Archive for the ‘Sozialismus’ Category

Noch ein anti-imperialistischer Sozialist weniger

November 21, 2017

Endlich in Rente: Robert Mugabe

Während in Deutschland vielfach über die Rente mit 70 debattiert wird, ist heute in Simbabwe der seit 37 Jahren herrschende Diktator Robert Mugabe mit 93 Jahren offiziell in Rente gegangen. Dabei war die Entscheidung nicht mal freiwillig. Das Militär hat ihn weggeputscht, weil er versucht hat, seine Frau Grace als Nachfolgerin aufzubauen statt den nun an die Macht gelangten neuen Diktators und ehemaligen Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa. Wie üblich feiern die Menschen auf den Straßen nach dem Ende einer Diktatur, und wie üblich dürften diese Feiern etwas verfrüht sein, denn wir wissen nicht, ob die neue Diktatur langfristig besser sein wird als die alte. Das einzige, was wir heute wissen ist, dass man einen Job, den man als erfüllend empfindet, sehr wohl auch mit über 70 Jahren machen kann.

Doch heute lohnt sich auch ein Blick in die Vergangenheit. Mugabes Ruf im Westen ist schon lange zerstört, er gilt als jemand, der ohne Ideologie, aus reinem Machthunger, sein Land diktatorisch regiert und sich und sein Umfeld bereichert hat. Sogar eine Person wie Jean Ziegler kritisierte seine Herrschaft. Die Legende besagt aber, dass Mugabe erst ab 2000 verrückt wurde, als er seine Landreform begann, die das Land wirtschaftlich ruinierte, und seine Herrschaft immer unterdrückerischer wurde. Vorher wurde er jedoch gerade von den westlichen Linken anders bewertet – er galt als eine Art „Fidel Castro Afrikas“: Er hatte ein weißes Unterdrückungsregime beendet, anschließend ein erfolgreiches sozialistisches Land aufgebaut und sich keinem der beiden großen Blöcke angeschlossen. Simbabwe war sozusagen ein Bollwerk gegen Imperialismus und Kapitalismus.

In Wahrheit waren das ebenso Lügen wie bei Fidel Castro. Mugabe hatte mit seiner Guerilla tatsächlich ein weißes Minderheitsregime gestürzt, das den Schwarzen elementare Rechte verweigerte. Doch wie bei Castro begann Mugabe sofort, seine Herrschaft gewaltsam zu sichern. Von 1982 bis 1987 ließ er mithilfe von in Nordkorea ausgebildeten Brigaden systematisch Tausende politische Gegner massakrieren (Schätzungen gehen von bis zu 20.000 Toten aus), die überwiegend anderen Ethnien angehörten (Mugabe ist ein Shona, die Opfer waren meist Ndebele). Diese Ereignisse sind heute in Simbabwe als „Gukurahundi“ bekannt. Aber das schädigte Mugabes Ruf nicht. Er, der bewunderte Kämpfer gegen Unterdrückung und Rassismus, wurde 1994 von der Queen zum Ritter geschlagen. (more…)

Gegen das Vergessen

Mai 1, 2017

Auch dieses Jahr gab es mal wieder die üblichen Demonstrationen und Krawallen vom 1. Mai. In Deutschland, wo keiner ein Problem damit hat, dass es die Nazis waren, die den 1. Mai zum Feiertag machten, ebensowenig mit den Flaggen von massenmordenden Unrechtsstaaten (Sowjetunion, DDR) und den Plakaten mit totalitären Denkern (Marx, Engels) und Massenmördern (Lenin), die immer wieder an diesem Tag von Demonstranten geschwungen werden. Das zeigt ein großes Defizit auf: Der Sozialismus ist, im Gegensatz zum Faschismus und Nationalsozialismus, politisch alles andere als verbrannt. Dem sollte man offensiv entgegentreten, und zwar am besten an diesem Feiertag. Ilya Somin macht dazu an diesem Tag immer wieder denselben Vorschlag: Der 1. Mai sollte zum Gedenktag für die Opfer des Sozialismus (bzw. Kommunismus) erklärt werden.

