Archive for the ‘Saudi-Arabien’ Category

Ein echter Frühling?

April 16, 2018
Die Kaaba- Das größte Heiligtum der islamischen Welt

Ändert sich was in Saudi-Land?

Der iranische Frühling ist ziemlich schnell zusammengebrochen. Die Mullahs sind so fest im Sattel wie vorher, und damit wird sich auch im gesamten Nahen Osten wenig ändern. Aber es deutet einiges darauf hin, dass es in einem mindestens ebenso wichtigen Land im Nahen Osten einen echten Frühling geben könnte. Denn er kommt nicht aus dem Volk, sondern von den Herrschern. Der junge saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat einige Ansichten verkündet, die in Saudi-Arabien revolutionär sind. Im Land hat es bereits einige Änderungen gegeben, die im Gegensatz zu vielen früheren Reformen nicht mikroskopisch klein waren, sondern im Alltag bemerkt werden konnten. Kinos sind erlaubt, israelische Flugzeuge dürfen saudisches Territorium durchqueren, bald werden Frauen ihren Führerschein machen können, außerdem deutete Salman eine Aufhebung des Verschleierungszwangs an.

Nun hat Salman dem „Time“ ein Interview gegeben. Hier hat er seine Ansichten klar dargelegt. Man sieht klar, dass er kein Kind von Traurigkeit ist. Er verteidigt das Verhaften von Bloggern, denn auch Osama bin Laden hätte „die Meinungsfreiheit missbraucht“, für die saudische Königsfamilie hat er nur Lob übrig (sie hätten das Land aufgebaut, sie seien „super-clean“ und nicht korrupt, sie hätten niemals Extremismus ins Ausland verbreitet, eine absolute Monarchie sei nicht immer schlecht, usw.), die saudische Intervention in Jemen ist für ihn ausschließlich eine humanitäre Anti-Terror-Maßnahme. Es ist klar: Salman ist ein Unterdrücker und Mörder, wie für einen Anwärter des saudischen Königsthrons zu erwarten. Dennoch macht er auch Aussagen, die Hoffnung für eine Besserung der Situation in Saudi-Arabien und im Ausland machen.

Salman spricht einige Dinge an, die eine elementare Bedeutung für den Nahen Osten und den Westen haben – und was er da sagt, klingt nicht so schlecht. Geradezu revolutionär halte ich seine Aussagen zur Muslimbruderschaft und ihrer Rolle zur Radikalisierung von Muslimen in Europa, denn wenn der zukünftige saudische König sowas sagt, besteht wirklich Grund auf Besserung in dieser Hinsicht. Aber es ist auch ein politisches Erdbeben, was er zu den Beziehungen zu Israel sagt und wie er sich die Zukunft Saudi-Arabiens vorstellt (allerdings hat er einige dieser Aussagen schon getätigt, also dürften sie nicht mehr so überraschend klingen). Selbst seine Position zu Syrien klingt nicht unvernünftig. Im Folgenden habe ich einige seiner Aussagen gesammelt, die auf einen baldigen saudischen Frühling hindeuten, der sowohl für Saudi-Arabien als auch für die Nachbarn im Nahen Osten und den Westen sehr positiv wäre. (more…)

Zeit für mehr Saudi-Bashing

Februar 2, 2015
Abdullah, König von Saudi-Arabien, dem wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten

Verrecke in der Hölle, Abdullah!

Der Tod von König Abdullah hat Reaktionen hervorgerufen, die zeigen, wie normal es für Politiker ist, zu lügen, heucheln und alle seine Werte lächerlich zu machen. Von Deutschland über Ägypten bis zu Russland, alle äußerten ihr Beileid. Man könnte meinen, ein Philanthrop wäre gestorben. Jeder weiß, Abdullah war der Herrscher eines Königreiches, indem Menschen öffentlich geköpft, gesteinigt, ausgepeitscht und die Hände abgehackt werden. Die Strafen unterscheiden sich kaum von denen des IS in Irak und Syrien, nur dass sie derzeit wohl weniger häufig ausgeführt werden. Sich Sorgen über Salafisten oder Pegida zu machen und dann Abdullahs Tod zu betrauern zeigt, wie viel kognitive Dissonanz hinter offiziellen Verlautbarungen steht.

