Was ist der Kapitalismus?

Die "Pyramide des kapitalistischen Systems"

Die „Pyramide des kapitalistischen Systems“

Andreas Unterberger fragt sich, wieso der Kommunismus noch immer so viele Anhänger im Westen hat. Nun, die Kommunisten haben es geschafft, alle kommunistischen Regimes, die versagt haben, als nicht-kommunistisch zu bezeichnen („Es hat noch nie einen echten Kommunismus gegeben“) und alle, die ihnen nicht gefallen, als „kapitalistisch“. Dabei unterscheiden sie nicht zwischen dem, was die Vordenker der freien Marktwirtschaft sich erdacht hatten und dem, was die Politiker, die sich formal zu den Idealen des freien Marktes bekennen, daraus gemacht haben. Oder, anders ausgedrückt: Der Kommunismus ist das Gute, der Kapitalismus ist das Böse.

Das sieht man auch an folgender Definition von Kommunismus:

Was aber ist der Kommunismus? Kein Gulag, keine Stasi, kein Personenkult, kein Arbeitsfetisch, keine Zwangsarbeit, keine Unterdrückung, keine Unterwerfung, kein Proletariat, kein Einheitsdress, kein Herrschaftsprotz und keine alte Leier, keine leeren Regale, keine Rituale. Kommunismus bedeutet … Bedürfnisse befriedigen statt sie auszunutzen, Lebenszeit verschönern statt Arbeitszeit steigern, füreinander produzieren statt gegeneinander konkurrieren, mitentscheiden statt kommandiert werden, mitgestalten statt regiert werden, für Menschen statt Nationen.“

Es gibt natürlich ein paar Probleme mit dieser Definition. Ein Kommunismus ohne Proletariat? Ohne Unterwerfung? Und ohne kommandiert zu werden? Eine abenteuerliche Definition. Tatsache ist, dass die kommunistischen Regimes, die es gegeben, bis auf wenige Ausnahmen wirklich kommunistisch waren. Ephraim Kishon brachte das so auf den Punkt: „Der Kommunismus ist eine großartige Theorie. Das Unglück bestand darin, dass er sich verwirklichen ließ.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht, wie eine Definition des Kapitalismus klingen würde.

Wer sich fragt „Was aber ist der Kapitalismus?“, dem soll gesagt werden: Nicht Bankenrettung, nicht Staatsmonopole, nicht Schutzzölle, nicht Subventionen. Kapitalismus ist:

“Das kapitalistische Produktionssystem ist eine wirtschaftliche Demokratie, in der jeder Pfennig das Recht hat, eine Stimme abzugeben. Die Verbraucher sind das souveräne Volk. Kapitalisten, Unternehmer und Landwirte sind die Bevollmächtigten der Bürger. Wenn sie nicht Folge leisten, wenn sie es nicht schaffen, zu den niedrigst möglichen Kosten das herzustellen, was der Verbraucher nachfragt, verlieren sie ihr Amt. Ihre Aufgabe ist es, dem Verbraucher zu dienen. Gewinn und Verlust sind die Werkzeuge, mittels derer die Verbraucher die Geschäftsaktivitäten straff im Zügel halten.”

“Die wahren Herrscher im kapitalistischen System der Marktwirtschaft sind die Verbraucher. Sie entscheiden- indem sie kaufen oder von einem Kauf absehen- wer das Kapital besitzen und wer die Fabriken leiten soll. Sie legen fest, was und in welcher Menge und Qualität produziert werden soll. Ihre Ansichten bestimmen Gewinn oder Verlust des Unternehmers. Sie machen Reiche arm und Arme reich … Aufgrund des Gewinnmotivs ist der Unternehmer gezwungen, die Verbraucher mit den Gütern zu versorgen, die sie am dringendsten benötigen.”

(Ludwig von Mises, “Die Bürokratie”)

9 Antworten to “Was ist der Kapitalismus?”

  1. Schnarck Says:

    Kommunismus sollte, dem Anspruch nach, eine staats- und klassenlose Gesellschaft sein. Ich denke das ist der Kern, der gemeinsame Nenner aller positiven Kommunismus-Definitionen. „Kommunistisch“ waren die Regime des Ostblocks nur in dem Sinn, als dass sie den Kommunismus (zumindest erklärterweise) anstrebten. Nicht mal sie selbst behaupteten, die kommunistische Gesellschaft verwirklich zu haben, im Gegenteil, der Kommunismus war ja ein Fernziel, das unter Schmerzen erst noch zu erreichen wäre.