Es gäbe mehr als genug Anlässe:

Die Gedenkfeiern könnten so ablaufen: Um 15:00 Uhr wird eine Schweigeminute in öffentlichen Plätzen abgehalten, die den 100 Millionen Opfern des Sozialismus gewidmet ist. Im Fernsehen werden Filme gezeigt, die zu der Zeit der sozialistischen Diktaturen spielen. Im Bundestag werden Reden gehalten, die an das grausame Leben in den sozialistischen Diktaturen erinnern, und man pocht darauf, dass sich so etwas nie wiederholen darf, weshalb man Irrlehren wie die marxistische Arbeitswerttheorie, die Theorie vom Mehrwert und den Klassenkampf konsequent bekämpfen muss. Außerdem gehören sozialistische Symbole (z.B. Hammer und Sichel, Che Guevara-Shirts) in der Öffentlichkeit geächtet. Schließlich informieren NGOs und Menschenrechtsorganisationen die Menschen über die aktuelle Lage in Nordkorea und Venezuela und suchen mit anderen Gruppen nach Wegen, um den Menschen dort zu helfen.

Das Wichtigste ist, dass der Sozialismus wirklich als das kritisiert wird, was er ist. Es darf keine Entschuldigungen für die Verbrechen geben. Es waren keine „Missverständnisse“, nein, es war die Ideologie des Sozialismus, die die Opfer in den sozialistischen Diktaturen verursacht hat. Vor allem dem leider auch von Gegnern des Sozialismus oft gebrachte Satz „Der Sozialismus ist gut in der Theorie, aber er lässt sich leider nicht umsetzen, weil er nicht zur Natur des Menschen passt“ muss widersprochen werden. Dieser Satz ist fürchterlich, er ist das dümmste Argument gegen Sozialismus überhaupt. Er enthält drei grausame Lügen, die zur Verharmlosung und damit auch zur weiter anhaltenden Beliebtheit des Sozialismus beitragen, und die deshalb endlich korrigiert werden müssen. Gehen wir die drei Lügen kurz durch:

1. „Der Sozialismus ist gut in der Theorie, …“

Es kann durchaus Dinge geben, die in der Theorie gut sind, aber in der Wirklichkeit praktisch unmöglich sind. Nehmen wir z.B. die Utopie „Eine Gesellschaft ohne Mord.“ In der Praxis ist das kaum durchsetzbar. Trotzdem ist das kein Grund, es nicht zu versuchen, und zwar immer wieder, selbst wenn es nie völlig funktioniert. Je näher man dem Ziel herankommt, desto besser. Dasselbe gilt für Utopien wie „Eine Gesellschaft ohne Betrug“ oder auch „Eine Gesellschaft ohne Drogensucht.“ Der Unterschied zum Sozialismus ist, dass der Sozialismus auch in der Theorie keine schöne Utopie ist. (more…)

Die Geschichte vom Martin

März 16, 2017
Wie gehen die Gauchos? Die Gauchos, die gehen so!

Alles muss geteilt werden

Es gab mal einen Mann mit dem Namen Martin, der ein ganz besonders großes Herz für bedürftige Menschen hatte. Jedes Mal, wenn er eine Person sah, die in der Straße fror, teilte er seinen Mantel mit ihr. Unter seinen Mitmenschen genoss er deshalb hohes Ansehen. Einige erklärten ihn sogar zum Heiligen. Wer, außer dieser Martin, hat so viel Mitgefühl mit den Bedürftigen? Wir sollten alle so sein wie Martin und unseren Besitz teilen, wann immer es geht! Diese Parole war schön dahergesagt, aber wirklich glauben tat keiner daran, und so blieb Martin der einzige in seiner Gegend, der seinen Mantel mit Bedürftigen teilte, von denen die meisten weiterhin nachts froren.

An einem Tag nahm die Geschichte vom Martin eine unerwartete Wendung. Als Martin mal wieder seinen Mantel mit einem Bedürftigen teilte, kam plötzlich ein junger Mann auf ihm zu, der Milton hieß. Er zeigte sich verwundert über Martins Tat. Als Martin ihm seine Beweggründe erklärte, sagte Milton nur spöttisch: „Na toll, jetzt friert ihr beide, ist das jetzt besser?“ Bevor er wegging, fragte Milton dem genervten Martin nach den Materialien, aus denen sein Mantel bestand. Martin erwartete nicht, dass er Milton je wieder sehen würde, doch eine Woche später kam Milton wie aus dem nichts auf ihn zu und hatte etwas dabei: Zwanzig Mäntel! Martin fiel aus den Socken.