Ein Grund, warum man Saudi-Arabien weniger scharf angeht, ist sicher ihre im Vergleich zu einigen Nachbarn weniger destruktive Außenpolitik. Die offizielle Linie der saudischen Regierung ist eher der Status Quo oder Restauration, während Staaten wie der Iran und Organisationen wie die Hisbollah und Hamas eine neue Ordnung etablieren wollen. Vor allem aber: Die Saudis wollen mit dem Westen kooperieren. Der Westen würde auch mit den Mullahs im Iran kooperieren, wenn sie ihre feindliche Politik einstellen würden. Diese Punkte mögen zwar erklären, warum der Westen in Saudi-Arabien trotz dessen Ideologie keinen Feind sieht, aber es ist keine Rechtfertigung für einige Aspekte in den Beziehungen des Westens zu Saudi-Arabien.

Waffenlieferungen an Saudi-Arabien sind ein Skandal. Das Potential für deren Missbrauch ist sehr groß. Mit saudischen Panzern wurde der Aufstand in Bahrain 2011 niedergeschlagen. Bei einem möglichen Aufstand gegen die saudische Königsfamilie könnten Panzer benutzt werden, um ganze Wohnviertel in Schutt und Asche zu legen. Oder es kommen neue Herrscher an die Macht, die gerne die Waffen der Kuffar gebrauchen. Man stelle sich vor: Deutsche Panzer in den Händen des „Islamischen Staates“. Neben diesem Punkt kommt ein weiterer hinzu, der noch skandalöser ist: Von Saudi-Arabien aus wird die salafistische Ideologie, die Basis für den Dschihad, weltweit verbreitet, und der Westen nimmt es einfach hin. (more…)

Andere Länder, andere Sitten?

November 6, 2013
Die Kaaba- Das größte Heiligtum der islamischen Welt

Land ohne Gewissen?

„Saudi-Arabien ist das absolute moralische Arschloch des Universums“, sagte Pat Condell in einem seiner Videos einmal treffend. In dem von Wahhabiten regierten Land herrscht der König absolutistisch, ohne Parteien, Parlament oder Verfassung, andere Religionen außer dem sunnitischen Islam dürfen nicht existieren, auf Hexerei steht die Todesstrafe, ja, sogar Kinos sind verboten. Im Westen wird die Diskriminierung der Frauen am stärksten wahrgenommen. Frauen müssen alle einen männlichen Vormund haben, in der Öffentlichkeit verschleiert sein und benutzen getrennte Räume, es herrscht eine Geschlechterapartheid.

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos 2007 antwortete Bill Gates auf die Frage, wie er die wirtschaftlichen Zukunft Saudi-Arabiens sieht: „Well, if you’re not fully utilizing half the talent in the country, you’re not going to get too close to the top“. In unseren Zeiten scheint sich aber auch bei den Saudis einiges zu ändern. Die saudischen Frauen wehren sich immer stärker gegen das weltweit einmalige Verbot, Autos zu fahren. Der vorläufige Höhepunkt war eine Kampagne im Oktober, die jedoch von den saudischen Behörden gestoppt wurde. Eigentlich müssten alle damit zufrieden sein. Mehr Rechte für Frauen, mehr Freiheit, mehr Gleichberechtigung.

Doch dem ist nicht so. Im britischen Guardian wird das Fahrverbot mit den kulturellen Eigenheiten der saudischen Gesellschaft verteidigt:

People in Saudi Arabia have their own moral views and needs. What works in other societies may not fit in Saudi, and the reverse. In short, instead of launching campaigns to change the driving laws in the kingdom, the west should first ask Saudi women if they really want this or not, and western countries should accept the result, even if it’s not to their liking.

