Wie soll man mit Kim umgehen? Auf diese Frage gab der Autor Mark Bowden im „Atlantic“ vier verschiedene Antworten, wobei er alle als schlecht bezeichnete, aber eine als das kleinere Übel bevorzugte. Angesichts der aktuellen Situation wird es immer wichtiger, die richtige Antwort zu finden. Kim greift nach der Interkontinentalrakete, mit der er auch das amerikanische Festland mit Atombomben angreifen könnte. Der 66 Jahre alte Bowden hat als Kind die Kubakrise miterlebt und wie alle Menschen im Kalten Krieg die atomare Bedrohung durch die Sowjetunion als Teil seines Alltags gehabt. Seine Analyse zu Nordkorea ist unbedingt empfehlenswert und sollte von den amerikanischen Militärs gelesen werden. Für Bowden gibt es folgende vier Wege, um mit Kims Atombomben umzugehen:
1. Sturz des nordkoreanischen Regimes.
2. Begrenzter Angriff auf die nordkoreanischen Atomanlagen.
3. Ermordung von Kim Jong-Un.
4. Nordkoreas Atombomben akzeptieren.
Punkt 1 und 2 werden von Bowden abgelehnt, weil sie zu einem Krieg mit Millionen Toten führen könnten. Um Kim zu stürzen, reicht es nicht aus, die nordkoreanischen Atomanlagen zu bombardieren, anschließend müsste man das nordkoreanische Festland angreifen. Nordkorea hat 1 Million Soldaten (rund 5% der Bevölkerung), neben atomaren auch chemische Massenvernichtungswaffen und die Möglichkeit, als Gegenschlag Südkorea, Japan und sogar die USA mit Atombomben anzugreifen und dadurch mehrere Millionen Menschen zu töten. Des Weiteren ist es äußerst schwer, genug Rückhalt für eine solche Invasion zu bekommen (Südkorea müsste mitmachen, China wohl auch), die Invasionspläne geheim zu halten und genug Wissen über den Standort der nordkoreanischen Atombomben zu erlangen. Ein weiterer Punkt ist die Gefahr, dass anschließend Warlords mit Massenvernichtungswaffen die Macht übernehmen, auch wenn ich diesen Punkt für weniger gefährlich erachte.
Punkt 3 hält Bowden für sehr schwer durchzuführen, weil Nordkorea eines der verschlossensten Länder der Erde ist. Außerdem kann man nicht wissen, wie das nordkoreanische Regime auf ein Attentat auf Kim reagiert. Ein Rache-Angriff halte ich zwar für unwahrscheinlich, aber man kann es nicht ausschließen. Die größte Gefahr wäre, dass nach Kim ein noch schlimmerer Diktator die Macht übernimmt. Somit hält Bowden Punkt 4 für das kleinste aller Übel: Nordkoreas Atombomben akzeptieren. Das ist zwar auch gefährlich, weil man sich letztlich darauf verlassen muss, dass Kim einen letzten Tropfen an Rationalität besitzt und deshalb seine Macht und Reichtum nicht gegen Selbstmord austauscht. Aber es ist laut Bowden weniger gefährlich als die anderen drei einzig übrigen Möglichkeiten, und letztlich hat man sich auch an die Sowjetunion und auch an den früheren Kim (Jong-Il) Nordkoreas gewöhnen müssen. Ich würde Bowden gerne Recht geben. Allerdings denke ich, dass nicht Punkt 4, sondern Punkt 3 das kleinere Übel ist. (more…)