Als Martin ihn fragte, was er mit den Mänteln vorhatte, sagte Martin wie aus der Pistole geschossen: „Verkaufen natürlich.“ Milton war während der Woche in seine Stadt gegangen, hatte nach den Materialien geforscht und nach drei Arbeitern gesucht, die ihm bei der Mantelproduktion helfen sollten. Alles ging sehr schnell, er hatte auch noch andere Geschäfte gemacht, doch nun wollte er seine Mäntel an Martin verkaufen, damit seine Investition in die Mantelproduktion auch profitabel wird. Es klappte – Martin kaufte alle zwanzig Mäntel und nun mussten viele Bedürftige nicht mehr frieren. Eine gute Sache, konnte man meinen: Den Bedürftigen wurde geholfen. Bis plötzlich der sozialdemokratische Bürgermeister bei Martin erschien.

Martin erklärte dem verwunderten Bürgermeister, dass er seinen Mantel nicht mehr teilt, weil er dank Milton genug Mäntel für alle Bedürftigen hat, die in seiner Nähe wohnen. Das schockierte den Bürgermeister – denn in den anderen Gegenden der Stadt hatten die Bedürftigen noch immer keine Mäntel, und es gäbe auch keine Menschen, die ihre Mäntel mit ihnen teilen. Er forderte Martin dazu auf, keine Mäntel mehr von Milton zu kaufen. In der nächsten Woche legte der Bürgermeister ein Gesetz vor, der vom Stadtparlament schnell angenommen wurde: Um die Ungleichheit an Mänteln unter Bedürftigen zu bekämpfen, wurde der Import von Mänteln in die Stadt verboten, und die öffentlichen Behörden wurden beauftragt, die Mantelproduktion für die Bedürftigen zu übernehmen. (more…)

Ein würdiger Nachruf

November 27, 2016
Das waren noch Zeiten: Che Guevara und Fidel Castro beim Revolutionieren

Jetzt sind sie beide tot

Jean-Claude Juncker zum Tod von Fidel Castro:

„Mit dem Tod von Fidel Castro verliert die Welt einen Staatsführer, der, wie viele andere, bei dem Versuch, seinem Volk mittels staatlicher Planwirtschaft zum Wohlstand zu führen, gescheitert ist. Kuba wird heute oft als gutes Beispiel für ein Land mit einem funktionierenden Sozialsystem genannt, weil es staatlich finanzierte, also „kostenlose“ Schulbildung und Gesundheitsversorgung für die ganze Bevölkerung hat. Diese Sicht auf Kuba unterschlägt aber die katastrophale Versorgung der Bevölkerung mit ihren Grundbedürfnissen, und dass diese Mängel längst auch das Schul- und Gesundheitssystem erfasst haben.

Schätzungen gehen davon aus, dass die Kubaner ein Durchschnittseinkommen von umgerechnet 20 Euro im Monat haben. Es gibt keine Supermärkte im Land. Lebensmittel werden seit 1962 rationiert, obwohl die Rationierung ursprünglich als vorübergehende Notmaßnahme gedacht war. Die Nahrungsmittelproduktion ist in den letzten Jahrzehnten immer weiter zurückgegangen, Kuba muss heute 85% seiner Lebensmittel importieren, darunter auch Zucker, das einstige Exportgut Nummer eins. Ein großer Teil der Versorgung der Bevölkerung stammt aus dem Schwarzmarkt, ohne ihn wären wohl schon Hunderttausende Kubaner verhungert. Die Mehrheit der Kubaner kennt keine für uns selbstverständlichen Konsumgüter wie Waschmaschinen oder Kühlschränke, sogar Toilettenpapier und Handreiniger sind knapp, und auch Touristenhotels haben manchmal keine Toilettensitze. Luxusgüter wie Fernsehen, Computer und Smartphones sind für die meisten unbekannt (und wer ein Fernsehen hat, hat höchstens fünf Sender). Die Häuser sind hoffnungslos veraltet, die Infrastruktur spottet jeder Beschreibung, die Strom- und Wasserversorgung ist ebenso desaströs. Castros Kuba ist ein Dritte-Welt-Land. Vielen Touristen freut es, die alten Autos an den Straßen Havannas zu sehen, weil es für sie ein nostalgisches Flair hat. Aber können sie sich vorstellen, dass das für die Kubaner kein Museum, sondern die tägliche Realität ist? Würden sie ihr Auto gegen einen Oldtimer aus Kuba eintauschen?