Diese Aussage ist gleich in doppelter Hinsicht infam: Der Autor Ahmed Abdel-Raheem fordert einerseits, die kulturellen Eigenheiten eines Landes über die Menschenrechte zu stellen. Menschenrechte werden aber nicht von der Kultur eines Landes eingeschränkt, es ist genau umgekehrt. Menschen werden freiwillig Mitglied eines Kulturkreises, ihre Rechte gelten universell. Zu diesen Rechten gehört die Religionsfreiheit, also eine Religion zu praktizieren, zu verlassen oder keiner anzugehören. Wer sich also nicht an irgendwelche religiösen Gebote halten will, hat das Recht dazu, egal, in welchem Land er lebt. Dazu braucht es auch kein „Recht auf Autofahren“. (more…)

Keine Panzer für die Saudis

Dezember 6, 2012
Abdullah, König von Saudi-Arabien, dem wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten

Abdullah, König von Saudi-Arabien, dem Verbündeten der USA im Nahen Osten

Jan Fleischhauer verteidigt in seiner neuesten Kolumne die Panzerlieferungen an die Saudis:

Wer bei der Wahl seiner Verbündeten zu pingelig ist, läuft Gefahr, bald ziemlich alleine dazustehen. Die Wahrheit ist, dass die meisten Menschen auf der Welt andere Weltvorstellungen haben als wir. Das muss uns nicht daran hindern, für unsere zu streiten, aber man sollte auch nicht den Kopf verlieren über das eigene Überlegenheitsgefühl. Dass die Israelis wohl dem Waffengeschäft mit den Saudis zugestimmt haben, kann uns einen Hinweis darauf geben, wie Leute die Situation beurteilen, die mit den Konsequenzen leben müssen, wenn es schief geht.

Ähnlich hatte sich Clemens Wergin im Juli 2011 geäußert:

Jahrelang hat Deutschland mit seinen Verbündeten vergeblich versucht, die Iraner von der Atombombe abzubringen. Nun, da eine iranische Bombe immer wahrscheinlicher wird, ist es deshalb nur logisch, wenn man mit der Aufrüstung Saudi-Arabiens versucht, das Gleichgewicht am Golf nicht gänzlich zugunsten Teherans kippen zu lassen.

Es ist unglaublich, wie naiv Fleischhauer und Wergin in diesem Fall sind. Gerade im Nahen Osten können sich Allianzen schnell verschieben. In den 1980ern galt der Irak als strategischer Partner des Westens. Saddam bekam Massenvernichtungswaffen aus deutscher Produktion geliefert- die er dann gegen die Kurden einsetzte. Auch wenn es in Saudi-Arabien momentan noch sehr ruhig ist und auch wenn der König viele Reformen angestoßen hat, kann man nicht ausschließen, dass diese Panzer eines Tages gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden.

Heilige Stätten

November 21, 2012
Die Kaaba- Das größte Heiligtum der islamischen Welt

Die Kaaba- Das größte Heiligtum der islamischen Welt

Die Hamas schoss während der letzten Woche mit Raketen, die in der Nähe von Jerusalem, oder, wie es auf Arabisch heißt, „al-Quds“, ihrer heiligen Hauptstadt, einschlugen. Der weltweite Aufschrei der Umma blieb aus. Was wäre wohl passiert, wenn die Hamas den Felsendom getroffen hätte? Wir werden es wohl nie erfahren. Jetzt ärgern sich einige Menschen in Saudi-Arabien darüber auf, dass Paris Hilton eine Boutique in Mekka eröffnet hat. Die heilige Stadt der Muslime werde dadurch „entweiht“, heißt es.

Paris Hilton wird als Nicht-Muslima nicht bei der Eröffnung dabei sein können, da es Ungläubigen nicht erlaubt ist, die heiligste Stadt der Muslime zu betreten (es gelang aber einigen europäischen Reisenden wie Ulrich Jaspers, Richard Francis Burton und Heinrich von Maltzan die Stadt zu betreten und sogar detaillierte Beschreibungen der Stadt anzufertigen). Ob die Boutique nun eine „Entweihung“ ist oder nicht, in der islamischen Welt wird ein Phänomen kaum beachtet, dass für die meisten Muslime eine viel größere Entweihung des Islams bedeuten dürfte.

