kartellen mit all ihren Nachteilen – hohen Preisen, schlechtere Qualität. (more…)