Die großen „Leistungen“ der kubanischen Revolution, das Bildungs- und Gesundheitssystem, sind ebenso von den Mängeln betroffen. Kuba war, wie Statistiken aus dem UN-Jahrbuch zeigen, schon vor Castro in diesen Bereichen gut entwickelt: 1957 hatte es mehr Ärzte pro Einwohner als die USA und Großbritannien, die Kindersterblichkeit war niedriger als in Frankreich und Deutschland und die Alphabetisierungsrate war die vierthöchste in Lateinamerika. Unter Castro hat Kuba seine Spitzenpositionen behalten. Aber die Krankenhäuser verfallen, wie jeder Kubaner vor Ort bezeugen kann: Es fehlt an grundlegender Versorgung, auch an Medikamenten, und viele Ärzte versuchen, aus dem Land zu fliehen, weil sie durch ihr geringes Einkommen (rund 20 Euro im Monat – wie jeder andere Kubaner) ebenso von der massiven Armut im Land betroffen sind. Die Schulbildung nützt kaum jemandem was, weil es im Land kaum Möglichkeiten gibt, um damit später an Wohlstand zu kommen. In Nordkorea werden auch 99% der Kinder alphabetisiert – aber es nützt ihnen später nichts, denn sie leben in Nordkorea. (more…)

Die Festung EU

August 31, 2016
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Die EU-Märkte bleiben auch in Zukunft von Chlorhühnchen verschont

Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen: TTIP ist gescheitert. Seit drei Jahren kommen die Verhandlungen nicht voran, und die öffentliche Meinung hat sich während der Zeit gewandelt. Unterstützten 2014 noch 55% das Abkommen, sind es dieses Jahr nur noch 17%. Der Grund dafür ist die Anti-TTIP-Bewegung, die erfolgreich Misstrauen in der Bevölkerung geweckt hat. Möglicherweise wird auch das eigentlich schon ausgehandelte CETA aufgrund des Widerstands des Volkes scheitern. All die Aktivisten – ein Bündnis von Sozialdemokraten, Deutsch-Nationalen, Umweltschützern, Kommunisten, Antiamerikanern und vielen mehr – haben das geschafft, was sie eigentlich für unmöglich halten: „Das Volk“ hat es „denen da oben“ gezeigt. Es ist ein großer Sieg für das Volk.

Da die Abkommen sowieso nie die so großen Sachen waren, zu der sie gemacht wurden, ist das einerseits keine Katastrophe. Mit der Zeit wurden die Abkommen durch die Garantie, dass es viele Ausnahmen geben wird (besonders die „kulturelle Ausnahme„), immer weiter verwässert und damit noch unbedeutender. Außerdem sind die Handelsbedingungen zwischen Europa und Nordamerika auch ohne TTIP oder CETA relativ gut: Die Zölle sind niedrig und sind in den letzten Jahrzehnten weiter gesenkt worden, andere Handelshemmnisse (Verbote für bestimmte Produktionsmethoden, meistens zum vermeintlichen „Qualitätsschutz“) sind ebenfalls weniger worden. Mit TTIP und CETA hätte es wohl bessere Bedingungen gegeben, aber nicht viel bessere.

Aber das Scheitern könnte dennoch sehr schlechte Folgen für die Zukunft haben. Denn während die Handelshemmnisse zwischen Europa und Amerika niedrig sind, sieht es bei anderen Weltregionen anders aus. Zwischen Europa und Südamerika, Indien, Afrika und auch China gibt es beim Handel noch immer sehr viele Hemmnisse, die sich durch Freihandelsabkommen abbauen ließen. TTIP und CETA sind aber gescheitert, weil die EU 28 Mitglieder hat. Jedes davon hat seine Einzelinteressen – und kein EU-Land kann ein Freihandelsabkommen schließen, ohne dass alle anderen EU-Länder ebenfalls zustimmen. Wenn es schon mit Amerika und Kanada nicht geklappt hat, werden die EU-Länder auch in Zukunft sehr wahrscheinlich keine Freihandelsabkommen schließen können. Außer natürlich, sie machen den Brexit nach – dann sind die Fesseln weg. (more…)

Wie die Sozialdemokraten die Arbeiter betrügen

August 19, 2016

Der Erfinder des Neusprechs: George Orwell

„Die SPD will, dass die Krankenkassenbeiträge wieder zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmer getragen werden“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der „Bild“-Zeitung.