In Medina, der zweitwichtigsten Stadt der Muslime, sollen 3 der ältesten Moscheen der Welt zerstört werden, um Platz zu machen für eine neue Moschee, die 1,6 Millionen Menschen Platz bieten soll. Sogar das Grab von Mohamed und 2 seiner engsten Begleiter, Abu Bakr und Umar, sind von der Zerstörung bedroht. Die saudische Monarchie sieht sich als die einzige Autorität über die heiligen islamischen Stätten. Die Wahhabiten lehnen jede Form der Verehrung von Heiligen, Schreinen und Grabstätten ab. (more…)

Iran vs. Saudi-Arabien

April 29, 2012
Abdullah, König von Saudi-Arabien, dem wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten

Abdullah, König von Saudi-Arabien, dem Verbündeten der USA im Nahen Osten

Die amerikanische Außenpolitik wird von Antiimperialisten und iranischen Propagandisten wegen der Beziehungen zu Saudi-Arabien immer wieder heftig kritisiert. Während man mit dem Ziel, die Demokratie zu verbreiten, in den Irak und Afghanistan einmarschierte, wird ein Regime toleriert und sogar aufrüstet, dass eine absolute Monarchie ohne Verfassung, Parteien oder Parlament ist, indem Frauen, Christen und andere Minderheiten praktisch keine Rechte verfügen und dass den weltweiten Dschihad mitfinanziert. Einige schlagen sogar vor, dass man statt mit Saudi-Arabien lieber mit dem Iran kooperieren sollte.

Immerhin verfügt der Iran tatsächlich über Ansätze demokratischer Elemente, achtete die Menschenrechte besser als Saudi-Arabien und ist, wie immer wieder betont wird, eine große Kulturnation. Dieser Vorschlag ist eine weltfremde, geradezu suizidale Forderung, die in etwa so klingt, als hätte man den Alliierten 1939 vorgeschlagen, lieber mit Deutschland zu kooperieren als mit der Sowjetunion: Immerhin war Hitler im Gegensatz zu Stalin demokratisch gewählt worden, gab es damals im deutschen Machtbereich weniger Todeslager als im sowjetischen und war Deutschland die wohl größte Kulturnation dieser Zeit.

Warum wird Saudi-Arabien von den USA unterstützt und der Iran und Syrien nicht? Wo ist der Unterschied zwischen Iran, Syrien und Saudi-Arabien? Ist das wirklich nur Doppelmoral der USA, wie Peter Scholl-Latour sagt? Nein, natürlich nicht. Es gibt ganz vernünftige Gründe für die guten Beziehungen zu Saudi-Arabien. Kurz zusammengefasst: Saudi-Arabien will mit den USA kooperieren, der Iran nicht, Saudi-Arabien ist für die Region und die USA eine wesentlich kleinere Gefahr als der Iran, und in Saudi-Arabien werden zwar täglich Menschenrechte verletzt, aber ein Massenmord wie in Syrien gibt es dort zurzeit nicht. (more…)

Die deutschen Panzer rollen wieder!

Juli 7, 2011
Abdullah, König von Saudi-Arabien, dem wichtigsten Verbündeten der USA im Nahen Osten

Abdullah, König von Saudi-Arabien, dem Verbündeten der USA im Nahen Osten

„Deutschlands Freiheit wird am Hindukusch verteidigt. In Neukölln hat man sie bereits aufgegeben“. Das Zitat stammt von Henryk M.Broder und bezieht sich auf die allgegenwärtigen „Islam-Debatte“. Aber es könnte ohne Frage auch im Zusammenhang mit einem aktuellen Geschäft der Bundesregierung gelten.

Ob man’s glaubt oder nicht: Die deutsche Geschichte im 20.Jahrhundert kennt nicht nur ein Genozid. Im Gegenteil, sie ist sehr reichhaltig daran. Auch bei den Herero und Nama in Namibia hat man eigenhändig Hand angelegt, beim Völkermord an den Armeniern hat man zugesehen, weil die Osmanen damals Verbündete waren und Saddams Giftgas, mit dem er Kurden abschlachtete, kam von Deutschland. Und nun also Panzerlieferungen an ein Land, dass sich seit mehr als 60 Jahren im Kriegszustand mit Israel befindet, indem antisemitische und antichristliche Hetze in Schulen, Moscheen und Zeitungen alltäglich ist, das den weltweiten Dschihad „inoffiziell“ mitfinanziert und dessen Staatsdoktrin sogar noch islamistischer als die des Iran ist.

Zumindest sind die Saudis da ehrlich, unsere Staatsdoktrin („Nie wieder!“) ist dagegen nur noch peinlich.