    Es ist wahr, dass das von vielen Linken immer wieder zur leichtfertigen und unkritischen Distanzierung vom Osten verwendet wurde; aber es ist trotzdem nicht abzustreiten, dass zwischen Ideal und System Welten klafften und man den Begriff „Kommunismus“ daher eigentlich nicht für diese etatistisch-autoritären System anwenden sollte… es ließe sich freilich einwenden, dass das jetzt aber jahrzehntelang so gemacht wurde und der Begriffsgehalt sich einfach geändert habe. Vielleicht.

    Das gleiche Argument ließe sich auch auf „Kapitalismus“ anwenden… der ist jetzt halt mit dem real existierenden System gleichgesetzt, so falsch das auch ist.

    Aber warum Definitionskämpfe austragen? Bringt das irgendwem irgendwas?

    • arprin Says:

      “Kommunistisch” waren die Regime des Ostblocks nur in dem Sinn, als dass sie den Kommunismus (zumindest erklärterweise) anstrebten. Nicht mal sie selbst behaupteten, die kommunistische Gesellschaft verwirklich zu haben, im Gegenteil, der Kommunismus war ja ein Fernziel, das unter Schmerzen erst noch zu erreichen wäre.

      So war es auch nicht immer. Mao sagte 1958, dass sich China schon im ENDstadium des Kommunismus befindet. Aber selbst wenn man es so sieht wie du: Die Kommunisten wollten alle den Kommunismus errichten. Für diese Utopie haben sie Millionen Tote in Kauf genommen. Die Verbrechen, die dabei begangen wurden, waren Verbrechen, die mit der kommunistische Ideologie begründet wurden.

      Werner Heisenberg sagte:

      „Es ist immer sehr schwierig, über den Wert politischer Ziele zu urteilen, wenn deren Erreichung noch in weiter Ferne liegt. Ich glaube daher, dass man eine politische Bewegung nie nach seinen Zielen beurteilen darf, die sie laut verkündet und vielleicht auch wirklich anstrebt, sondern nur nach den Mitteln, die sie zu ihrer Verwirklichung einsetzt.“

      Und übrigens: Ephraim Kishons Satz stimme ich nur zur Hälfte zu. Das Unglück des Kommunismus bestand nicht nur darin, dass er sich verwirklichen ließ. Schon die Theorie ist totalitär. Eine Gesellschaft, in der alle gezwungen werden, gleich zu sein, ist die ungerechteste, die man sich vorstellen kann.

      Aber warum Definitionskämpfe austragen? Bringt das irgendwem irgendwas?

      Die Kommunisten sagten, dass sie den Kommunismus errichten wollen. Der Kapitalismus entstand ohne eine intellektuelle Blaupause, ohne Plan, es ist die Wirtschaftsweise, die sich ergibt, wenn man die Menschen einfach machen lässt.

  2. aron2201sperber Says:

    jene Anhänger des Kommunismus sind in Wahrheit besonders eifrige Konsumenten westlicher Werte:

    Linke Utopie und rechte Realität

    im Endeffekt sind diese „Kommunisten“ lediglich extreme Sozialdemokraten.

    Sozialdemokratie kann jedoch nur funktionieren, wenn vorher ein Wohlstand geschaffen wird, der dann umverteilt werden kann.

    genauso verhält es sich mit der indivieduellen Freiheit.

    jene Kann nur von einer starken und wehrhaften Gesellschaft gewährt werden.

    die persönliche Freiheit wird zwar gerade von Linken gern in Anspruch genommen

    die Bereitschaft, für diese Werte einzustehen und diese zu verteidigen, findet man hingegen mehr bei Rechten:

    Sieg der urbanen Weltoffenheit?