(…)

SPD-Fraktionsvize und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der „Funke Mediengruppe“ (Mittwoch): „Es ist ungerecht, dass die Arbeitnehmer jetzt alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen allein tragen müssen.“ Die Rückkehr zur hälftigen Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber sei eine „Kernfrage sozialer Gerechtigkeit“.

(Quelle)

Es gibt viele Wörter, die eine völlig andere Bedeutung haben als es das Wort suggeriert. Antifaschistischer Schutzwall, Zitronenfalter, Grönland. Eines dieser Wörter ist „Arbeitgeberanteil“. Eigentlich ist schon das Wort „Arbeitgeber“ irreführend, da es nicht die Unternehmer sind, die „Arbeit geben“, sondern die Arbeiter (die Unternehmer „geben“ die Geschäftsidee, das Kapital und den Produktionsplan, und „nehmen“ die Arbeit, sind also die eigentlichen Arbeitnehmer), aber das ist ein anderes Thema. Warum ist das Wort falsch? Weil es keinen Arbeitgeberanteil gibt. Alles, was als „Arbeitgeberanteil“ firmiert, ist in Wirklichkeit der Arbeitnehmeranteil.

Es ist nicht schwer zu erklären: Jeder Arbeiter bekommt einen Bruttolohn. Von diesem Lohn gibt es Abzüge. Alles diese Abzüge werden dem Arbeiter abgezogen. Punkt. Es ist völlig egal, wie man diese Abzüge nennt, alles wird vom Bruttolohn des Arbeiters abgezogen und ist damit der Arbeitnehmeranteil. Weder für den Unternehmer noch für den Arbeiter ändert sich durch die Bezeichnung etwas: Der Unternehmer berechnet für die Lohnkosten den vollen Bruttolohn, und der Arbeiter bekommt von seinem Lohn nur den Netto-Anteil. Theoretisch könnte man die Bezeichnung ändern und den Arbeitgeberanteil auf 100% erhöhen – und es würde sich rein gar nichts ändern. Da, wo „Arbeitgeberanteil“ drinsteht, ist auch Arbeitnehmeranteil drin.

Warum sagen die Sozialdemokraten dann ständig, dass der Arbeitgeberanteil steigen muss? Weil man so die Arbeiter betrügen kann. Es klingt schön, wenn man so tut, als würde nicht den Arbeitern das Geld abgezogen, sondern den Unternehmern. Die Arbeiter merken so nicht, wie sehr sie vom Finanzamt und den Sozialversicherungen ausgeplündert werden. Und leider scheinen die meisten darauf reinzufallen. Orwell hat gesiegt. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass einem sozialdemokratischen Wähler zu erklären, dass es keinen Arbeitgeberanteil gibt, in etwa so erfolgsversprechend ist wie einen Zeugen Jehovas zum Atheismus zu bekehren. Es ist nicht der einzige Orwellsche Sieg für die Sozialdemokraten. (more…)

Ihr Geschwätz von gestern und heute

August 14, 2016

Vor drei Monaten berichtete ich darüber, wie in deutschsprachigen Zeitungsredaktionen niemand in der Lage ist, das wirtschaftliche Desaster in Venezuela mit dem Sozialismus in Verbindung zu bringen. Die wahren Anhänger von Chavez im Westen findet man jedoch in der Politik. Sehr viele bekannte linke Politiker haben sich in den letzten Jahren positiv über den Chavismus in Venezuela geäußert, darunter Mitglieder der Linkspartei, der spanischen Podemos oder der britischen Labour-Partei. Jeremy Corbyn sah wie so viele Linke in Chavez eine Hoffnung für die ganze Welt:

Was denken diese Leute heute über Venezuela? Tatsächlich haben sich seit meinem letzten Artikel einige Chavez-Fans über die Lage in Venezuela geäußert. Sie sind nun weniger euphorisch, aber von einem Wandel ihrer Ansichten kann man nicht sprechen. Stattdessen wendet jeder seine eigene Taktik an, um gleichzeitig Sozialist zu bleiben und Venezuelas Desaster in Kenntnis zu nehmen.

Sahra Wagenknecht

Die libertären „Sons of Libertas“ veröffentlichten am 9. Mai ein Video, in der sie Sahra Wagenknecht über verschiedene Themen ausfragten. An einer Stelle kam das Thema Venezuela auf:

Sons of Libertas: „Sie und ihre Partei haben sich vor einigen Jahren positiv zum Sozialismus des 21. Jahrhunderts in Venezuela geäußert. Momentan ist es darum ein wenig ruhig geworden. Wie ist ihre Meinung dazu?“
Wagenknecht: „Naja, es sieht ja jetzt danach aus, dass dort doch vieles auch wieder nach hinten geht. Die Armut wächst, die Krise ist stark, natürlich leidet Venezuela auch unter dem niedrigen Ölpreis, aber es ist eben leider nicht so nachhaltig mit den Reformen wie wir uns das mal erhofft hatten.“ (Lächeln)

Wagenknechts Taktik: Dem Ölpreis die Schuld geben.

Bernie Sanders

Eins muss man Sanders lassen: Er hat sich nie positiv über Chavez geäußert. Er bezeichnet sich nur selbst als Sozialisten, hat während seiner politischen Karriere Fidel Castros Kuba und die Sandinisten in Nicaragua gelobt, eine Flagge der Sowjetunion in seinem Büro gehabt, die Verstaatlichung aller Banken und Ölkonzerne gefordert und sich positiv über Warteschlangen für Nahrungsmittel geäußert (kein Witz: „You know, it’s funny. Sometimes American journalists talk about how bad a country is when people are lining up for food. That’s a good thing. In other countries, people don’t line up for food. The rich get the food and the poor starve to death“). So gesehen, gibt es in Venezuela viele soziale Wohltaten, die er gerne in den USA umsetzen würde.

Hat Sanders aber auch eine Meinung zu dem, was diese sozialen Wohltaten in Venezuela angerichtet haben? In einem Interview mit der „Univision“ am 23. Mai versuchte ein Reporter, ihn dazu zu befragen:

Univision: „I am sure that you know about this topic: various leftist governments, especially the populists, are in serious trouble in Latin America. The socialist model in Venezuela has the country near collapse. Argentina, also Brazil, how do you explain that failure?“
Sanders: „You are asking me questions …“
Univision: „I am sure you’re interested in that.“
Sanders: „I am very interested, but right now I’m running for President of the United States.“
Univision: „So you don’t have an opinion about the crisis in Venezuela?“
Sanders: „Of course I have an opinion, but as I said, I’m focused on my campaign.“

Sanders‘ Taktik: Kein Kommentar abgeben. (more…)

Zehn-Punkte-Plan zur Rettung der französischen Wirtschaft

Juni 16, 2016
Freihandel und Protektionismus

Was Frankreich dringend braucht, ist mehr Regulierung

Im Vorfeld hatten viele Angst, dass Frankreich aufgrund der Terrorgefahr ein unsicherer Ort für die EM 2016 sein könnte. Aber nun ist es nicht IS, der Frankreich lahmlegt, sondern die Gewerkschaften. Worum geht es? Frankreich leidet seit Jahren an einer hohen Arbeitslosigkeit und niedrigem Wachstum. Um dem zu begegnen, plant der sozialistische Präsident Hollande eine Arbeitsmarktreform, die vorsieht, die maximal erlaubte wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden aufzuweichen und den Unternehmen Neueinstellungen zu erleichtern, indem der Kündigungsschutz gelockert und die Abfindungen gedeckelt werden. Den Gewerkschaften und ihren Verbündeten geht es in ihren Protesten, den sie „Nuit debout“ nennen, darum, diese Reformen zu verhindern, immerhin mussten die betroffenen Arbeitnehmerrechte blutig gegen die ausbeuterischen Kapitalisten erkämpft werden.

Natürlich haben die Demonstranten Recht. Aber sie haben es leider vermasselt, ein alternatives politisches Programm anzubieten. Hier ein Vorschlag.

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ZEHN-PUNKTE-PLAN ZUR RETTUNG DER FRANZÖSISCHEN WIRTSCHAFT

1. Erhöhung des Mindestlohns auf 12,50 Euro. Jährliche Anpassung gemäß der Inflationsrate und keine Ausnahmen für Jugendliche oder andere Gruppen.