  3. Silem Says:

    Normalerweise gefallen mir deine Artikel ja sehr aber der ist schon sehr tendenziös und reine Meinungsmache. Du verteufelst den Kommunismus, obwohl gerade „kommunistische“ Regime immer gesagt haben sie wollen ihn nur erreichen haben ihn aber noch nicht erreicht, während du den Kapitalismus erhöhst. Was ist mit den vielen Toten des Kapitalismus? Mit den schlechten Seiten des Kapitalismus?

    Es wäre schön gewesen wenn du auch die Tote durch Kapitalismus nicht vergessen hättest. Oder die Verbrechen im Namen des Kapitalismus oder die Ausbeutung während der Entstehtung des „modernen“ Kapitalismus oder in der heutigen Zeit. Ich finde es irgendwie seltsam eine Utopie als schlecht darzustellen während die andere gut sein soll. Beides sind Utopien die beide mit Blut belastet sind.

    • arprin Says:

      Du verteufelst den Kommunismus, obwohl gerade “kommunistische” Regime immer gesagt haben sie wollen ihn nur erreichen haben ihn aber noch nicht erreicht

      Wenn man auf dem Weg zu einem Ziel Millionen Menschen umbringt, sagt das schon viel über dieses Ziel aus. Die Kommunisten wollten alle den Kommunismus errichten. Für diese Utopie haben sie Millionen Tote in Kauf genommen. Die Verbrechen, die dabei begangen wurden, waren Verbrechen, die mit der kommunistische Ideologie begründet wurden.

      Es wäre schön gewesen wenn du auch die Tote durch Kapitalismus nicht vergessen hättest. Oder die Verbrechen im Namen des Kapitalismus oder die Ausbeutung während der Entstehtung des “modernen” Kapitalismus oder in der heutigen Zeit.

      Natürlich leben die Menschen im Kapitalismus auch nicht in einem Himmelsparadies. Aber der Kapitalismus ist, wie Mises sagte, eine wirtschaftliche Demokratie, in der die Herrschaft durch die Verbraucher ausgeübt wid.

      • Thomas Holm Says:

        „wirtschaftliche Demokratie, in der die Herrschaft durch die Verbraucher ausgeübt wird“

        Wird sie. Inzwischen. Doch weder die Massenprodukte der rauschenden Zwanziger Jahre, noch die Automobilisierung nach dem Zweiten Weltkrieg und auch nicht das Internet;

        nichts davon ging auf eine Demokratie-artige Erforschung des Käuferwillens zurück. Hat jemand eine Idee, auf was statt dessen ?

      • arprin Says:

        Das Internet war eine Erfindung von Xerox und der US-Regierung:

        How Government Did (and Didn’t) Invent the Internet

      • Thomas Holm Says:

        Guter Link: Xerox, US-Regierung; Defense Department’s Advanced Research Projects Agency (DARPA); DARPA was where Robert Kahn and Vint Cerf invented TCP/IP;

        Es war nicht die Werbeindustrie, die danach verlangte, Rechner über Leitungen aller Art und über Telefonleitungen bis ins letzte Heim zu bringen. Hat überhaupt jemand danach verlangt ? Wie kam das zustande ?

  4. Thomas Holm Says:

    Marx hatte eine klare Haltung dazu, für wen Kommunismus überhaupt in Frage kommt und für wen alles definitiv nicht:
    Über die Nicht-Berufenen meinte er:

    „diese Völkerabfälle werden jedesmal und bleiben bis zu ihrer gänzlichen Vertilgung oder Entnationalisierung die fanatischen Träger der Kontrerevolution, wie ihre ganze Existenz überhaupt schon ein Protest gegen eine große geschichtliche Revolution ist.“

    http://www.mlwerke.de/me/me06/me06_165.htm

    Ausgerechnet dort aber siegten Tricks, Intrigen, Putsche und Schwindeleien, die sich als marxistische Revolutionen empfahlen, als man das halt dummerweise noch für eine gute Idee hielt.

    Diese Nicht-Berufenen sind heute zufällig durchweg ‚die üblichen Verdächtigen‘. Was schon nicht zum HistoMat passte, passt heute immer noch nicht zum Westen. Eine verzwickte Sache. Näheres:

    http://blog.zeit.de/joerglau/2012/11/28/warum-deutschland-fur-palastinas-anerkennung-stimmen-sollte-aber-es-naturlich-nicht-tun-wird_5816/comment-page-108#comments

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