Dadurch wird die Kaufkraft der Konsumenten gestärkt, wovon nicht nur die Konsumenten, sondern auch die Unternehmen profitieren, da sie mehr verkaufen können. Zusätzlich müssen die Steuerzahler keine Niedriglohnjobs mehr subventionieren und durch die höheren Sozialversicherungsbeiträge gibt es mehr Geld für die Rentenkassen, so dass jeder mehr Geld in den Taschen hat. Höhere Löhne und Einkommen sind der Motor einer jeden Wirtschaft: Wenn sich die Nachfrage erhöht, erhöht sich auch das Angebot.
Unternehmen, die es nicht schaffen, ihren Arbeitern ein zum Leben ausreichenden Lohn zu zahlen, haben in einer sozialen Marktwirtschaft keine Existenzberechtigung und müssen vom Markt verschwinden.

2. Stärkung der Arbeiterrechte. Zufriedene Arbeiter sind motivierter und damit produktiver und helfen damit der Gesellschaft als Ganzes.

Um die Arbeitsbedingungen und damit die Motivation der Arbeiter zu verbessern, sind folgende Maßnahmen geeignet:
– Keine Erhöhung der wöchentlich erlaubten Arbeitszeiten und keine Kürzung der bezahlten Urlaubstage.
– Besserer Kündigungsschutz. Unternehmen muss es grundsätzlich verboten werden, Arbeiter zu entlassen, solange sie Profite machen, und jeder entlassene Arbeiter muss eine angemessene Abfindung bekommen.
– Komplettes Verbot von Leih- und Zeitarbeit, die eine moderne Form der Sklaverei darstellen.
– Einführung einer „1:30-Regel“: Kein Mitglied eines Unternehmens darf mehr als das 30-fache davon verdienen als das, was der am niedrigsten entlohnte Angestellte verdient. Damit wird Leistungsgerechtigkeit garantiert, denn kein Mensch leistet mehr als das 30-fache eines anderen Menschen. Besonders die explodierenden Gehälter im Sport-, Kultur- und Bankensektor können so eingedämmt werden. Bonuszahlungen müssen komplett verboten werden, da sie leistungsloses Einkommen darstellen.
– Bekämpfung von Scheinselbständigkeit: Einführung eines Mindestgewinns für Selbständige, damit keiner vom Steuerzahler subventioniert werden muss. Außerdem müssen Selbständige, genauso wie Arbeiter, in die Sozialversicherung eingebunden werden und sollten nicht länger arbeiten dürfen als normale Arbeiter.

3. Verhinderung von ruinöser Konkurrenz. Nicht das reine Profitstreben muss im Mittelpunkt der Wertschöpfung stehen, sondern das Wohl der Menschen – Menschen vor Profiten!

Die einzelnen Branchen müssen vom Staat gesteuert werden, um ihrer Aufgabe, der bestmöglichen Versorgung der Bevölkerung, nachzukommen. Dazu ist folgendes notwendig:
– Festlegung von Höchst- und Mindestpreisen, so dass sich auf der einen Seite alle Menschen unabhängig von ihrem Einkommen die von ihnen gewünschten Waren leisten können und auf der anderen Seite kein Anbieter durch den Preiskampf gezwungen wird, Dumping zu betreiben und damit auf Gewinne zu verzichten.
– Stärkere Verfolgung von nicht-lizenzierten Tätigkeiten, wie z.B. den euphemistisch „Sharing“ genannten Diensten Uber oder Airbnb, da sie den Preisekampf verschärfen, auf Selbstausbeutung beruhen und die Gemeinschaft um Steuern und Sozialversicherungsbeiträge betrügen.
– Neue Technologien müssen von einem „Komitee für Arbeit und Fortschritt“ vor ihrer Zulassung geprüft werden, damit sie nicht mehr Arbeitsplätze zerstören als neue schaffen. So wird verhindert, dass die Automatisierung zu Massenarbeitslosigkeit führt. (more…)

Lehren aus Venezuela

Mai 3, 2016
Venezuela im Würgegriff des Sozialismus

Venezuela im Würgegriff des Sozialismus

Was würde wohl passieren, wenn es in den USA, Großbritannien oder in Deutschland eine schwere Wirtschaftskrise gäbe? Was geschah, als in Griechenland, Spanien, Russland und Brasilien die Wirtschaft niederging? Was wird passieren, falls in China eine schwere Krise ausbricht? Die Leute werden sagen: „Der Kapitalismus ist schuld.“ Völlig egal, welche Maßnahmen es genau waren, die zur Krise führten. An jeder Krise ist grundsätzlich „der Kapitalismus“ Schuld. Nun herrscht eine schwere Krise in Venezuela. Mit dem Kapitalismus kann man die Krise kaum in Einklang bringen, denn Venezuelas Wirtschaft ist seit dem Weltenretter Hugo Chavez sozialistisch organisiert. Wie schwer die Krise ist, kann man anhand folgender Beispiele verdeutlichen:

– Während wir die Earth Hour feiern, haben die Venezolaner die Earth Week: Um Strom zu sparen, haben die Beamten in der Woche drei Tage frei und arbeiten in der Zeit auch nur von 7 bis 13 Uhr.
– Während wir über Bierverbote für Jugendliche diskutieren, herrscht in Venezuela Bierknappheit.
– Während wir uns über die Fiskalpolitik streiten, gehen Venezuela die Banknoten für neues Geld aus.

Wer ist für die Krise verantwortlich? Wenn man sich die Zeitungsberichte durchliest, fällt selten das Wort „Sozialismus“, obwohl Chavez‘ Wirtschaftssystem, dass von Maduro fortgesetzt wird, den Namen „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ trägt. Der Spiegel spricht von „Wirtschaftskrise“, bei der „Presse“ in Österreich fällt nicht mal das Wort Sozialismus, stattdessen heißt es „Chavismus“. Während jeder „weiß“, dass die Krisen in Griechenland und Brasilien das Scheitern des Kapitalismus belegen, will so keiner richtig erkennen, dass Venezuela ein erneutes Beispiel für das totale Scheitern des Sozialismus ist. Als wahre Schuldige werden beim Spiegel eine von El Niño verursachte Dürre und fehlende Investitionen in die alternativen Energien genannt, einige Pro-Chavez-Kommentatoren sehen die USA und ihre Ölpreis-Verschwörung als den Schuldigen. (more…)

Neue Hoffnung für Lateinamerika

März 12, 2016
Wie gehen die Gauchos? Die Gauchos, die gehen so!

Die Gauchos sind noch nicht am Ende

Vor einigen Jahren sah es so aus, als würde Lateinamerika in Zukunft von einer neuen, sozialistischen Achse beherrscht werden. Nachdem Chavez 1999 in Venezuela den „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ begann, folgten ihm 2005 Morales in Bolivien, 2006 Ortega in Nicaragua, 2007 Correa in Ecuador, Castro war schon immer da und auch Rousseff in Brasilien und Kirchner in Argentinien begannen mit sozialistischen Experimenten (mit den bekannten Folgen). Nichts schien dies aufhalten zu können, nicht mal Chavez‘ Tod stoppte die Herrschaft seiner Partei (PSUV), nun führt Maduro das Land quasi in Interregnum bis Chavez‘ Wiedergeburt. Aber in den letzten Monaten hat sich das Blatt gewendet. Die sozialistische Achse ist ernsthaft in Gefahr geraten.

Es begann im November mit der Abwahl von Cristina Kirchner in Argentinien. Mauricio Macri wurde neuer Präsident, mit ihm begann eine radikale Wende bei den Gauchos. Er entließ in seinem ersten Amtsmonat über 20.000 Beamte, ließ die Währung wieder vom Markt bestimmen (was zu einer Abwertung führte), beendete die Devisenkontrollen, schaffte die meisten Exportzölle und Importrestriktionen ab und schloss die „Medienkontrollbehörde“. Das meiste davon tat er ohne Mehrheit des bis Februar pausenden Parlaments, mit „Notdekreten“, die von Kirchner hundertfach genutzt wurden. Was für eine Ironie: Ein für autoritäre Herrschaft genutztes Instrument wird genutzt, um eine autoritäre Herrschaft wieder zurückzudrängen.

Macri gelang es außerdem, eine Einigung im Schuldenstreit mit den von Kirchner sogenannten „Geierfonds“ zu erzielen, und er äußerte Kritik an der Repression in Venezuela. Deutlicher könnte eine politische Wende kaum sein. Aber diese gab es nicht nur in Argentinien. Im Dezember wurde in Venezuela ein neues Parlament gewählt. Die Opposition fuhr ein Erdrutschsieg ein. Wenn man bedenkt, in was für eine Hölle die Sozialisten das Land mit den größten Ölreserven der Welt verwandelt haben – Knappheit an allem, extreme Inflation, höchste Kriminalitätsrate der Welt – war es höchste Zeit dafür, doch leider will sich Maduro nicht einfach so von der Macht trennen und hat viele politische Änderungen der Opposition auf illegalem Wege blockiert. (more…)